Abzocke mit "Offerten" von Branchenverzeichnissen: Ein Angebot, das Sie nicht ablehnen können?

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München – Nicht nur im Internet lauern Abzocker und Betrüger – auch eine ganz altmodische Unterschrift kann teuer werden.
Rezepte, Bestellungen, Atteste, Arztbriefe – ein Arzt und Unternehmer muss täglich unzählige Unterschriften leisten, oft zwischen zwei Behandlungen und ohne Zeit, sich genau anzusehen, was man da eigentlich unterzeichnet. Mehr als eine oberflächliche „Plausibilitätsprüfung“ ist da oft nicht drin.
Diesen Umstand machen sich obskure Unternehmen gern zunutze: In der Eingangspost finden sich formularmäßig aufgemachte Schreiben, in denen um Unterschrift und Rücksendung, häufig bis zu einem bestimmten Termin, gebeten wird. Nur wer sich die Zeit nimmt, das Kleingedruckte zu lesen, findet dort versteckt einen oft maßlos überzogenen Preis und die Worte „Offerte“, „Auftrag“ oder „Angebot“ – da sollte der Leser hellhörig werden, denn oft handelt es sich dabei um „Abzock-Maschen“. Im Wesentlichen sind hierbei drei Vorgehensweisen erkennbar:
Das offizielle Register
Diese Masche trifft vor allem Gewerbetreibende, da die unseriösen Anbieter auf die Daten aus öffentlichen Registern zurückgreifen: Nach einer tatsächlich erfolgten Anmeldung zum Beispiel im Handelsregister oder beim Gewerbeamt erhält der Unternehmer ein behördlich aussehendes Schreiben, in dem die Kosten für einen Eintrag in ein vermeintlich amtliches Verzeichnis, beispielsweise ein Gewerberegister verlangt werden.
Das Schreiben erweckt den Eindruck, mit der Zahlung komme man einer gesetzlichen Pflicht nach – dass dieses Schreiben tatsächlich in Wirklichkeit ein kostenpflichtiges Angebot eines privaten Registerbetreibers darstellt, kann man bestenfalls dem Kleingedruckten entnehmen. Häufig bezahlen die Betroffenen die vermeintliche Rechnung und schließen damit einen teuren Vertrag über die Veröffentlichung ihrer Daten in einem nutzlosen Online-Register erst ab.
Der Korrekturabzug
Online-Branchenverzeichnisse versenden Schreiben, in denen die Empfänger – häufig verbunden mit einer Frist – aufgefordert werden, ihre Eintragung in ein Branchenverzeichnis zu korrigieren oder zu ergänzen. Auch hier findet sich erst im Kleingedruckten der Hinweis, dass es sich lediglich um ein Angebot zum Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrags handelt.
Meist ist eine Mindestvertragslaufzeit von zwei Jahren bei jährlichen Kosten von 500 bis 1.000 Euro vorgesehen. Das Gesamtbild des Schreibens erweckt den Eindruck, es handele sich um einen bereits früher veröffentlichten Eintrag in ein Branchenbuchverzeichnis, der lediglich auf seine Richtigkeit und Aktualität hin überprüft werden soll.
Die Rechnung
Ähnlich wie bei den vorgetäuschten offiziellen Registern versuchen manche Branchenverzeichnisse, über vorgetäuschte Rechnungen zum Vertragsabschluss zu kommen. Im Schreiben wird angedeutet, es sei im Vorfeld bereits ein Vertrag abgeschlossen worden, der nur noch abgerechnet werden muss. Ein Hinweis darauf, dass es sich tatsächlich lediglich um eine „Offerte“ handelt und ein Vertrag erst mit Zahlung des angegebenen Betrags begründet werden soll, findet sich wieder nur im Kleingedruckten. Diese Masche macht sich den Umstand zunutze, dass im Büroablauf zwar häufig der Abschluss von Verträgen vom Chef geprüft, die Zahlung von Rechnungen aber vom Personal erledigt wird.
Hilfe vom Bundesgerichtshof
Der Bundesgerichtshof (BHG) hat der Branchenbuch-Abzocke bereits 2012 einen Riegel vorgeschoben: „Mit Rücksicht darauf, dass Grundeinträge in ein Branchenverzeichnis im Internet in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten werden, wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner dort nicht vermutet wird, nicht Vertragsbestandteil“ (BGH, Urteil vom 26.07.2012 – VII ZR 262/11).
Fazit:
”Unseriöse Anbieter testen seit 2012 die Grenzen dieses Urteils aus, indem sie die Aufmachung ihrer Formularschreiben an die Kriterien des BGH anpassen. Am besten lassen Sie sich „Arztpost“ und „Geschäftspost“ getrennt vorlegen und sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter für die Gefahren der Branchenverzeichnis-Abzocker. Und wenn es doch einmal passiert ist: Wenden Sie sich an Ihren ECOVIS-Rechtsanwalt.
Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Ecovis in München, tim.mueller@ecovis.com

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