Wachstumschancengesetz: Was sich für Ärzte steuerlich ändert

Wachstumschancengesetz: Was sich für Ärzte steuerlich ändert

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Nach hitzigen Debatten und mehreren Anpassungen stimmten Bundestag, Bundesrat und Bundespräsident der abgespeckten Variante des Wachstumschancengesetzes zu. Das Gesetz trat am 28.03.2024 in Kraft, wirkt aber teilweise rückwirkend schon früher. Über die für Ärzte relevanten Themen informiert Sie Ecovis-Steuerberaterin Ines Mummert bei Ecovis in Erfurt.

Geschenke an andere Ärztinnen und Ärzte

Für Geschenke an Berufskollegen und andere Personen, die keine Arbeitnehmer des Arztes sind (wie Handwerker), wurde die jährliche Freigrenze pro Empfänger von 35 Euro auf 50 Euro für Wirtschaftsjahre ab dem 1. Januar 2024 erhöht. Schenkt also zum Beispiel  ein Arzt seinem Praxiseinrichter für die gute Arbeit ein Buch und eine Flasche Wein zum Preis von 60 Euro (inklusive Umsatzsteuer), dann kann er die Kosten für das Geschenk insgesamt nicht absetzen.

Ausflüge, Feste und Feiern

Die Kosten für beispielsweise Speisen, Getränke und Rahmenprogramm, die bei Ausflügen des Praxisteams, Weihnachtsfeiern oder Jubiläumsfeiern entstehen, sind normalerweise als zusätzliches Gehalt zu versteuern. Sie bleiben aber nur bis zu 110 Euro pro Person und Veranstaltung (höchstens zwei Veranstaltungen im Jahr) steuerfrei. „Dabei wird es auch bleiben. Denn die ursprünglich geplante Erhöhung des Freibetrags ist vom Tisch“, sagt Ecovis-Steuerberaterin Ines Mummert.

Privatnutzung Praxis-Pkw

Wer seinen Praxis-Pkw auch privat nutzt, muss ihn pauschal mit einem Prozent des Bruttolistenpreises als geldwerten Vorteil versteuern. Handelt es sich bei dem Praxis-Pkw aber um ein ausschließlich elektrisch betriebenes Auto, dann reduziert sich die Versteuerung auf 0,25 Prozent des Bruttolistenpreises. Während der Bruttolistenpreis des E-Autos bisher nicht mehr als 60.000 Euro betragen durfte, liegt diese Grenze jetzt bei 70.000 Euro und gilt für alle ausschließlich elektrisch betriebenen Autos, die Ärzte nach dem 31. Dezember 2023 gekauft haben.

Geringwertige Wirtschaftsgüter

Normalerweise lassen sich die Anschaffungskosten von bestimmten Gegenständen nur verteilt über mehrere Jahre als Praxisausgabe ansetzen. Kosten für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) können aber sofort vollständig abgezogen werden, wenn sie nicht mehr als 800 Euro (ohne Umsatzsteuer) betrugen. Typische geringwertige Wirtschaftsgüter sind zum Beispiel Notfallkoffer und darin enthaltene Einzelteile, aber auch ganz allgemein etwa Kleinmöbel und Praxis-Software. Diese Grenze bleibt erhalten und wird nicht auf wie geplant 1.000 Euro pro Wirtschaftsgut angehoben. Auch der Höchstbetrag beim Sammelposten bleibt bei unveränderten 1.000 Euro.

Höhere Sonderabschreibung

Praxen, deren Gewinn nicht mehr als 200.000 Euro beträgt, können für die Anschaffung von Wirtschaftsgütern mehr als nur die reguläre Abschreibung geltend machen. So können sie im Jahr der Anschaffung und in den folgenden vier Jahren bis zu 20 Prozent der Kosten als Sonderabschreibung absetzen. Für Anschaffungen ab dem 1. Januar 2024 gilt eine noch höhere Sonderabschreibung: Sie beträgt 40 Prozent statt 20 Prozent.

