Kosten für unkonventionelle Heilmethoden sind steuerlich abzugsfähig

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Die Kosten für eine wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethode lassen sich steuerlich absetzen. Ein Amtsarzt muss lediglich bescheinigen, dass die Behandlung notwendig ist.

Hintergrund

In Deutschland kann jeder eine Ermäßigung seiner Einkommensteuer beantragen. Die Voraussetzung dafür ist, dass ihm im Laufe seines Lebens größere Kosten als anderen Personen entstehen, die ein ähnliches Einkommen oder Vermögen besitzen und im gleichen Familienstand leben (§ 33 EStG). Diese Kosten lassen sich dann als außergewöhnliche Belastung anerkennen, wenn die Kosten

  • einen bestimmten Betrag (= zumutbare Belastung) übersteigen,
  • dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen (zum Beispiel Krankheitskosten),
  • ein Arzt oder Heilpraktiker verordnet (Rezept) und
  • wissenschaftlich anerkannt sind.

Auch die Kosten für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden lassen sich absetzen. In diesem Fall muss vor Beginn der Heilmaßnahme entweder

  • ein amtsärztliches Gutachten oder
  • eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung

die Notwendigkeit dieser Therapie nachweisen (§ 33 Abs. 4 EStG i. V. m. § 64 EStDV).

Sachverhalt

Die Eltern eines schwerbehinderten Mädchens ließen in einem Naturheilzentrum folgende, unkonventionelle Behandlungen durchführen:

  • Akupunktur, Atem- und Farblichttherapie
  • Ernährungsberatung, Aromaöl-Inhalationen
  • Pflanzen- und Kräuterinfusionen, Ganzkörperregulationsbehandlung
  • klangtherapeutische Anwendungen und medico-mechanische Behandlungen
  • Applikationen von Pflanzensamen und von Edelstahlkugeln zur Stimulation

Behandlungskosten, Aufwendungen für die Miete einer Ferienwohnung in der Nähe des Naturheilzentrums, Fahrtkosten zu diversen Ärzten und sonstige Kosten (Brille, Hilfsmittel, Apotheke) machten die Eltern als außergewöhnliche Belastung in Höhe von 18.250 Euro geltend. Weil es sich um wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden handelte, hatten die Eltern ein privatärztliches Attest einer Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde (Homöopathie) vorgelegt. Die Kreisverwaltung bestätigte das Attest amtsärztlich mit ihrem Dienstsiegel.
Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen nicht an, weil es die Angaben des Amtsarztes nicht als „Gutachten“ ansah. Er sei sehr allgemein geblieben und hätte lediglich die Teilnahme empfohlen.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschied, dass fast alle Aufwendungen steuerlich abzugsfähig seien (Urteil vom 04.07.2018, Az. 1 K 1480/16). Die Bestätigungen des Amtsarztes reichen als Nachweis für die Zwangsläufigkeit der Behandlung. Ein „amtsärztliches Gutachten“ muss nicht einem nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellten Gutachten entsprechen.

Praxishinweis

„Ein knappes amtsärztliches Attest im Sinne einer kurzen Stellungnahme kann ausreichen, um Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden als außergewöhnliche Belastung steuerlich abzusetzen“, sagt Ecovis-Steuerberater Rainer Sievert, „Sie brauchen dafür kein ausführliches Gutachten.“
Rainer Sievert, Steuerberater bei Ecovis in Lichtenfels

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