Manuel Gräfe gewinnt den Prozess gegen den DFB


Das Landgericht Frankfurt am Main hat am 25.01.2023 Manuel Gräfe im Rechtsstreit gegen den DFB eine Entschädigung in Höhe von 48.500 Euro wegen Diskriminierung aufgrund des Alters zugesprochen.

Manuel Gräfe wurde nach einer langen und erfolgreichen Schiedsrichterlaufbahn, nach 289 gepfiffenen Bundesligaspielen, im Alter von 47 Jahren vom DFB nicht mehr als Unparteiischer eingesetzt.
Das Ausscheiden von Schiedsrichtern ab dem 47. Lebensjahr ist beim DFB gängige Praxis, von der auch bei Gräfe keine Ausnahme gemacht wurde.

Gräfe hatte daraufhin Klage vor dem Landgericht Frankfurt am Main erhoben und beantragt, den DFB zu verurteilen, Schadensersatz zu zahlen. Darüber hinaus sollte festgestellt werden, dass der DFB auch zum Ersatz künftiger Schäden, wie zum Beispiel Verdienstausfall, verpflichtet sei.
Die Richter des Landgerichts Frankfurt am Main gaben ihm nun teilweise Recht. Sie sprachen ihm Schadensersatz in Höhe von 48.500 Euro zu.

Zwar habe der DFB in seinem Regelwerk keine ausdrückliche Altersgrenze festgelegt, es sei jedoch ständige Praxis, dass Schiedsrichter ab einem Alter von 47 Jahren bei der Nominierung nicht mehr berücksichtigt würden. Es liege daher eine praktizierte Altersgrenze vor, so die Richter.
In diesem Zusammenhang sei es auch unerheblich, ob noch andere Faktoren bei der Entscheidung über die Nichtberücksichtigung eine Rolle gespielt hätten.

Die Richter wiesen darauf hin, dass eine Altersgrenze von 47 Jahren willkürlich gewählt sei. Sie sei nicht durch wissenschaftliche Erkenntnisse und Argumente gerechtfertigt. Es gebe ab diesem Alter keinen akuten biologischen Leistungsabfall, der eine solche Altersgrenze rechtfertige.
Zudem seien Leistungstests und -nachweise geeigneter und effektiver, um die Leistungsfähigkeit von Profischiedsrichtern zu beurteilen, als eine starre Altersgrenze.

Vor diesem Hintergrund verstößt der DFB mit der Altersgrenze gegen § 8 Abs. 1 i. V. m. § 1 AGG. Das Alter stellt hier gerade keinen Grund dar, der eine unterschiedliche Behandlung gegenüber jüngeren Schiedsrichtern zulässt, wie soeben gezeigt wurde.

Die Höhe rechtfertigten die Richter mit dem Sanktionscharakter des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und der Monopolstellung des DFB.

Den Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens, insbesondere des Verdienstausfallschadens, wiesen die Richter zurück. Gräfe hätte nicht nur nachweisen müssen, dass er grundsätzlich in der Lage gewesen wäre, weiter als Schiedsrichter zu arbeiten. Vielmehr hätte er nachweisen müssen, dass er von allen Bewerbern der „bestgeeignete“ gewesen wäre.

 

Severin Lask / Steffen Lask

 

Nadal – Satz und Sieg vor Gericht

Rafael Nadal hat einen Sieg errungen. Nicht auf dem Centre Court, sondern vor einem Court.

Ein Gericht in Paris hat eine frühere französische Sportministerin, Roselyne Bachelot zu einer Geldstrafe und Schadensersatz in Höhe von € 10.000 wegen übler Nachrede verurteilt. Bachelot hatte im vergangenen Jahr behauptet, Nadal habe mit einer angeblichen Knieverletzung eine mehrmonatige Dopingsperre im Jahre 2012 kaschieren wollen. Nadal hatte bereits nach unmittelbarem Bekanntwerden der Verdächtigungen angekündigt, er sei nicht mehr bereit, diese immer wiederkehrenden Anschuldigungen, die völlig haltlos seien, hinzunehmen und er werde nunmehr rechtliche Schritte erwägen und prüfen lassen. Nadal hatte ursprünglich € 100.000 von Bachelot, die unter Sarkozy Ministerin für Jugend und Sport war, gefordert.

Nadal war in der Vergangenheit vielfach verdächtigt worden, u.a. von früheren Weltranglisten-Tenniskollegen Daniel Köllerer aus Österreich und von dem Belgier Christophe Rochus. Köllerer selbst ist wegen Spielmanipulationen lebenslang gesperrt. Er sieht sich als Bauernoppfer und hatte sich 2013 in einem Gespräch mit der „Sportwoche“ darüber beklagt. Köllerer wurde damals zitiert: „Dass Nadal nichts nimmt, glaubt doch keiner.“ Rochus spekulierte, ob der krankheitsbedingten langen Ausfälle einerseits und der starken Leistungen andererseits des Tennis-Superstars Nadal.

Angesichts ihrer halt- und substanzlosen Anschuldigungen können die beiden Vorgenannten „von Glück reden“, dass sie nicht von Rafael Nadal auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen worden sind. Eine solche Klage hätte sicher ebenfalls Aussicht auf Erfolg gehabt.

Steffen Lask

BGH: Fan haftet gegenüber dem Verein, wenn er zündelt

Handstand

Der BGH hatte heute über eine zugelassene Revision zu entscheiden, und zwar gegen ein Urteil des OLG Köln vom 17.12.2015.

