Betriebliches Eingliederungsmanagement in Kliniken, der Pflege und Arztpraxen
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Betriebliches Eingliederungsmanagement in Kliniken, der Pflege und Arztpraxen

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Immer mehr Fachkräfte fehlen, sei es in Kliniken, der Pflege oder in Arztpraxen. Umso wichtiger wird es, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach einer erzwungenen Auszeit behutsam ins Arbeitsleben zurückzuführen. Ein gutes Eingliederungsmanagement kann dabei helfen.

Nur gesunde Beschäftigte können den Anforderungen der Arbeitswelt gerecht werden. Dies macht das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) zu einem wichtigen strategischen Erfolgsfaktor für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen. Das BGM umfasst idealerweise alle Bereiche, die Einfluss auf die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben. Es basiert auf drei Säulen:

  1. dem betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz,
  2. dem betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) sowie
  3. der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF).

Gesetzlich vorgeschrieben sind der Arbeits- und Gesundheitsschutz und das Eingliederungsmanagement. Freiwillig ist die betriebliche Gesundheitsförderung.

Was genau das BEM bedeutet

Anders als bei der für Betriebe freiwilligen Wiedereingliederung nach monate- oder jahrelanger Erkrankung von Beschäftigten ist das verpflichtende BEM für wiederkehrende und kurze Erkrankungen gedacht.

Jeder Arbeitsplatz stellt spezifische Anforderungen, die zu den individuellen Möglichkeiten eines jeden Beschäftigten passen sollten. Doch das ist eben nicht immer der Fall. Folge ist dann, dass Beschäftigte dem Arbeitsplatz fernbleiben. Oftmals sind häufige Fehlzeiten arbeitsunfähiger Mitarbeiter aber nicht nur von einer bestimmten Krankheit verursacht, sondern können zahlreiche andere Auslöser haben. So können ergonomisch oder technisch schlechte Arbeitsbedingungen chronische Schmerzen oder sogar Arbeitsunfälle verursachen. Eine Arbeitsüberlastung oder eine Unterforderung sind möglicherweise für psychosomatische Beschwerden oder eine Depression verantwortlich. Verdeckte Konflikte mit den Kolleginnen und Kollegen oder der Führungskraft bringen dann das Fass zum Überlaufen. „Fällt ein Beschäftigter plötzlich lange aus, steht der Arbeitgeber vor großen Herausforderungen. An dieser Stelle kommt das BEM ins Spiel“, sagt Sandra Schels, Expertin für Sozialversicherungsrecht bei Ecovis in München.

Wie läuft das BEM genau ab?

Erkrankt ein Beschäftigter derart, dass innerhalb eines Jahres ununterbrochen oder wiederholt mehr als sechs Wochen krankheitsbedingte Fehlzeiten vorliegen, dann muss der Arbeitgeber sich mit dem Betroffenen – am besten schriftlich – in Verbindung setzen. Bei diesem Erstkontakt sollte der Arbeitgeber versuchen, eine Vertrauensbasis mit dem betroffenen Beschäftigten zu schaffen. Die Kontaktaufnahme dient nicht der Kontrolle, sondern soll dazu genutzt werden, die Ursachen für die Arbeitsunfähigkeit herauszufinden. In einer geschützten, vertrauensvollen Atmosphäre sind Beschäftigte eher bereit, die wahren oder verborgenen Gründe ihrer Krankheit zu benennen. Mittels einer schriftlichen Aufklärung wird der Beschäftigte generell über den Sinn und Zweck oder das Ziel eines BEM sowie über die Notwendigkeit der Erhebung bestimmter Daten informiert. Außerdem braucht es eine schriftliche Einwilligung zur Durchführung eines BEM beim erkrankten Mitarbeiter.

