Flächeneffizienz – Der neue Indikator für den Betriebserfolg

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Die Flächen für Ackerbau und Viehzucht werden knapper und immer teurer. Das zwingt die Milchviehhalter zu einer intensiveren Nutzung und zur Optimierung ihrer Produktionstechnik.

War die Milchquote fast drei Jahrzehnte lang die bestimmende Größe, sind mittlerweile Grund und Boden oft der knappste Faktor für die betriebliche Entwicklung. Geplante Wachstumsschritte können nicht umgesetzt werden, weil die Kosten für die Flächen zu hoch oder benötigte Flächen nicht verfügbar sind. Die Steigerung der Flächeneffizienz gemessen in Kilogramm Milch je Hektar Fläche ist eine konsequente Reaktion auf diese Rahmenbedingungen.

Flächen- und Futterkosten exakt kalkulieren
Über 40 Prozent aller Erzeugungskosten der Milch entfallen auf das Futter. Die Flächenverwertung der Milcherzeugung ist zwar sehr hoch, erreicht aber in den Hotspots auch ihre Grenzen, wenn sie in Bezug zu den Pachtgeboten gesetzt wird. 100 Euro pro Hektar mehr an Pachtzahlung belasten die Kuh (ohne anteilige Nachzucht) mit rund 50 Euro. Bei einer Milchleistung von 8.000 Kilogramm je Kuh entspricht das 0,6 Cent für das Kilo Milch (siehe Abb. 1). Unter Berücksichtigung der weiblichen Nachzucht steigt dieser Wert sogar auf ein Cent je Kilo Milch. Dieser starke Hebel erklärt die Brisanz der Pachtpreisdiskussionen. Die Spanne der Gewinne von 800 bis über 2.000 Euro je Hektar Futterfläche verdeutlicht, warum einzelbetriebliche Kalkulationen für die Pachtobergrenze notwendig sind.

Abb_01

 

Große Unterschiede in der Flächeneffizienz
In der Praxis gibt es große Unterschiede, wie effizient die eigene Fläche für die Milcherzeugung genutzt wird. Betriebszweigauswertungen bayerischer Betriebe bewegen sich in einem Bereich zwischen 6.000 und über 15.000 Kilogramm Milch je Hektar Futterfläche. Süddeutsche Spitzenbetriebe mit überdurchschnittlichen Milchleistungen und Standortvorteilen erreichen teilweise über 18.000 Kilogramm Milch je Hektar (siehe Abb. 2). Dabei sind Flächeneffizienz und ökonomischer Erfolg deutlich positiv korreliert.

Die enormen Differenzen im Flächenbedarf je Kuh bzw. Kilogramm Milch lassen sich erklären mit Unterschieden in

  • der Milchleistung der Kühe,
  • den nutzbaren Futtererträgen nach Berücksichtigung aller Verluste (Netto-Flächenerträge),
  • der Futtereffizienz, das heißt der Umsetzung des Grobfutters in Milch (Qualität des Futters, Futtervorlage, Futterration),
  • der Intensität bzw. dem Umfang der Jungviehaufzucht (unter anderem Erstkalbealter, Erzeugung von Jungkühen für die Auktion) sowie
  • den Einsatzmengen zugekaufter Futtermittel (Kraftfutter, Saftfutter wie Biertreber, Grobfutter).

In Regionen mit hohen Futtererträgen und traditionell intensiven Bewirtschaftungssystemen begrenzt oft weniger die Futtermenge als vielmehr die Düngeverordnung betriebliche Entwicklungsschritte. Nach deren Vorgaben muss beim Überschreiten der Grenze von 170 Kilogramm Stickstoff aus tierischem Wirtschaftsdünger je Hektar entweder Gülle aus dem Betrieb „exportiert“ oder der Viehbestand reduziert werden.

