Initiative Tierwohl: Spielverderber Finanzamt?

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Landwirte, die höhere Standards bei der Tierhaltung einführen, werden dafür mit einem Mehr an Geld von der Initiative Tierwohl belohnt. Eigentlich eine gute Sache, wäre da nicht der Fiskus.

Warum nicht einmal zugunsten der Landwirte entscheiden? Angesichts der steuerlichen Behandlung von Landwirten, die an der Initiative Tierwohl teilnehmen und ihre Ställe entsprechend umgestaltet haben, ist die Frage mehr als berechtigt. Denn es liegt nahe, das dafür zusätzlich erhaltene Geld steuerlich einfach als höheren Preis für den Tierverkauf oder als Zuschuss anzusehen. Doch weit gefehlt. Zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Zahlungen im Rahmen der Initiative Tierwohl hat das Bundesfinanzministerium im August vergangenen Jahres Folgendes verfügt: Der von der zwischengeschalteten Trägergesellschaft gezahlte Zuschuss, der aus einem Grundbetrag von 500 Euro pro Jahr und Standort sowie einer kriterienabhängigen Vergütung besteht, soll im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses als Bezahlung für eine gesonderte Leistung des Landwirts angesehen werden. Nach Ansicht des Fiskus liegt kein echter und damit nicht steuerbarer Zuschuss vor. Das Finanzamt will hier mitverdienen. Denn die Zuschüsse sollen auch keine Preiserhöhung für die Fleischverkäufe der Landwirte darstellen. Dies hätte wenigstens noch den Vorteil, dass pauschalierende Landwirte darauf keine Mehrwertsteuer abführen müssen und Regelbesteuerer nur 7 Prozent.

Pauschalierer benachteiligt

Die Verwaltung stellt sich auf den Standpunkt, dass die Zahlungen nicht in den Anwendungsbereich der Durchschnittssatzbesteuerung fallen, weil die von der Trägergesellschaft empfangene Gegenleistung der Landwirte für die Zuschüsse nicht in deren Sphäre zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt wird. Und da die Trägergesellschaft die Zuschüsse auszahlt und nicht die Schlachthöfe, sind die Gelder auch kein zusätzliches Entgelt für die Fleischlieferungen – damit entfällt auch die Vorsteuerpauschale. Die Annahme, dass kein echter Zuschuss, sondern ein Leistungsaustausch vorliegt, kann mit Blick auf die strenge Finanzrechtsprechung noch nachvollzogen werden. Denn die teilnehmenden Landwirte verpflichten sich vertraglich zur Einhaltung bestimmter Produktionsstandards. Dazu sind Leistung und Gegenleistung genau definiert. Warum die Leistungsbeziehung aber nicht unter den Anwendungsbereich der Umsatzsteuerpauschalierung fällt, ist nicht verständlich. Hier ist Streit vorprogrammiert. Denn nach EU-Recht fallen Maßnahmen der Tierproduktion, also auch die Tierzucht und Tierhaltung in Verbindung mit der Bodenbewirtschaftung, ausdrücklich in den Anwendungsbereich der Umsatzsteuerpauschalierung. Und die von den Betrieben durchgeführten Tierwohl-Maßnahmen dienen unstreitig der Tierzucht und Tierhaltung. Würde man der Auffassung der Finanzverwaltung folgen, hätte das für Pauschalierer zur Folge, dass ihnen der anteilige Vorsteuerabzug trotz der Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung zusteht. In welcher Höhe dann Vorsteuern tatsächlich zu erstatten sind, wäre noch genauer zu untersuchen. Alle Aufwendungen, die unmittelbar und direkt mit der Initiative Tierwohl in Zusammenhang stehen, sollten zum Vorsteuerabzug rechtfertigen. Aber auch ein anteiliger Vorsteuerabzug aus den allgemeinen Produktionskosten wäre wohl sachgerecht. Regelbesteuerte Betriebe können dem gelassen entgegensehen, da sie ohnehin zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind. Nur pauschalierende Landwirte sind gefordert und sollten zumindest in jedem Fall einen anteiligen Vorsteuerabzug einfordern. Weiterhin können sie gegen die erteilten Gutschrift en über das Tierwohl-Entgelt mit 19 Prozent Mehrwertsteuer vorgehen und dagegen Widerspruch einlegen.

Die Initiative Tierwohl

Erstmals in Deutschland setzen sich Unternehmen und Verbände aus Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel gemeinsam für eine tiergerechtere und nachhaltigere Fleischerzeugung ein. Mit der Initiative Tierwohl wollen sie die Standards in der Nutztierhaltung für Schweine und Geflügel ausbauen. Dazu zahlen die zehn größten Lebensmitteleinzelhändler pro Kilo verkauftem Schweine- und Geflügelfleisch vier Cent in einen Tierwohl Fonds ein. 85 Millionen Euro sollen so pro Jahr zur Verfügung stehen. Die teilnehmenden Landwirte sollen dafür ihren Schweinestall nach bestimmten Kriterien tiergerechter machen. Im Einzelnen wird gefordert: mehr Platz, mehr Licht, bessere Luft und Material zum Spielen. Dafür sollen die Veredelungsbetriebe von den Schlachthöfen mehr Geld pro Tier bekommen. Gleiches gilt für Hühnermäster. Nach den Aussagen von Tierwohl sollen damit 12 Millionen Schweine und 200 Millionen Hühner tiergerechter gehalten werden. Beworben haben sich ca. 4.600 Schweinehalter für das Programm, angenommen wurden aber wegen der begrenzten finanziellen Mittel nur 2.142 Betriebe, die per Los ausgewählt wurden.