Neues Betreuungsrecht: Mehr Rechte für Betroffene
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Neues Betreuungsrecht: Mehr Rechte für Betroffene

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Die scheidende Bundesregierung hat im Mai das neue Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts auf den Weg gebracht. In Kraft treten soll es am 1. Januar 2023. Ziel ist unter anderem eine Stärkung der Rechte von Menschen mit Behinderung sowie generell von betreuten Menschen.

Wer betroffen ist

Die Änderungen haben Auswirkungen auf (Pflege)-Kinder, Betreuungsbedürftige und Pflegeeltern, aber auch Ärzte und Krankenhäuser. Generell sind Betreuungen nur dann zulässig, wenn sämtliche anderen Maßnahmen im Vorfeld nicht ausreichen, um Betroffene ausreichend zu versorgen.

Mehr Mitsprache

Die Betroffenen müssen künftig intensiver in Betreuungsverfahren eingebunden sein. Sie haben ein Recht auf Information sowie Mitsprache und können auch bei gerichtlichen Entscheidungen über die Bestellung eines Betreuers mitreden. Entscheidungen darüber dürfen nicht gegen den freien Willen eines Volljährigen erfolgen.

Kontrollen

Generell gibt es mehr Kontrollen und Sanktionsmöglichkeiten für Betreuer. Und auch bei ihrer Auswahl sollen strengere Kriterien gelten. Sämtliche Vorschriften dazu sind künftig in einem Betreuungsorganisationsgesetz zusammengefasst.

Eherechtliches Notvertretungsrecht

Eine zentrale Änderung betrifft die Vertretungsmöglichkeiten des anderen Ehegatten in gesundheitlichen Notsituationen (Ehegattenvollmacht), die mit dem Gesetz eingeführt wird. Zukünftig ist der Ehegatte automatisch handlungsfähig und hat ein auf drei Monate begrenztes gesetzliches Vertretungsrecht. Zwangsmaßnahmen sind jedoch auch bei der Ehegattenvollmacht gerichtlich zu bestätigen. Die Vollmacht kommt nicht zum Einsatz, wenn der Patient vorher festgelegt hat, dass er keine Ehegattenvollmacht möchte, die Partner getrennt leben oder es eine anders lautende Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung oder Betreuungsverfügung gibt.

Was die Ehegattenvollmacht umfasst

Die automatische Ehegattenvollmacht bezieht sich auf die Einwilligung in Untersuchungen und Heilbehandlungen sowie in ärztliche Eingriffe. Der Ehepartner kann auch Behandlungs- und Krankenhausverträge abschließen sowie Verträge über eilige Maßnahmen zur Rehabilitation und er hat einige weitere dringliche Regelungsbefugnisse.

Was das für Ärzte bedeutet

Für Ärzte und Krankenhäuser bedeutet die Neuregelung eine Erleichterung. „Sie haben bei der Einlieferung eines verheirateten, nicht handlungsfähigen Patienten sofort einen Ansprechpartner“, sagt Ecovis-Rechtsanwältin Daniela Groove in München, „der Ehegatte wird entlastet, weil er künftig nicht sofort ein Betreuungsverfahren anstreben muss. Ärzte sind für die Dauer des Notvertretungsrechts von ihrer Schweigepflicht gegenüber dem Notvertreter entbunden. Bei der Entscheidungsfindung über Behandlungsmaßnahmen können sie aber nicht allein entscheiden. Ärzte müssen den Ehegatten mit einbeziehen – wie heute schon bei einer Vorsorgevollmacht oder einer Betreuerbestellung.

Daniela Groove, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht bei Ecovis in München

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