Whistleblowing – ein Kündigungsgrund per se?

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Whistleblowing bedeutet eigentlich nichts anderes als jemanden „verpfeifen“.
Letztlich versteht man hierunter (und das nicht erst seit Edward Snowden und Wikileaks) die Mitteilung eines Mitarbeiters über tatsächliche oder (schlimmstenfalls fiktive) rechtliche Missstände im eigenen Unternehmen.
In aller Regel werden durch Whistleblower Rechtsverstöße angeprangert. Man kann hier zwischen sogenanntem „internen“ und „externen“ Whistleblowing unterscheiden.
Beim internen Whistleblowing wendet sich der Whistleblower an Personen im Unternehmen unter Umgehung der eigentlich vorgeschriebenen und hierarchieimmanenten Kommunikationswege.
Beim externen Whistleblowing werden die Medien bzw. unmittelbar die Strafverfolgungsbehörden in Kenntnis gesetzt.
In rechtlicher Hinsicht gibt es zum Whistleblowing in Deutschland keine allgemeinverbindlichen Regelungen mit Ausnahme einiger weniger beamtenrechtlicher Vorschriften. Entsprechende Gesetzesinitiativen waren zwar in der Vergangenheit immer wieder einmal Gegenstand parteipolitischer Diskussionen und Auseinandersetzungen, konnten aber bisher nicht verwirklicht werden.
Auch die – in arbeitsrechtlicher Hinsicht interessante – Frage, ob Whistleblowing per se ein Kündigungsgrund ist, lässt sich lediglich Einzelfallbezogen beurteilen.
Früher, sprich in den sechziger und siebziger Jahren, hielt man ein solches „Denunziantentum“ beinahe einhellig für einen Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Treuepflicht des Arbeitnehmers und damit für einen Kündigungsgrund.
Hier ist die Rechtsprechung in den letzten Jahrzehnten deutlich differenzierter geworden.
Generell abstrakte Aussagen lassen sich demnach nur schwer treffen, da hier jeder Einzelfall seine Besonderheiten aufweist.
Dies erklärt sich schon allein dadurch, dass regelmäßig unterschiedlichste Rechtsverstöße Gegenstand von Whistleblowing sind. Auch die beteiligten Akteure, bzw. deren individuelle Beziehungen spielen eine erhebliche Rolle bei der jeweiligen Gewichtung im Rahmen einer stets zu treffenden Interessensabwägung.
Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass das Bundesarbeitsgericht in seiner doch relativ stark ausdifferenzierten Rechtsprechung hierzu regelmäßig versucht, einen sachgerechten Interessensausgleich zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmersphäre herzustellen.
Schließlich laufen Arbeitnehmer aber regelmäßig Gefahr, eine zumindest kündigungsrechtlich relevante Maßnahme des Arbeitgebers – und sei es „nur eine Abmahnung“ – zu riskieren, wenn sie Missstände entdecken, mit denen sie (und wenn nur vermeintlich) nicht leben können.
Die Arbeitgeber wiederum riskieren (im Fall des externen Whistleblowings) unter Umständen ein Ermittlungsverfahren, schlechte Presse und am langen Ende in jedem Fall einen Reputationsverlust.
Nachdem also beide Arbeitsvertragsparteien eigentlich kein Interesse daran haben können, dass es zu Whistleblowing, sei es nun intern oder extern, kommt, liegt die Schaffung eines wie auch immer gearteten „gefahrlosen Gesprächskanals“ nahe.
Ob man dies nun (wie im anglo-amerikanischen Rechtssystem geschehen) unmittelbar mit dem Begriff Compliance bzw. Compliancesystem in Verbindung bringen muss, kann dahingestellt bleiben.
Jedenfalls macht es Sinn, sich als Arbeitgeber Gedanken dazu zu machen, wie man seinen Mitarbeitern die Gelegenheit geben kann, unternehmens- bzw. betriebsinterne Missstände anzusprechen, ohne dass man riskiert, den Betriebsfrieden und den eigenen Ruf zu gefährden. Hier sind verschiedenste Vorgehensweisen denkbar, welche ebenfalls einzelfallbezogen geprüft und entschieden werden sollten.
Letztlich kann man auf diese Art zumindest bis zu einem gewissen Grad die latente Gefahr des externen Whistleblowings kontrollieren und unter Umständen sogar die Kommunikationskultur im Betrieb, soweit erforderlich, modernisieren.