Strafrecht: Erlaubt oder verboten – Korruption im Gesundheitswesen

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München – Am 4. Juni 2016 ist nach zähem Ringen und langen Diskussionen zwischen Gesetzgeber und Interessenverbänden das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen in Kraft getreten. Unter den Ärzten herrscht nun Unsicherheit, was sie zu erwarten haben.

Das neue Gesetz soll den Wettbewerb im Gesundheitswesen sichern und gleichzeitig das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Patienten in die Integrität der behandelnden Ärzte und sonstigen Entscheidungsträger schützen. Doch handelt es sich bei der Neuregelung tatsächlich um ein wirksames Gegenmittel oder werden lediglich die Symptome oberflächlich bekämpft?
Kernstück dieses Gesetzes sind die zwei neuen Straftatbestände der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen (§§ 299a und 299b StGB). Ein Angehöriger eines Heilberufs macht sich nun strafbar, wenn er bei Verordnung von Arzneimitteln, Heilmitteln, Hilfsmitteln und Medizinprodukten, beim Bezug bestimmter Arzneimittel, Hilfsmittel und bestimmter Medizinprodukte oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial einen Anbieter dieser Leistungen bevorzugt, der ihm im Gegenzug Vorteile verspricht. Bei Zuwiderhandlung drohen bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe, in besonders schweren Fällen sind bis zu fünf Jahre Haft möglich. Als Nebenfolge könnte ein Gericht zudem ein Berufsverbot (§ 70 StGB) aussprechen, und im schlimmsten Fall droht der Entzug der Approbation. Das Gesetz bezieht in einem Rundum schlag alle Heilberufe mit ein, die für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordern, und gilt gleichermaßen für Sachverhalte der gesetzlichen als auch der privaten Krankenversicherung. „Durch die Neuregelung werden zum Beispiel Kick-back-Zahlungen an Ärzte als Gegenleistung für die Verordnung von Medikamenten oder Hilfsmitteln bestimmter Unternehmen oder auch sogenannte Kopfgelder für die Zuweisung von Patienten an ein bestimmtes Krankenhaus unter Strafe gestellt“, erläutert Rechtsanwalt Claus J. Peters.
Dennoch ist aber auch in Zukunft nicht jedes ärztliche Handeln strafbar. Denn es kommt nicht allein darauf an, ob einem Arzt ein Vorteil gewährt wird. Vielmehr muss sich dieser durch den Vorteil auch „kaufen“ lassen und damit seine wirtschaftlichen Interessen über das Wohl seiner Patienten stellen. Damit können zu den Vorteilen zwar grundsätzlich auch Einladungen zu Fortbildungsveranstaltungen oder Vergütungen aus Anwendungsbeobachtungen zählen. Für eine Strafbarkeit muss dieser Vorteil jedoch als Gegenleistung für eine zumindest beabsichtigte unlautere Bevorzugung im Wettbewerb, beispielsweise die Bevorzugung eines bestimmten Pharma-Herstellers bei der Verschreibung, versprochen oder angenommen werden. „Die bloße Annahme eines Vorteils ohne eine solche Gegenleistung ist nicht strafbar. Die Strafbarkeit entfällt auch, wenn der Heilberufsangehörige den gewährten Rabatt oder sonstigen Vorteil, etwa Arzneimuster, zugunsten des Patienten annimmt und an diesen weiterreicht“, sagt Rechtsanwältin Dr. Janika Sievert.
Der Gesetzgeber hat zudem klargestellt, dass die berufliche Zusammenarbeit zwischen Kollegen gesundheitspolitisch weiterhin grundsätzlich gewollt und auch im Interesse der Patienten sei. Durch Vorteile, die im Rahmen zulässiger beruflicher Kooperationen gewährt und angenommen werden, macht sich auch künftig niemand strafbar. Damit bleiben kostenlose Fortbildungsveranstaltungen, die durch einen Facharzt für niedergelassene Kollegen durchgeführt werden, auch künftig straffrei. Dies gilt auch, wenn es sich bei den Eingeladenen um potenzielle Zuweiser handelt. Die Einladung zu der Veranstaltung darf eben nur nicht an die Bedingung einer Zuweisung geknüpft sein. Und auch Geschenke von Patienten, die sich bedanken möchten, dürfen weiterhin angenommen werden, ohne dass sich gleich die Staatsanwaltschaft dafür interessiert.
„Um sicherzugehen, sollten bestehende Kooperationsvereinbarungen, geplante Teilnahmen an Kongressen oder Anwendungsbeobachtungen sowie die Zusammenarbeit zwischen Angehörigen der Heilberufe jedoch dringend einer zeitnahen Prüfung unterzogen und, soweit nötig, abgeändert oder beendet werden. Nur auf diese Weise kann einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren und den damit einhergehenden Folgen präventiv begegnet werden“, empfiehlt Dr. Sievert.
„Besprechen Sie rechtzeitig Ihre Verträge und Kooperationsvereinbarungen mit Ihrem Berater, um möglichen Haftungsfallen auf die Spur zu kommen.“
Dr. Janika Sievert, LL.M., Rechtsanwältin bei Ecovis in Regensburg, janika.sievert@ecovis.com
 
 

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