Betreuungsrechtsreform: Mehr Rechte für Betroffene und Erleichterungen für die Ärzte
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Betreuungsrechtsreform: Mehr Rechte für Betroffene und Erleichterungen für die Ärzte

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Die vorige Bundesregierung hat im Mai 2021 das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts auf den Weg gebracht. In Kraft treten soll es am 1. Januar 2023. Ziel ist unter anderem eine Stärkung der Rechte von betreuten Personen und Menschen mit Behinderung.

Die Änderungen des neuen Gesetzes haben Auswirkungen auf Betreuungsbedürftige, aber auch auf Ärzte und Krankenhäuser. „Generell sind Betreuungen nur zulässig, wenn alle anderen Maßnahmen im Vorfeld nicht ausreichen, um Betroffene angemessen zu versorgen“, sagt Daniela Groove, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht bei Ecovis in München.

Mehr Mitsprache, mehr Kontrollen

Betroffene müssen künftig intensiver in Betreuungsverfahren eingebunden sein. Sie haben ein Recht auf Informationen sowie Mitsprache, auch bei gerichtlichen Entscheidungen über die Bestellung eines Betreuers. Entscheidungen darüber dürfen nicht gegen den freien Willen eines Volljährigen erfolgen. Im neuen Gesetz sind auch mehr Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten gegen Betreuer verankert. Auch bei deren Auswahl sollen strengere Kriterien gelten. Die Vorschriften dazu sind künftig in einem Betreuungsorganisationsgesetz zusammengefasst.

Eherechtliches Notvertretungsrecht

Eine zentrale Neuerung betriff t die Vertretungsmöglichkeiten des Ehegatten in gesundheitlichen Notsituationen (Ehegattenvollmacht). Sie wird mit dem Gesetz eingeführt. Ehegatten sind dann automatisch für den Partner handlungsfähig und haben ein auf drei Monate begrenztes gesetzliches Vertretungsrecht. Sie dürfen in Untersuchungen, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligen. Zudem erlaubt die Ehegattenvollmacht, dass Ehepartner Behandlungs- und Krankenhausverträge abschließen sowie Verträge über eilige Maßnahmen zur Rehabilitation. „Zwangsmaßnahmen, etwa künstliche Ernährung, sind aber auch bei der Ehegattenvollmacht gerichtlich zu bestätigen“, weiß Groove.

Die Vollmacht kommt nicht zum Einsatz, wenn der Patient vorher festgelegt hat, dass er keine Ehegattenvollmacht möchte, die Partner getrennt leben oder es eine anders lautende Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung oder Betreuungsverfügung gibt. „Behandelnde Ärzte müssen sich im Vorfeld informieren, welcher Status gilt“, erklärt Groove.

Was das für Ärzte bedeutet

Für Ärzte und Krankenhäuser bedeutet die Neuregelung eine Erleichterung. „Sie haben bei der Einlieferung eines verheirateten, nicht handlungsfähigen Patienten sofort einen Ansprechpartner“, sagt Groove, „der Ehegatte wird entlastet, weil er künftig nicht sofort ein Betreuungsverfahren anstreben muss.“

Ärzte sind für die Dauer des Notvertretungsrechts von ihrer Schweigepflicht gegenüber dem Notvertreter entbunden. Bei der Entscheidungsfindung über Behandlungsmaßnahmen können sie aber nicht allein entscheiden. Ärzte müssen den Ehegatten mit einbeziehen – wie heute schon bei einer Vorsorgevollmacht oder wenn ein Betreuer bestellt ist.

Daniela Groove, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht bei Ecovis in München

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