Befristete degressive Abschreibung

Für bewegliche Anlagegüter, die Ärzte zwischen dem 31. März 2024 und dem 1. Januar 2025 kaufen, können sie die degressive Abschreibung nutzen. Dabei darf der Abschreibungsprozentsatz maximal doppelt so hoch sein wie bei der normalen linearen Abschreibung und nicht über 20 Prozent liegen. „Das Gute daran: Neben der degressiven Abschreibung ist auch die Sonderabschreibung möglich“, weiß Mummert.

E-Rechnung

Bereits ab 2025 werden E-Rechnungen für Unternehmer (B2B) Pflicht. Eine E-Rechnung bedeutet ein spezielles, auswertbares elektronisches Rechnungsformat. Auch Ärzte, die selbst nur steuerfreie Leistungen erbringen, müssen dann künftig in der Lage sein, elektronische Rechnungen im strukturierten Format empfangen und archivieren zu können. Mehr dazu hier: www.ecovis.com/e-rechnung/

Kleinunternehmer: Deklarationspflicht

Ärzte haben auch Einnahmen aus Leistungen, die nicht von der Umsatzsteuer befreit sind, weil sie keine Heilbehandlung sind. Zu denken ist beispielsweise an den Verkauf von Kontaktlinsen und Mundhygieneartikeln sowie an Umsätze aus kosmetischen Behandlungen und schriftstellerischer Tätigkeit. Als Kleinunternehmer werden sie dann nicht zur Umsatzsteuer herangezogen, wenn die Umsätze aus diesen Leistungen im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 22.000 Euro pro Kalenderjahr betragen haben und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht übersteigen werden. Auch ein umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer musste bisher trotz dieser Regelung eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung abgeben.

Bisher gab es keine gesetzliche Regelung, die Kleinunternehmer generell von der Abgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung befreite. Durch das Wachstumschancengesetz werden Kleinunternehmer ab 2024 grundsätzlich nicht mehr verpflichtet sein, eine Jahreserklärung abzugeben. Die Pflicht besteht jedoch weiterhin, wenn Kleinunternehmer für bezogene Eingangsumsätze die Umsatzsteuer im Rahmen der Umkehr der Steuerschuldnerschaft schulden, also die Umsatzsteuer abführen müssen.

Abfindung für angestellte Ärzte

Angestellte Ärzte, die einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen, erhalten beim Weggang aus Klinik oder MVZ oft eine Abfindung. Dem ehemaligen Arbeitnehmer steht für diese „außerordentlichen Einkünfte“ eine Steuerermäßigung zu. Arbeitgeber konnten diese Ermäßigung selbst berechnen und schon bei Auszahlung an den Arbeitnehmer berücksichtigen. Um Arbeitgeber von diesem Aufwand künftig zu befreien, wurde diese Regelung nun im Gesetz gestrichen. „Arbeitnehmer müssen ab jetzt die Abfindung in ihrer persönlichen Einkommensteuererklärung angeben und so dem Finanzamt zur Prüfung vorlegen. Das Finanzamt entscheidet dann über die Gewährung der Steuerermäßigung“, weiß Steuerberaterin Mummert.

Verbesserung der Thesaurierungsbegünstigung für investierende Ärzte

Ärzte, die Bilanzen erstellen (keine Einnahmen-Überschuss-Rechnung), können Gewinne aus der Praxis mit 28,25 Prozent statt regulär mit 45 Prozent ermäßigt besteuern, wenn sie das Geld nicht entnehmen, sondern in der Praxis belassen (thesaurieren). Durch eine neue Berechnungsmethode steht Ärzten jetzt ein höheres Thesaurierungsvolumen zur Verfügung. „Da die volle Besteuerung erst bei Auszahlung eintritt, können Ärzte so einen echten Steuerstundungseffekt erreichen“, erklärt Ines Mummert.

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