Steuerermäßigung beim Verkauf einer freiberuflichen Praxis
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Steuerermäßigung beim Verkauf einer freiberuflichen Praxis

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Verkauft ein Arzt seine Arztpraxis, dann kann er für den Verkaufsgewinn eine Steuerermäßigung bekommen. Das geht selbst dann, wenn er nach dem Verkauf nicht nur alte, sondern auch neue Patienten behandelt. Das entschied der Bundesfinanzhof.

Diese Steuervergünstigungen gibt es für den Gewinn eines Praxisverkaufs

Beim Praxisverkauf ist der Gewinn steuerlich begünstigt, wenn die Praxis

  • als selbstständiger Organismus und in einem einheitlichen Vorgang auf einen Erwerber gegen Entgelt übergeht und
  • das wirtschaftliche Eigentum an allen wesentlichen Grundlagen (Patientenstamm) der Praxis auf den Erwerber übertragen wird.

Unter diesen genannten Voraussetzungen kann ein ermäßigter Steuersatz für den Gewinn greifen. Dazu muss der Verkäufer die Behandlung seiner bisherigen Patienten für rund drei Jahre einstellen. Erlaubt ist, dass der Verkäufer als Arbeitnehmer oder als freier Mitarbeiter im Auftrag und für Rechnung des Erwerbers weiterhin tätig ist. Auch eine geringfügige Fortführung der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit in den ersten drei Jahren geht, wenn die darauf entfallenden Umsätze in den letzten drei Jahren weniger als 10 Prozent (10-Prozent-Grenze) der gesamten Einnahmen ausmachen. Der Zugewinn neuer Patienten innerhalb der ersten drei Jahre ist auch ohne Überschreiten der 10-Prozent-Grenze schädlich. Die Steuerermäßigung wird dann rückwirkend versagt.

Was, wenn der Freiberufler die „Wartezeit“ nach dem Verkauf nicht einhält?

Im Streitfall ging es um einen Freiberufler (Steuerberater), der die Steuermäßigung für den Gewinn aus dem Verkauf seiner Kanzlei erreichen wollte. Nach einer überleitenden Mitarbeit war er für die von ihm gemeinsam mit den Erwerbern gegründete Partnerschaftsgesellschaft weiterhin als freier Mitarbeiter tätig.

Das Finanzamt war der Auffassung, dass er die „Wartezeit“ von drei Jahren nicht eingehalten hatte. Er habe schon nach 30 Monaten seine freiberufliche Tätigkeit wieder voll aufgenommen. Zudem sei der Zugewinn neuer Mandate innerhalb dieser Zeit per se schädlich – auch ohne Überschreiten der 10-Prozent-Grenze. Er trete dadurch in Konkurrenz zu den Erwerbern seiner Kanzlei und beschränke diese in der Möglichkeit, im erworbenen Wirkungsfeld neue Mandate zu akquirieren.

Urteil des Bundesfinanzhofs

Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied anders als das Finanzamt (Urteil vom 11.02.2020, Az. VIII B 131/19). Der Gewinn aus dem Verkauf der Kanzlei könne steuerlich begünstigt sein, auch wenn der Verkäufer erneut im bisherigen örtlichen Wirkungskreis geringfügig steuerberatend tätig geworden sei und im Rahmen dieser Tätigkeit Neumandate betreute. Die Wiederaufnahme der Tätigkeit durch Neumandate sei unschädlich, da der Umsatz mit sieben bis neun Prozent unstreitig unter der Geringfügigkeitsgrenze lag. Außerdem bestünde keine starre Grenze von drei Jahren, nach der die Tätigkeit erst wieder steuerunschädlich aufgenommen werden könne.

Das bedeutet das Urteil

Das Urteil des BFH reiht sich konsequent in die Rechtsprechung der vergangenen Jahre ein. So hatte der BFH mit seinem Urteil vom 21.08.2018 (Az. VIII R 2/15) ähnlich entschieden. „Neu hingegen ist die Auffassung des BFH, dass er eine geringfügige Tätigkeit des Verkäufers im bisherigen örtlichen Wirkungskreis im Rahmen der Steuerermäßigung zulässt, auch wenn sie die Betreuung neuer Mandate umfasst“, sagt Ecovis-Steuerberater Rainer Sievert aus Lichtenfels, „damit stellt sich der BFH explizit gegen die Meinung der Finanzverwaltung.“

Rainer Sievert, Steuerberater bei Ecovis in Lichtenfels

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