Abrechnung innovativer Behandlungsmethoden: Bundessozialgericht präzisiert die Voraussetzungen
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Abrechnung innovativer Behandlungsmethoden: Bundessozialgericht präzisiert die Voraussetzungen

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Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch eine innovative Behandlungsmethode eine Behandlungsalternative sein – auch wenn gesetzlich Versicherte nur Anspruch auf Leistungen haben, die dem anerkannten Stand der Medizin entsprechend.

In seinem Urteil vom 13. Dezember 2022 (B 1 KR  33/21 R) hat das Bundessozialgericht (BSG) präzisiert, welche Anforderungen eine innovative Behandlungsmethode erfüllen muss, damit ein Krankenhaus sie bei der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abrechnen darf.

Der verhandelte Fall vor dem BSG

Das Krankenhaus implantierte dem Versicherten endoskopisch Metallspiralen („Coils“) in die Lunge, um dessen Emphysemblasen zu reduzieren. Für die Behandlung stellte das Krankenhaus der Krankenkasse insgesamt einen Betrag von rund 31.300 Euro in Rechnung. Die Krankenkasse erstattete aber lediglich einen Betrag von rund 3.100 Euro, nachdem sie den Medizinischen Dienst (MD) mit der Prüfung beauftragt hatte. Im Berufungsverfahren erkannte die Krankenkasse lediglich einen weiteren Betrag von circa 5.200 Euro an. Zur Begründung führte sie aus, die Behandlungsmethode hätte nicht dem Qualitätsgebot entsprochen.

Die Entscheidung des BSG

Krankenhäuser können auch dann noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden anwenden, wenn der zur Methodenbewertung berufene Gemeinsame Bundesausschuss noch keine Entscheidung über das Potenzial einer innovativen Behandlungsmethode getroffen hat. Das trifft zu, wenn es um eine schwerwiegende Erkrankung geht, die die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.

Die Kassen müssen bezahlen, wenn

  • nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und nach dem Wirkprinzip nicht von der Schädlichkeit oder Unwirksamkeit der innovativen Behandlungsmethode auszugehen ist.
  • die Aussicht besteht, dass die innovative Behandlungsmethode im Vergleich zu bestehenden Standardmethoden effektiver sei.
  • die Aussicht besteht, dass eine bestehende Evidenzlücke durch eine einzige Studie in einem begrenzten Zeitraum geschlossen werden kann.

Schließlich muss eine Gesamtabwägung der potenziellen Vor- und Nachteile zugunsten der innovativen Behandlungsmethode ausfallen. „Die Entscheidung, ob eine innovative Behandlungsmethode bezahlt wird, müssen Krankenhaus und Krankenkasse gemeinsam treffen. Erfahrungsgemäß sind die Interessen beider Seiten allerdings gegenläufig. Auch wenn das BSG hier versucht hat, die Voraussetzungen für den Einsatz neuer Behandlungsmethoden zu präzisieren, werden sich wohl weiterhin die Instanzgerichte mit den Detailfragen auseinandersetzen müssen“, sagt Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Ecovis in München.

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