Alternativen zur Flächenpacht entwickeln
Es liegt nahe, dass Betriebe mit hoher Einzeltierleistung, ausgelagerter Jungviehaufzucht und einer Strategie, viel Milch aus zugekauften Futtermitteln zu erzeugen, mit hohen Pachtpreisen deutlich besser umgehen können als Betriebe mit großem Flächenbedarf je Kuh. Allerdings gibt es etliche Möglichkeiten, mit der gegebenen Fläche effektiver umzugehen und die Flächenproblematik zu entschärfen.

Abb_02-1

  1. Intensivierung der Grobfuttererzeugung: Milcherzeuger sind auf hohe Grobfuttermengen und -qualitäten angewiesen. In der zurückliegenden Phase relativ günstiger Kraftfutterpreise und finanziell lukrativer Extensivierungsprogramme sowie der begrenzenden einzelbetrieblichen Milchquote trat der Wert der Fläche in den Hintergrund. Konsequente Grünlandsanierung ist nicht günstig, ermöglicht aber deutliche Ertrags- und Qualitätssteigerungen und damit eine Reduzierung der Futterkosten. Je nach den realisierbaren Effekten sind zusätzliche Bewirtschaftungskosten in Form von Nach- oder Neuansaaten zwischen 100 und 300 Euro je Hektar Grünland rentabel.
  2. Erhöhung der Futtereffizienz: Bevor mit hohem Aufwand zusätzliche Arbeitsgänge und Früchte in den Betrieb eingeführt werden, sollten im bestehenden System die Futterverluste minimiert werden. Allein über Silierverluste können über 20 Prozent des geernteten Guts verloren gehen. Aus jedem Prozent weniger Futterverlust lässt sich eine Gewinnsteigerung um 0,2 Cent pro Kilogramm (15 Euro je Kuh mit Nachzucht) ableiten.
  3. Steigerung der Milchleistung und Grobfutterleistung: Die im Vergleich zum Milcherlös steigenden Kraftfutterpreise tragen dazu bei, den Kraftfutteraufwand noch stärker zu optimieren. Meist gehen im Betrieb die Steigerung der Kraftfuttereffizienz, der Grobfutterleistung sowie der Milchleistung Hand in Hand. Hohe Milchleistungen auf Basis effizienten Kraftfuttereinsatzes erhöhen die Flächeneffizienz und die erwirtschafteten Gewinne.
  4. Optimierung der Jungviehaufzucht in Umfang und Intensität: Beim Erstkalbealter, bei der Remontierung oder bei der Selektion der Tiere in der weiblichen Nachzucht ergeben sich Möglichkeiten, mit weniger Fläche gleich viel Milch beziehungsweise mit der gleichen Fläche mehr Milch zu erzeugen. Die benötigten Futterflächen belaufen sich hierbei auf 0,3 bis über 0,5 Hektar je Kalbin, die maßgeblich von der Aufzuchtdauer und dem Erstkalbealter bestimmt werden.
  5. Futterzukauf und Aufbau von Futter- und Güllekooperationen: Ähnlich wie im Biogasbereich wird die Kooperation zwischen Marktfruchtbetrieben als Futterlieferanten und Milcherzeugern als Nährstofflieferanten zunehmen. Zwischen einem Güllewert von acht Euro/Kubikmeter (ohne Ausbringkosten) und den Entsorgungskosten, die in manchen norddeutschen Regionen bereits zehn Euro überschreiten, wird sich ein Markt entwickeln, der die Belange der Umwelt und die ökonomischen Interessen in Einklang bringt. Der Grundfutterzukauf erhöht die Flexibilität, aber auch die Abhängigkeit vom Futtermarkt. Ökonomisch ist der Zukauf von Futter sinnvoll, wenn die Kosten der Eigenerzeugung höher sind als die gängigen Marktpreise – was bisher oft der Fall ist.

Autor:
Dr. Gerhard Dorfner,
LfL Agrarökonomie München.
Gerhard.Dorfner@LfL.bayern.de

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