Ärzte ohne Vertrauensverhältnis zu den Patienten sind von der Umsatzsteuer befreit

2 min.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) musste darüber entscheiden, ob medizinische Analysen eines Laborarztes für ein Laborunternehmen umsatzsteuerfrei sind, obwohl kein Vertrauensverhältnis zum Patienten besteht.

Sachverhalt

Ein Facharzt für klinische Chemie und Laboriumsdiagnostik arbeitete ausschließlich für ein privatrechtlich organisiertes Laborunternehmen. Dieses erbrachte Laborleistungen an niedergelassene Ärzte, Rehakliniken, Gesundheitsämter und Krankenhäuser. Der Facharzt leistete medizinische Analysen, die der vorbeugenden Beobachtung und Untersuchung von Patienten im Rahmen konkreter Behandlungsverhältnisse dienten.
Der Facharzt ging davon aus, dass seine Umsätze gegenüber dem Laborunternehmen als Heilbehandlungen der Humanmedizin umsatzsteuerfrei seien (§ 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UstG). Das Finanzamt behandelte die Umsätze hingegen als umsatzsteuerpflichtig, da die Leistungen nicht auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis zu den Patienten beruhten.

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs

Der Bundesgerichtshof (BFH) bat den EuGH, folgende Fragen zu klären:

  1. Ein Arzt ordnet medizinische Analysen an, die ein Labor außerhalb seiner Praxis durchführt. Sind diese Analysen Heilbehandlungen, die ein Arzt in der Humanmedizin durchführt? Oder gilt dies nur für Diagnostik und Befunderhebung von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder von Zentren für ärztliche Heilbehandlungen?
  2. Sind Laborleistungen nur dann umsatzsteuerfrei, wenn ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient vorliegt?

 
Die Richter des EuGH urteilten, dass die Leistungen des Facharztes von der Umsatzsteuer befreit sein können (Art. 132 Abs. 1 Buchst. c und Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL). Außerdem entschieden sie, dass es für die Steuerbefreiung nicht relevant ist, ob der Arzt die Heilbehandlungsleistung im Rahmen eines Vertrauensverhältnisses zum Patienten erbringt (Urteil vom 18.9.2019 – C-700/17).
Das EuGH-Urteil widerspricht damit der aktuellen Verwaltungsauffassung. Diese besagt, dass sich Laborärzte ohne persönliches Vertrauensverhältnis zu ihren Patienten nicht auf Steuerbefreiung berufen können (§ 4 Nr. 14 Buchst. a UStG).

Das bedeutet das Urteil für Sie

Dieses Urteil hat weitreichende Bedeutung für alle Ärzte, die ohne ein persönliches Vertrauensverhältnis zu Patienten arbeiten. „Bei strittigen Fällen können Sie sich auf das EuGH-Urteil berufen“, rät Ecovis-Steuerberaterin Monik Vent aus München, „Sie sollten allerdings daran denken, dass die bisher abzugsfähige Vorsteuer zum Kostenfaktor wird.“
Monik Vent, Steuerberaterin bei Ecovis in München

Das Wichtigste für Heilberufler aus Steuern und Recht - jetzt anmelden!