Mehrere Geschäftsführer – (strafrechtliche) Haftungsbegrenzung durch Erstellung einer klaren und rechtssicheren Geschäftsordnung

3 min.

Selbst in kleinen und mittleren Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH bzw. UG (haftungsbeschränkt) gibt es häufig mehr als einen Geschäftsführer. Insbesondere bei familiengeführten Betrieben betreut oftmals der Gründer als „Seniorgeschäftsführer“ die Premium-Kunden und pflegt auch sonst langjährig bestehende Geschäftsbeziehungen. Demgegenüber kümmert sich als weiterer Geschäftsführer bspw. der Ehepartner um interne Belange und die Kinder als angehende Unternehmensnachfolger halten mehr und mehr die Zügel der operativen Geschäftsführung in der Hand und betreuen das Online-Marketing sowie die sonstige Neukunden-Akquisition. An diesem Beispiel lässt sich ersehen, dass verschiedene Ressortzuständigkeiten wohl eher die Regel als die Ausnahme sind.
Aus steuer- wie wirtschaftsstrafrechtlicher Sicht erscheint dabei sinnvoll, die gelebten Zuständigkeiten in einer förmlichen Geschäftsordnung der Geschäftsführung zu fixieren, etwa um haftungsträchtige Ressortbereiche wie bspw. die Zuständigkeiten für steuer- oder sozialversicherungsrechtliche Belange von weniger risikobehafteten Tätigkeitsgebieten wie Marketing oder ähnliches personell abzugrenzen. Weitere Risikothemen bspw. aus dem Nebenstrafrecht lassen sich in beinahe beliebiger Anzahl nenne. Man denke etwa an das Umwelt-, das Urheberstrafrecht oder an das im Fall einer Unternehmenskrise stets virulente Insolvenzstrafrecht.
Bei alledem bedarf es jedoch einer klaren wie gesellschaftsrechtlich einwandfrei verabschiedeten Regelung, damit nicht jeder Geschäftsführer uneingeschränkt für ein tatsächliches oder seitens der Ermittlungsbehörden auch nur fälschlich angenommenes Fehlverhalten eines oder mehrerer seiner Mitgeschäftsführer haftet.
Beispielhaft hat der Bundesfinanzhof (BFH) hierzu bereits mit Urteil aus dem Jahre 1984 (BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776) entschieden, dass bei einer Verteilung der Geschäfte der GmbH auf mehrere Geschäftsführer durch eine Geschäftsordnung die Verantwortung eines Geschäftsführers für die Erfüllung – auch strafbewehrter – steuerlichen Pflichten, die diesem nicht zugewiesen sind, grundsätzlich zwar nicht aufgehoben, aber durchaus begrenzt werden kann.
Die Begrenzung der Verantwortlichkeit gilt nach dem BFH aber nur insoweit und solange, wie kein Anlass besteht, an der exakten Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen durch den hierfür zuständigen Geschäftsführer zu zweifeln. Außerdem sei eine vorweg getroffene, eindeutige – und deshalb schriftliche – Klarstellung, welcher Geschäftsführer für welchen Bereich zuständig ist, erforderlich, damit nicht im Haftungsfalle jeder Geschäftsführer auf die Verantwortlichkeit eines anderen verweist. Diese Rechtsprechung ist in den nachfolgenden Jahren wiederholt bestätigt worden.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass selbst für den Fall, dass in rechtlicher Hinsicht die kraft Geschäftsordnung errichtete „Chinese Wall“ der Ressortbegrenzung bröckeln sollte, sich bereits durch ihr Bestehen bedeutende mildernde Aspekte für den Mitbeschuldigten Geschäftsführer ergeben können, was die Strafzumessung oder eine an dem Ziel der Strafverfahrenseinstellung orientierte Verteidigerargumentation anbelangt. Unter allen Umständen sollte die Geschäftsordnung (ggf. nebst noch detaillierterem Geschäftsverteilungsplan) rechtssicher gestaltet werden.
Sprechen Sie hierzu gern die Anwälte von ECOVIS an, um gemeinsam entsprechende Regelungen zu gestalten.