Panama / Paradise Papers & Co. – Schon dann keine strafbefreiende Selbstanzeige in Deutschland mehr möglich, wenn bloß ausländische Behörden befasst sind?

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Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung hat häufig deswegen einen internationalen Bezug, weil Schwarzgeldbestände als solche oder weil aus „weißem“ Vermögen „schwarz“ generierte – also steuerlich nicht ordnungsgemäß erklärte – Kapitalerträge auf Auslandsbankkonten oder durch nach deutschem Steuerrecht nicht anerkannte sog. Briefkastenfirmen im Ausland verwahrt bzw. verwaltet werden.
Nachdem zwischenzeitlich bekannt sein dürfte, dass bei einer durch das deutsche Finanzamt oder durch deutsche Ermittlungsbehörden bereits erfolgten Entdeckung der Steuerhinterziehung eine zur Straffreiheit führende Selbstanzeige nicht mehr möglich ist (vgl. § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO), hat sich der Bundegerichtshof in seiner Entscheidung vom 09.05.2017 (BGH, 1 StR 265/16) dazu geäußert, ob die strafbefreiende Selbstanzeige in Deutschland noch möglich ist, wenn bislang einzig und allein ausländische Behörden die Tat entdeckt haben.
Zunächst vollkommen unabhängig von dem hier interessierenden internationalen Bezug geht der BGH davon aus, dass eine solche „Tatentdeckung“ bereits dann gegeben ist, wenn sich nach kriminalistischer Erfahrung für die befasste Behörde die Annahme einer Steuerstraftat aufdrängt (vgl. BGH, Beschluss vom 20.05.2010 – 1 StR 577/09).
Ausgehend hiervon stellt der BGH in seiner Entscheidung aus Mitte dieses Jahres nunmehr ergänzend fest, dass ein solches „Sich-Aufdrängen“ als vergleichsweise niedrige Schwelle der Tatentdeckung auch dann ausreicht, wenn dies bei ausländischen Finanz- oder Strafverfolgungsbehörden geschieht. Interessanterweise war Aufhänger der Ermittlungen durch die ausländischen Strafverfolgungsbehörden in der entschiedenen Konstellation dabei nicht etwa der Anfangsverdacht einer Steuerhinterziehung, sondern der eines anderen Delikts aus dem Bereich des (ausländischen!) Wirtschaftsstrafrechts.
Um dem deutschen Verdächtigen in einem solchen Auslandsfall die Möglichkeit zur Erstattung einer strafbefreienden Selbstanzeige in Deutschland zu verwehren, muss – so der BGH – zusätzlich noch mit der Weitergabe der insoweit brisanten Informationen an deutsche Behörden zu rechnen sein. Dabei hänge eine solche Weitergabe-Wahrscheinlichkeit wiederum von der Wahrscheinlichkeit der zwischenstaatlichen Rechtshilfegewährung ab, also wie die jeweilige Praxis des betroffenen Staates bei Rechtshilfeersuchen seitens der Bundesrepublik Deutschland in Steuerstrafsachen ausgestaltet ist.
Zwar erscheint dieser Umstand zunächst als nicht unwesentliche Hürde. Betrachtet man aber insbesondere die bereits fortgeschrittenen Bemühungen um die Harmonisierung der Anti-Steuerhinterziehungs-Gesetzgebung innerhalb der Europäischen Union, so wird man attestieren dürfen, dass eine Rechtshilfegewährung in Steuerstrafsachen gerade vor diesem Hintergrund zunehmend wahrscheinlicher wird. In Zeiten der sog. „Panama Papers“ und/oder „Paradise Papers“ und unter Berücksichtigung des entsprechenden medialen sowie sonst öffentlichen Drucks sowohl auf innergemeinschaftliche als auch außereuropäische „Steueroasen“ wird man gleichsam prognostizieren können, dass für die Zukunft jedenfalls beim Vorliegen von für die befassten ausländischen Behörden klar erkennbaren Verdachtsmomenten auch durch Drittstaaten eine jedenfalls bilaterale Informationsgewährung stattfinden dürfte.
Folglich geben nicht mehr nur Datensatz-Ankäufe deutscher Steuerbehörden bzw. Ministerien (Stichwort: Steuer-CDs), sondern auch Sorgen über Eigenermittlungen ausländischer Behörden den betroffenen deutschen Steuerpflichtigen Anlass dazu, über die Erstattung einer Steuerhinterziehungs-Selbstanzeige nachzudenken, sofern sie „reinen Tisch“ machen wollen.
Wie nicht zuletzt das wohl hinlänglich bekannte Hoeneß-Beispiel zeigt, gilt es hierbei, äußerste Sorgfalt walten zu lassen und bei der Erstellung einer solchen Selbstanzeige professionellen Rat einzuholen, um den Zweck der Strafbefreiung nicht etwa aus einem anderen Grund als dem einer bereits erfolgten Tatentdeckung zu gefährden.
Gern beraten die ECOVIS angehörigen Experten Sie sowohl steuer- als auch strafrechtlich, sollten Sie Bedenken zu Ihrem finanziellen Auslandsengagement haben. Auf Wunsch begleiten und vertreten die ECOVIS-Rechtsanwälte und -Steuerberater Sie dabei auch für den Fall einer ggf. zu erstattenden Selbstanzeige.