Arbeitsrecht: Ohne Phrasen und Codierung

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München – Hat ein Arbeitnehmer durchschnittliche Leistungen erbracht, darf dies der Arbeitgeber wahrheitsgemäß im Arbeitszeugnis auch so formulieren.

Ärzte müssen in ihrer Funktion als Arbeitgeber ihrem Praxispersonal Arbeitszeugnisse ausstellen. Hier geraten sie bisweilen in Konflikt bezüglich des Wahrheitsgehalts über die Qualität der Arbeitsleistung des Mitarbeiters und der arbeitsrechtlichen Verpflichtung, ein „wohlwollendes“ Zeugnis auszustellen. Darunter wurde in der Praxis zuletzt immer, auch entgegen den tatsächlichen Leistungen des Arbeitnehmers, ein gutes oder sehr gutes Zeugnis verstanden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit seiner Entscheidung vom 18. November 2014 nun die Rechte des Arbeitgebers gestärkt und klargestellt, dass sich Arbeitnehmer grundsätzlich mit der Note „befriedigend“ im Zeugnis zufriedengeben müssen, wenn sie eine durchschnittliche Arbeitsleistung erbracht haben. Sofern sie ein Arbeitszeugnis möchten, das der Schulnote „gut“ bzw. „sehr gut“ entspricht, müssten sie hierfür Nachweise liefern. Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das umfasst neben den Pflichtangaben zu Art und Dauer der Tätigkeit auch Angaben über die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers.

Hier hat der Arbeitgeber insbesondere Ausführungen

  • zur Arbeitsbefähigung („Können“),
  • zur Arbeitsbereitschaft („Wollen“),
  • zum Arbeitsvermögen („Ausdauer und Arbeitstempo“),
  • zur Arbeitsweise („Einsatz“) und
  • zum Arbeitsergebnis („Erfolg“)

zu machen.

Hier ist die Erwartungshaltung des Arbeitnehmers an die „Note“ meistens hoch und entspricht nicht immer der Realität. Das BAG hat nun klargestellt, dass Arbeitnehmer, die eine bessere Beurteilung als „befriedigend“ beanspruchen, in einem etwaigen „Zeugnisrechtsstreit“ die aus ihrer Sicht entsprechenden erbrachten Leistungen vortragen und beweisen müssen. Ansatzpunkt sei stets die Note „befriedigend“ als mittlere Note der Zufriedenheitsskala. Eine Abweichung nach oben müsse der Arbeitnehmer, eine Abweichung nach unten hingegen der Arbeitgeber beweisen. Diese grundsätzliche Beweislastverteilung ändert sich auch nicht dadurch, dass es inzwischen weit verbreitet sei, eine „gute“ oder „sehr gute“ Benotung zu verlangen. Ob derartige Zeugnisse stets mit dem geforderten Wahrheitsgehalt vereinbar seien, sei fraglich.

Wohlwollend, aber wahrheitsgemäß

Der Arbeitnehmer hat lediglich einen Anspruch auf ein inhaltlich wahres Zeugnis, daher muss das Zeugnis auch nur im Rahmen der Wahrheit dem „Grundsatz des Wohlwollens“ entsprechen. Dabei gilt es auch, den neuen zukünftigen Arbeitgeber zu schützen. Dieser hat ein Interesse an einer möglichst wahrheitsgemäßen Unterrichtung über die fachlichen und persönlichen Qualifikationen des potenziellen Arbeitnehmers. Zwar darf durch den Zeugnisinhalt das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unnötig erschwert werden, das Wohlwollen ist aber durch die Wahrheitspflicht begrenzt.

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist für Arbeitgeber absolut begrüßenswert. Die in der Praxis in der Vergangenheit üblichen „Gefälligkeitszeugnisse“ wurden auch deswegen erstellt, um die Kosten und Mühen eines „Zeugnisrechtsstreits“ zu verhindern. Insofern hat das Urteil nun die Position des Arbeitgebers gestärkt und klargestellt, dass die Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Vortäuschen guter Leistungen durch den Arbeitgeber haben.

Fazit:

Das BAG hat in seinem Urteil angeführt, dass Zeugnisse mit Noten, die den tatsächlichen Leistungen eines Arbeitnehmers nicht entsprechen, unwahr und damit rechtswidrig sind. Kommen Sie daher als Arbeitgeber Ihrer Pflicht und auch Ihrem Recht zur Erstellung eines wahren Zeugnisses nach.

Isabel Wildfeuer, Rechtsanwältin bei Ecovis in München, isabel.wildfeuer@ecovis.com

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