Ist ein Notarzt als „Freelancer“ im Rettungsdienst sozialversicherungspflichtig?
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Ist ein Notarzt als „Freelancer“ im Rettungsdienst sozialversicherungspflichtig?

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Notärzte als Freelancer sind im Rettungsdienst selbstständig und damit sozialversicherungsfrei. Warum das Landessozialgericht Hessen das so entschieden hat, lesen Sie hier.

Hintergrund

Bei vermeintlich Selbstständigen handelt es sich oft um abhängig Beschäftigte. Zu diesem Ergebnis kommt die Deutsche Rentenversicherung (DRV). Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig ist, richtet sich immer nach dem Gesamtbild der Tätigkeit. Es hängt davon ab, ob die Merkmale für eine selbstständige Arbeit oder die für eine abhängige Beschäftigung überwiegen. Eine Beschäftigung ist dabei immer eine Tätigkeit nach Weisung. Charakteristisch dafür ist eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 SGB IV). Demgegenüber ist Selbstständigkeit durch eine entsprechend stark ausgeprägte unternehmerische Entscheidungsfreiheit gekennzeichnet.

Sachverhalt

Ein Notarzt arbeitete auf Honorarbasis für einen Landkreis. Er leistete Rettungseinsätze, die ihm eine Leitstelle anzeigte. Per E-Mail teilte er dem Dienstplankoordinator mit, welche Dienste er übernehmen würde. Allerdings konnte der Notarzt von dem Rettungsdienstträger nicht verlangen, dass dieser seine angebotenen Dienste auch annimmt. Bei einem Statusfeststellungsverfahren gelangten die DRV und das Sozialgericht Fulda zu der Überzeugung, dass der Notarzt beim Landkreis abhängig beschäftigt ist. Somit sei er sozialversicherungspflichtig. Der Notarzt sei in die Organisation des Rettungsdienstes eingegliedert gewesen, weil dies sich schon aus den öffentlich-rechtlichen Vorgaben ergebe (Hessisches Rettungsdienstgesetz, (HRDG), Verordnung zur Durchführung des Hessischen Rettungsdienstgesetzes (RettDGVHE)). Danach unterlag der Notarzt einer Anwesenheitspflicht auf der Rettungswache und einer laufenden Fortbildungs- und Dokumentationspflicht über die Einsätze.

Das Urteil der Richter

Die Richter des Landessozialgerichts Hessen entschieden, dass der Notarzt in seiner Arbeit für den Landkreis nicht abhängig beschäftigt und somit nicht sozialversicherungspflichtig ist (Urteil vom 11.04.2019, Az. L 8 KR 487/17). Im Honorarvertrag war geregelt, dass der Notarzt in seiner Verantwortung in Diagnostik und Therapie unabhängig und nur dem Gesetz verpflichtet ist. Bei Rahmenverträgen kommt es für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status grundsätzlich alleine auf den jeweiligen abzuschließenden Einzelauftrag an. Bestimmte öffentlich-rechtliche Vorgaben sind nicht geeignet, eine arbeitsvertragliche Weisungsbefugnis gegenüber Notärzten zu begründen.

Das bedeutet das Urteil für Sie

Derzeit gibt es keine einheitliche Rechtsprechung zu Notärzten als „Freelancer“ im Rettungsdienst. Da eine sozialversicherungsrechtliche Würdigung dieser Tätigkeiten allerdings grundsätzlich bedeutend ist, hat das Gericht die Revision zugelassen. „Sollte es zu einem erneuten Verfahren auf nächsthöherer Instanz kommen, werden sicher auch die letzten beiden Urteile des Bundessozialgerichts zu den Honorarärzten und den Pflegekräften wieder eine Rolle spielen“, sagt Ecovis-Rechtsanwal Marcus Bodem in Berlin.
Seit 2017 gilt es zu beachten, dass Einnahmen eines Notarztes nicht beitragspflichtig sind, wenn er diese Tätigkeit nebenberuflich ausübt (§ 23c Abs. 2 SGB IV).
Marcus Bodem, Rechtsanwalt bei Ecovis in Berlin

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