Am 15. Dezember hat der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH), Athanasios Rantos, seine Schlussanträge im Rechtsstreit zwischen der sog. European Superleague Company und der UEFA und FIFA verkündet und im Grunde die Statuten von UEFA und FIFA als mit europäischem Recht vereinbar angesehen.
Im April 2021 wurde bekannt, dass zwölf europäische Fußball-Top-Vereine aus England, Italien und Spanien eine eigene Liga, die sog. Super League gründen wollten. Die Super League sollte neben den internationalen europäischen Wettbewerben, wie der Champions League und neben den nationalen Ligen bestehen. Zwanzig Mannschaften sollten im Verlauf der Saison gegeneinander antreten, wobei fünfzehn von ihnen – ähnlich dem Modell im nordamerikanischen Sport – dauerhaft vertreten wären und fünf weitere Mannschaften sich jährlich qualifizieren könnten.
Den Gründungsvereinen ging es mit ihrem Vorstoß v.a. um die Generierung eines noch höheren Umsatzes an Fernsehgeldern. Da die Super League-Gründervereine jedes Jahr in dem Wettbewerb vertreten wären, würden sie jährlich von der Vermarktung der Liga und der Vergabe der TV-Gelder profitieren – anders, als wenn sie sich jährlich neu für die Champions League oder Europa League qualifizieren müssten. Angesichts der Strahlkraft der Gründervereine – u.a. Real Madrid, Manchester City und Juventus Turin – könnten die übertragenden Fernsehsender durchaus mit hohen Einschaltquoten rechnen, weshalb die Rechte an den TV-Übertragungen teuer verkauft worden wären.
Die Pläne lösten europaweit medial massive Kritik aus. Da die Super League in direkter Konkurrenz zur Champions League stehen und die UEFA damit ihre Monopolstellung verlieren würde, drohten sie und ihr Dachverband, die FIFA, den teilnehmenden Vereinen mit harten Konsequenzen, u.a. dem Ausschluss der Spieler von Welt- und Europameisterschaften. Nach gut 48 Stunden gaben ein Großteil der initiierenden Vereine deshalb ihren Rückzug bekannt; das Projekt war vorerst beendet.
Lediglich die Vorstände von Real Madrid, dem FC Barcelona und Juventus Turin verfolgen die Pläne einer Super League weiter. Aus diesem Grund hat die European Superleague Company vor einem spanischen Handelsgericht gegen die UEFA und die FIFA geklagt. Als Teilerfolg untersagte das Madrider Gericht in einer einstweiligen Verfügung bereits der UEFA, Sanktionen gegen die Mitglieder der European Superleague Company anzudrohen oder auszusprechen. Mit Beschluss vom 27. Mai 2021 legte das spanische Gericht zudem den Rechtsstreit dem EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchen vor (EuGH, Rs C-333/21) und bat um die Klärung von insgesamt sechs Vorlagefragen. Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten der Europäischen Union in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem EuGH Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts vorlegen. Der EuGH entscheidet zwar nicht über den nationalen Rechtsstreit, das nationale Gericht ist jedoch an die Entscheidung des EuGH gebunden.
Nach ihren jeweiligen Statuten sind allein die FIFA und die UEFA befugt, in Europa internationale Profifußballwettbewerbe zu genehmigen und zu organisieren. In Art. 101 AEUV ist das sog. Kartellverbot geregelt, in Art. 102 AEUV das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung. Im Grunde hat das spanische Gericht den EuGH um Klärung gebeten, ob die UEFA und die FIFA eine solche, mit europäischen Recht unvereinbare, Monopolstellung innehaben, die die Gründung einer Super League zu Unrecht verhinderten.
Nach Auffassung des Generalanwalts, der seine Schlussanträge nun verkündete, seien „die FIFA/UEFA-Regeln, die jeden neuen Wettbewerb von einer vorherigen Genehmigung abhängig machen, […] mit dem Wettbewerbsrecht der Union vereinbar. Zudem würden es die „Wettbewerbsregeln der Union“ nicht verbieten, „der FIFA und der UEFA, ihren Mitgliedsverbänden oder ihren nationalen Ligen, den diesen Verbänden angehörenden Vereinen, Sanktionen anzudrohen, wenn sich diese Vereine an einem Projekt zur Gründung eines neuen Wettbewerbs beteiligen“ würden. Rantos betonte weiter, dass sich das „europäische Sportmodell“ auf eine „Pyramidenstruktur“ stütze, deren „Basis der Amateursport und deren Spitze der Profisport“ sei. Hiermit einher ginge die „Förderung offener Wettbewerbe“, worin „durch Auf- und Abstieg Chancengleichheit gewahrt bleibe“. Dieses europäische Sportmodell sei in Art. 165 AUEV sogar verfassungsrechtlich anerkannt, der daher eine „Sonderbestimmung“ gegenüber dem in Art. 101, 102 AEUV verankerten allgemeinem Wettbewerbsrecht der Union darstelle. Im Grunde bedeutet dies, dass die European Superleague Company zwar ihre eigene Liga gründen dürfe; ohne Erlaubnis der FIFA und der UEFA dürften die daran partizipierenden Vereine aber nicht mehr an den internationalen und nationalen Wettbewerben, wie beispielsweise der Champions League, teilnehmen.
Zwar sind die Schlussanträge des Generalanwalts für den EuGH nicht bindend. In der Regel folgen die Richter des EuGH den Anträgen jedoch. Eine endgültige Entscheidung des Gerichts wird im Frühjahr 2023 erwartet.
Laura Schindler / Steffen Lask