Beschäftigte müssen bei Eingliederung nicht mitmachen

Das Erstgespräch ist für die Beschäftigten ein freiwilliges Angebot. Sie sind nicht gezwungen, daran teilzunehmen. „Wichtig ist, dass bei dem betroffenen Beschäftigten nicht das Gefühl entsteht, dass das Gespräch der Kontrolle dient, sondern vielmehr ein großes Interesse des Arbeitgebers daran besteht, gemeinsam eine Lösung für einen Wiedereinstieg in den Beruf zu entwickeln“, erklärt Schels. Ist der Beschäftigte nicht bereit, an der betrieblichen Eingliederung teilzunehmen, endet an dieser Stelle das BEM-Verfahren. Willigt der Mitarbeiter jedoch ein, wird ein Termin für ein Informationsgespräch vereinbart. Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie auf einer freien Entscheidung des Mitarbeiters beruht und schriftlich festgehalten wird. Stimmt der Betroffene dem BEM-Verfahren nicht zu, ist dies ebenfalls schriftlich zu dokumentieren.

In diesem Informationsgespräch, an dem neben Arbeitgeber und Mitarbeiter je nach Bedarf auch interne und externe Berater teilnehmen können, geht es dann darum, gemeinsam einen schriftlichen Maßnahmenplan zu erstellen. Die darin aufgeführten Maßnahmen können sowohl betrieblicher Art, zum Beispiel innerbetriebliche Umsetzung, Schulungen, behindertengerechte Arbeitsplatzausstattung, als auch außerbetrieblicher Art, zum Beispiel Rehabilitationsleistung, sein.

„Die festgelegten Maßnahmen sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer zeitnah umsetzen. Eine enge Begleitung ist unerlässlich, um erforderliche Korrekturen vornehmen zu können“, sagt Schels. Abschließend ist eine Auswertung mit Beurteilung des Verfahrens vorzunehmen. So lässt sich herausfinden, ob mit den eingeleiteten Maßnahmen das Ziel des BEM erreicht wurde.

Eingliederungsgespräch

Nicht immer wird sich bereits im Informationsgespräch klären lassen, welche weiteren Schritte zu veranlassen sind. In einigen Fällen werden zusätzliche Informationen notwendig sein, um geeignete Maßnahmen einleiten zu können. Das können beispielsweise Untersuchungen oder Tests durch den Personal-/Werks- beziehungsweise Betriebsarzt sein. Diese zusätzlichen Informationen dürfen nur im Rahmen des Erforderlichen und nur mit schriftlicher Einwilligung des Beschäftigten eingeholt werden. „Wird ein BEM erfolgreich im Unternehmen etabliert, dann können wertvolle Fähigkeiten und Erfahrungen, die Beschäftigte im Laufe der Zeit erworben haben, dem Unternehmen erhalten bleiben und gehen nicht verloren“, weiß Ecovis-Expertin Schels. Letztlich hat der Arbeitgeber bei der Suche nach geeigneten Lösungen meist ein eigenes Interesse daran, den betroffenen Beschäftigten so zu unterstützen, dass er seine Tätigkeit künftig wieder gewinnbringend für das Unternehmen einsetzen kann.

BEM auch für kleine Betriebe interessant

Das BEM gilt ohne Einschränkung für alle Arbeitgeber, unabhängig von Betriebsgröße oder Branchenzugehörigkeit. Mit dem BEM lassen sich die Ursachen der krankheitsbedingten Fehlzeiten oft schnell und kostengünstig aus der Welt schaff en. „Ziel soll es ja sein, Fehlzeiten zu reduzieren und die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten dauerhaft zu fördern“, erklärt Schels.

Eingliederung: Angebote, die Arbeitgeber unkompliziert zur Verfügung stellen können

Möglichkeiten, die dem Arbeitgeber zur Eingliederung seines Beschäftigten zur Verfügung stehen, sind beispielsweise

  • Eine leidensgerechte Umgestaltung des Arbeitsplatzes (Arbeitsplatzanpassung)
  • Veränderungen in der Arbeitsorganisation oder der Arbeitszeit
  • Erstellen eines Anforderungsprofils für den Arbeitsplatz
  • Anbieten von Qualifizierungsmaßnahmen
  • Umsetzen des Beschäftigten an einen anderen Arbeitsplatz Maßnahmen, die der Personal-/Werks- beziehungsweise Betriebsarzt anbieten kann, sind zum Beispiel
  • Erstellen eines Leistungsprofils des Beschäftigten
  • Arbeitsplatzbegutachtung
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