EU-Finanzschutzstärkungsgesetz – Strafrechtliche Änderungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union

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Die Bundesregierung hat am 19.12.2018 den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union veröffentlicht.
Dieser Gesetzesentwurf dient der Umsetzung der europäischen Richtlinie 2017/1371 vom 05.07.2017, der als aktuelle Grundlage für den strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen innerhalb der gesamten Europäischen Union angesehen werden darf. Nur das Vereinigte Königreich und Dänemark werden die Richtlinie nicht umsetzen.

Zum Hintergrund:

Erst im Januar 2019 wurde die Studie des Herrn Professor Richard Murphy, Universität von London veröffentlicht, wonach den Volkswirtschaften der EU-Mitgliedstaaten womöglich jährlich bis zu 825 Milliarden Euro steuerliche Verluste aus der Nichtzahlung von Steuern entstehen.
Ein Großteil dieser Verluste entsteht – so die Studie – aus einer bestehenden umfangreichen Schattenwirtschaft und deren Folgen der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen, Betrug und Steuerhinterziehung.
Diesen Straftaten hat die Europäische Union bereits vor Jahren den Kampf angesagt und nunmehr mit der Richtlinie 2017/1371 die Mitgliedstaaten aufgefordert einheitliche Regelungen zu Straftatbeständen, die den Schutz der finanziellen Interessen der EU sicherstellen sollen zu treffen und Sanktionen gegen natürliche Personen und juristische Personen sowie verfahrensrechtliche Bestimmungen in den Grundzügen zu harmonisieren.

Zur Umsetzung:

Im nun veröffentlichten Gesetzesentwurf der deutschen Bundesregierung wird bestätigt, dass die nach der Richtlinie unter Strafe zu stellenden Handlungen bereits von den allgemeiner gefassten Straftatbeständen des geltenden deutschen Rechts, insbesondere des Strafgesetzbuches und der Abgabenordnung weitgehend erfasst seien. Der strafrechtliche Schutz umfasse nicht nur ein Verhalten, das im Hinblick auf die finanziellen Interessen der Europäischen Union strafwürdig ist, sondern auch Vergehen, die ausschließlich nationales Ausmaß haben.
Soweit die Richtlinie darüber hinaus Sanktionen vorsieht, sind nach dem Inhalt des Gesetzesentwurfes neue Straftatbestände zur „Vermeidung missbräuchlicher Verwendung von Leistungen der Europäischen Union“ und zur „Rechtswidrigen Verminderung von Einnahmen der Europäischen Union“ sowie zur „Bestechlichkeit und Bestechung mit Bezug zu den finanziellen Interessen der Europäischen Union“ zu schaffen. Der Strafrahmen umfasst regelmäßig Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.
Der Gesetzesentwurf wurde bereits von verschiedenen Stellen kritisiert, da er teilweise aus Sicht der Kritiker nicht die vollumfänglichen Probleme, die sich aus der Umsetzung der Richtlinie ergeben, beinhaltet und damit Strafbarkeitslücke hinterlässt.
Überraschend ist auch, dass die Verpflichtung zur Umsetzung der Richtlinie 2017/1371 der Europäischen Union vom 05.07 2017 offensichtlich nicht dazu beigetragen hat, Sanktionen gegen juristische Personen neu zu überdenken und Lücken zu schließen, indem ein eigenes Unternehmensstrafrecht geschaffen wird. Der Vorschlag eines Unternehmensstrafrechts wird seit geraumer Zeit in Deutschland wieder intensiv diskutiert.
So wurde zuletzt im Dezember 2017 durch die Forschungsgruppe Verbandsstrafrecht ein „Kölner Entwurf“ eines Verbandssanktionengesetzes vorgestellt, der auch dem Ziel des Koalitionsvertrages der aktuellen Regierung entsprechen könnte, eine Regelung zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Unternehmen und sonstigen Verbänden zu schaffen.
Der Entwurf des EU-Finanzschutzstärkungsgesetz führt zur Sanktionierung von juristischen Personen in aller Kürze aus, dass im Hinblick auf die Richtlinie 2017/1371 kein weiterer Umsetzungsbedarf bestehe, da bei Verstößen gegen geltendes Recht gegenüber juristischen Personen gemäß § 30 Ordnungswidrigkeitengesetz bereits Geldbußen festgesetzt werden können.
Es bleibt abzuwarten, inwieweit dieser Gesetzesentwurf im Gesetzgebungsverfahren noch eine Nachbesserung erfahren wird und welche Entwicklung das im Koalitionsvertrag gesetzte Ziel der Schaffung eines strafrechtlichen Rahmens für eine Unternehmensverantwortlichkeit in anderer Art und Weise nehmen wird.

Rechtsanwalt in München, Landshut, Regensburg und Leipzig, Alexander Littich
Alexander Littich
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Strafrecht und für Steuerrecht in München, Landshut, Regensburg und Leipzig
Steuerstrafrecht, Wirtschaftsstrafrecht
Tel.: +49 871-96 21 6-25
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