Ein unerwünschter Gast? – „Testessen“ durch BetriebsprüferInnen

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Testessen zur Vorbereitung einer Kassen-Nachschau oder Betriebsprüfung sind ein beliebtes Mittel der Finanzverwaltung und verbinden für die Prüfenden Arbeit und Mittagessen. Gastronomen und Gastronominnen müssen daher damit rechnen, dass ein Besuch einer Finanzbeamtin oder eines Finanzbeamten, bei dem diese als normale Gäste in Erscheinung treten und damit in den meisten Fällen sehr unauffällig sind, in einer Außenprüfung oder gar in einem Steuerstrafverfahren münden können.

Ablauf von Testessen und die Folgen, wenn die Kasse nicht stimmt

Oftmals laufen Testessen so ab, dass z.B. in einem Zeitraum von drei Monaten die BetriebsprüferInnen immer wieder in ein Lokal einkehren. Dabei kann der erstmalige Auslöser ein privater Besuch gewesen sein, bei dem aufgefallen war, dass auf dem Beleg der Hinweis „TSE ausgefallen“ stand. Vielleicht gab es auch überhaupt keinen Beleg, sondern nur eine handschriftliche „Rechnung“ auf dem Bestellblock. Im Verlauf wird die Gaststätte weitere Male von den Bediensteten der Finanzbehörde unerkannt besucht. Erneute Unregelmäßigkeiten werden notiert, so aber auch die korrekten Kassen- bzw. Belegvorgänge. Aufgrund dieser Feststellungen kann es in der Folge zu einer Kassen-Nachschau kommen. Die Finanzverwaltung führt diese seit dem Ende der Pandemie verstärkt durch. Die Kassen-Nachschau bietet sich in Fällen an, in denen nicht sofort eindeutig ist, dass Umsätze nicht oder nicht vollständig gegenüber dem Finanzamt angegeben werden. Bei der Analyse der Daten im Rahmen der Kassen-Nachschau überprüfen die BetriebsprüferInnen , ob die Umsätze ihrer Testessen in der Kasse unverändert vorhanden sind. Die Finanzverwaltung kann jedoch auch unmittelbar eine Außenprüfung anordnen.

Zulässigkeit von Testessen

Testessen sind mit sog. Testkäufen vergleichbar. Hinsichtlich der Testkäufe vertritt die Rechtsprechung die Ansicht, dass diese zur Ermittlung des besteuerungsrelevanten Sachverhalts grundsätzlich zulässig sind (FG Niedersachsen, Beschluss vom 02.09.2004 – 10 V 52/04, FG Münster, Urteil vom. 17.09.2010 – 4 K 1412/07 G U). Das Finanzgericht Niedersachsen ging etwa davon aus, dass es sich nicht um verdeckte Ermittlungen handele, sondern um eine allgemein übliche und besonders in Zivilverfahren im Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts gängige und grundsätzlich akzeptierte Maßnahme. Es handele sich um eine Inaugenscheinnahme im Sinne des § 92 Satz 2 Nr. 4 AO. Die BetriebsprüferInnen müssen sich bei den mit den Testkäufen vergleichbaren Testessen folglich nicht zu erkennen geben.

Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bei Anfangsverdacht

Freilich muss für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens der sog. Anfangsverdacht (§ 152 StPO) gegeben sein. Das bedeutet, dass „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ für eine „verfolgbare Straftat“ vorhanden sein müssen.

Sobald aber die Daten der Kassen-Nachschau von der Finanzbehörde analysiert wurden und festgestellt wurde, dass mehrere Testessen nicht im Kassensystem erfasst wurden liegen Anhaltspunkte vor, die für die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens ausreichend sind. Mithin können die Feststellungen der Kassen-Nachschau, die in Zusammenhang mit den Testessen getroffen wurden, als Grund für die Einleitung des Strafverfahrens benannt werden.

Das richtige Mise en place ist nicht nur in der Küche entscheidend

In der Gastronomie ist also nicht nur die exzellente Küche wichtig, auch die Kassenführung muss stimmen! Ein überlegtes „Mise en place“ hilft auch im Steuerrecht, unliebsame Überraschungen zu vermeiden.

Wir beraten und verteidigen Sie im Falle der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens. Wir begleiten Sie auch im Falle einer Kassen-Nachschau, einer Betriebsprüfung oder im Falle einer Durchsuchung und stehen Ihnen hier mit unserer Expertise zur Seite. Unser e-Seminar zu „Betriebsprüfung, Kassenprüfung und strafrechtliche Folgen“ ist für erste Informationen für Sie kostenfrei abrufbar.

Wir beraten Sie auch bei Erstellen der Verfahrensdokumentation oder bei Einführung eines Tax Compliance Systems.

Sprechen Sie uns gerne darauf an.

Rechtsanwältin in Würzburg und München, Dr. Janika Sievert
Dr. Janika Sievert
Rechtsanwältin in Würzburg und München, Fachanwältin für Strafrecht und Steuerrecht
Steuerstrafrecht und Wirtschaftsstrafrecht, Medizinstrafrecht
Tel.: +49 931-352 87 52
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Rechtsanwalt in München, Landshut, Regensburg und Leipzig, Alexander Littich
Alexander Littich
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Strafrecht und für Steuerrecht in München, Landshut, Regensburg und Leipzig
Steuerstrafrecht, Wirtschaftsstrafrecht
Tel.: +49 871-96 21 6-25
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