Darf ein Arzt Auskunft über die steuerliche Behandlung eines Konkurrenten erhalten?

Darf ein Arzt Auskunft über die steuerliche Behandlung eines Konkurrenten erhalten?

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Steuerpflichtige haben einen Auskunftsanspruch über die Besteuerung eines Konkurrenten gegenüber dem Finanzamt. Wann genau, haben die Richter des Finanzgerichts Hessen entschieden.

Hintergrund

Steuergeheimnis: In Deutschland gilt das Steuergeheimnis (§ 30 Abgabenordnung), das den Finanzbehörden verbietet, Daten von Steuerpflichtigen an Unbefugte weiterzugeben. Es gibt aber manchmal Situationen, in denen die Wahrung des Steuergeheimnisses zurücktritt. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Konkurrent eines Steuerpflichtigen darlegen kann, dass er durch eine rechtswidrige Besteuerung konkret belegbare Wettbewerbsnachteile erleidet.
Umsatzsteuer: Heilbehandlungen in der Humanmedizin sind grundsätzlich umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 14 UStG). Die Steuerbefreiung setzt aber voraus, dass es sich um ärztliche oder arztähnliche Leistungen handeln muss. Diese müssen Personen erbringen, die die erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweise besitzen.

Sachverhalt

Ein Facharzt für Augenheilkunde war auf dem Gebiet der Augenlaserbehandlung operativ tätig. Er hatte eine Konkurrentin, die ihre Augenlaserbehandlungen ebenfalls umsatzsteuerfrei abrechnen durfte (§ 4 Nr. 14 UStG). Der Augenarzt war der Auffassung, dass die Konkurrentin nicht über die entsprechende Befähigung verfügte, um umsatzsteuerfrei abrechnen zu können. Deshalb verlangte er Auskunft über die Besteuerung der Konkurrentin. Das Finanzamt lehnte eine Auskunft ab – mit Verweis auf das Steuergeheimnis.

So entschieden die Richter

Die Richter des Finanzgerichts Hessen entschieden, dass der Augenarzt keinen Anspruch auf Auskunft über die steuerlichen Verhältnisse der Konkurrentin hatte (Urteil vom 11.12.2018, Az. 4 K 977/16). Ungeachtet der Tatsache, dass ein Anspruch nur bei einer Konkurrenzsituation zu öffentlichen Einrichtungen in Betracht käme, hatte der Facharzt bereits deshalb keinen Anspruch, weil er keine konkret feststellbaren Wettbewerbsnachteile darlegte. Dies hätte er beispielsweise durch Umsatzrückgänge oder rückläufige Patientenzahlen belegen können.
Außerdem hätte er darlegen sollen,

  • welchen Anteil am Umsatz seiner Praxis die Augenlaseroperationen überhaupt haben,
  • mit wie vielen Anbietern von Laseroperationen er noch konkurriert,
  • seit wann die Konkurrentin aus seiner Sicht in den Konkurrenzkampf eingetreten ist und
  • welche (möglicherweise fruchtlosen) Maßnahmen er im Rahmen des Konkurrenzverhältnisses ergriffen hat.

Das bedeutet das Urteil für Sie

Einen Wettbewerbsnachteil nachzuweisen war im vorliegenden Fall deshalb erforderlich, weil der Facharzt eine steuerliche Besserstellung wünschte. Er befürchtete nicht, dass seine angebliche Konkurrenz weniger versteuern muss als er, sondern dass sie genauso viel versteuern muss. Er wollte, dass das Finanzamt der Konkurrentin die Umsatzsteuerbefreiung verwehrt. „Diese Schlechterstellung der Konkurrentin stellte infrage, ob dann überhaupt eine Konkurrenz zwischen ihnen bestand“, sagt Ecovis-Experte Michael Busching.
Das Gericht wahrte mit seinem Urteil das Grundprinzip des Steuergeheimnisses. Wäre das Urteil zugunsten des Facharztes ausgegangen, hätte dies zur Folge gehabt, dass jeder Steuerpflichtige die steuerliche Behandlung seiner Konkurrenten überprüfen lassen könnte. „Der einzelne Steuerpflichtige soll nicht mit Blick auf andere Steuerpflichtige die Kontrollinstanz der Finanzverwaltung sein“, erklärt Michael Busching, „denn die Besteuerungsnormen stehen in der Regel ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit.“ Nur im Ausnahmefall kann der Schutz eines beteiligten Dritten geboten sein.
Michael Busching, Rechtsanwalt bei Ecovis in Berlin

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