Zum Sachverhalt: Kläger ist der 1. FC Köln. Er verlangt vom Beklagten Schadensersatz in Höhe von 30.000 Euro. Der Beklagte hatte anlässlich eines Zweitligaspiels im Februar 2014 zwischen dem 1. FC Köln und dem SC Paderborn 07 – einem Heimspiel im RheinEnergieStadion – einen Knallkörper gezündet, wodurch mehrere Personen verletzt wurden. Das DFB-Sportgericht verhängte wegen des vorstehenden Sachverhalts und wegen weiterer Vorfälle eine Verbandsstrafe gegen den Kläger in Höhe von insgesamt 50.000 Euro.  Der Kläger bezahlte diese Strafe und verlangt einen Teil vom Beklagten als Ersatz, nämlich 30.000 Euro.

Zum Prozessverlauf und zur rechtlichen Bewertung: Das Landgericht Köln hatte der Klage in erster Instanz stattgegeben. Die Berufung des Beklagten vor dem OLG hatte zunächst Erfolg. Die Klage wurde auf die Berufung hin abgewiesen. Das OLG argumentierte, dass die Verletzung der Pflichten aus dem Zusachauervertrag zwar ursächlich die Verbandsstrafe nach sich gezogen hätte, aber die Verbandsstrafe unterfalle nicht dem Schutzzweck der vom Beklagten verletzten Normen und Verhaltenspflichten, nämlich nicht gegen das Sprengstoffgesetz zu verstoßen. Die Verhängung der Geldstrafe des DFB-Sportgerichts sei allein Folge der DFB-Statuten, denen sich der Kläger unterworfen habe, dessen Risiko sich hier realisiert habe.

Der BGH hat auf die Revision das Urteil des OLG aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung an das OLG zur neuen Verhandlung über die weiteren Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs zurückverwiesen. Der BGH geht nämlich von der allgemeinen Pflicht aus, dass jeder Zuschauer die Durchführung eine Fußballspiels nicht zu stören hat. Verstößt der Zuschauer dagegen – wie hier durch das Zünden von Knallkörpern – dann hat er vollumfänglich für die Folgen daraus einzustehen. Das gälte ebenso für die Geldstrafen, die vom DFB-Sportgericht den Vereinen auferlegt werden. Es sei kein Zufall, dass dies geschehe, sondern ursächlich und auch zurechenbar.

Wir dürfen auf die vollständige Urteilsbegründung gespannt sein. Die bisherige kurze Begründung kann (noch) nicht überzeugen.

Friedek noch im Rennen um Schadensersatz

Wir berichteten im Dezember 2011, dass Charles Friedek mit seinem Schadensersatzbegehren wegen der Nichtnominierung für Olympia 2008 gegen den DOSB in erster Instanz siegreich war. Das OLG Frankfurt am Main hob dieses Urteil im Dezember 2013 jedoch wieder auf; eine Revision wurde nicht zugelassen. Der BGH gab einer nachfolgenden Nichtzulassungsbeschwerde wiederum statt, sodass nunmehr vor dem höchsten ordentlichen Gericht verhandelt wurde; eine Entscheidung gab es gestern nicht.

Konkret geht es um 133 500 € für entgangene Start-, Sponsoren- und Preisgelder. Der 17-fache Deutsche Meister sprang kurz vor den Olympischen Spielen in Peking zweimal die vom DLV geforderte Weite von 17 Metern; allerdings in nur einem Wettkampf. Der DLV vertrat und vertritt offensichtlich bis heute die Ansicht, dass die Nominierungsweite von 17 Metern in zwei verschiedenen Wettkämpfen erbracht werden müsste.

Einöde Entscheidung soll am 13. Oktober verkündet werden.

Dennis Cukurov /Prof. Dr. Steffen Lask

Pechstein: OLG München hält Klage für zulässig

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Das OLG München hat entschieden: Pechsteins Schadensersatzklage ist zulässig. Im Widerspruch zur Schiedsgerichtsklausel, die (nicht nur) deutsche Sportler auf Vorlage ihrer Sportverbände unterzeichnen, sei die Inanspruchnahme der ordentlichen Gerichte statthaft. Mithin bestätigte das OLG die Entscheidung des LG München vom 26.02.2014.

„An die Entscheidung des CAS, die Dopingsperre sei zurecht verhängt worden, sind die deutschen Gerichte jedoch nicht gebunden“, so die offizielle Pressemitteilung. Mit Zwischenurteil hielt die Berufungsinstanz fest, dass die Schiedsvereinbarung im Streitfall unwirksam sei, da sie gegen zwingendes Kartellrecht verstoße. Zwar erkennt sie die Vorteile der Einheitlichkeit der Sportgerichtsbarkeit an, sieht hingegen jedenfalls in der im Fall Pechstein durchgeführten Praxis einen Marktmachtmissbrauch seitens der Verbände: „Infolge der vom Kartellsenat festgestellten einseitigen Ausgestaltung der Schiedsrichterbestellung zugunsten der daran beteiligten Verbände für Streitigkeiten mit Athleten wird den Verbänden ein Übergewicht bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts verliehen, das von den Athleten nur hingenommen wird, weil sie keine andere Möglichkeit haben, an internationalen Sportveranstaltungen teilzunehmen.“ Zudem sei die Schiedsrichterwahl von einem „strukturelle[n] Übergewicht“ geprägt. Dies stelle „die Neutralität des CAS grundlegend in Frage.“

Im Gegensatz zur Vorinstanz sieht das OLG die Klage obendrein nicht als unbegründet an. Mangels Bindungswirkung an den CAS-Schiedsspruch (ordre-public-Einwand!) erscheinen die Erfolgsaussichten der Spitzenathletin auf Schadensersatz daher durchaus realistisch.

Die ISU hat nunmehr einen Monat Zeit, den BGH anzurufen. Dies hatte sie bereits im Vorfeld im Falle einer Niederlage angekündigt.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask