Turnaround & Strafrecht: Im Zweifel für den Unternehmer?

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Umfassende Sanierungsberatung erkennt auch strafrechtliche Aspekte und vermeidet damit mögliche gravierende Nachteile für alle Beteiligten.
Wirtschaftliche Schieflagen bergen nicht nur ökonomische und zivilrechtliche Gefahren – auch das Strafrecht kann plötzlich relevant werden. Daher ist es in der Unternehmenskrise ratsam, das Augenmerk auch auf Haftungsrisiken aus diesem Bereich zu richten. Hier hilft eine vorbeugende Strafrechtsberatung (sogenannte Criminal Compliance) durch Rechtsanwälte, die auf diesem sehr sensiblen Gebiet profunde Kenntnisse und breite Erfahrung mitbringen. Dann lassen sich drohende Gefahren richtig einschätzen und strafrechtliche Klippen nach Möglichkeit umschiffen.
Im Brennpunkt stehen zunächst Delikte des Insolvenzstrafrechts im engeren Sinne. So hat sich bei Kapitalgesellschaften oder auch bei einer GmbH & Co. KG die Geschäftsführung laufend darüber informiert zu halten, ob eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegt. Ihr obliegt die Pflicht, innerhalb der vergleichsweise kurzen gesetzlichen Frist einen (Eigen-)Insolvenzantrag zu stellen, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig ist oder eine Überschuldung ohne begründete Aussicht auf Fortbestehen des Unternehmens vorliegt. Kommt die Geschäftsführung dieser Pflicht aber nicht nach, erfüllt sie den Straftatbestand der Insolvenzverschleppung gemäß § 15a Insolvenzordnung.
Eine solche Sanktionsgefahr kann auch vermeintlich Außenstehende treffen, die zwar nicht offiziell zur Geschäftsführung berufen wurden, aber entsprechende Befugnisse offenkundig ausüben („faktische Geschäftsführung“). In diesem Rahmen gilt die strafrechtliche Insolvenzverschleppungshaftung auch für die jeweils zuständigen Mitarbeiter der finanzierenden Hausbank. Dies kann der Fall sein, wenn sich das Geldinstitut in der Unternehmenskrise bestimmte Zustimmungsvorbehalte hinsichtlich wirtschaftlicher Verfügungen seines Kunden einräumen lässt und dadurch selbst an der Geschäftsführung teilnimmt.
Bei einem gelungenen Turnaround werden diese eigentlichen Insolvenzstraftaten regelmäßig nicht verfolgt. In diesem Zusammenhang ist eine erfolgreiche Unternehmenssanierung – etwa durch rechtzeitige Beseitigung eventueller Insolvenzantragsgründe – häufig das probateste Mittel, um eine mögliche Strafbarkeit der Handelnden nachhaltig auszuschließen.
Doch allzu frühe Sorglosigkeit kann schaden. Selbst wenn überaus erfolgversprechende Sanierungsaussichten bestehen oder eine Sanierung bereits gelungen ist, sollten in der Nachschau die strafrechtlichen Aspekte keineswegs vernachlässigt werden. Auch ein erfolgreicher Turnaround schließt grundsätzlich nicht aus, dass krisenbedingtes Verhalten nachträglich strafrechtlich verfolgt werden kann. Es kommt gar nicht so selten vor, dass Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung, wenn sich die wirtschaftlichen Schwierigkeiten zuspitzen und finanzielle Engpässe auftreten, nicht mehr oder nicht rechtzeitig bezahlt werden und auch eine Stundungsvereinbarung mit den zuständigen Stellen fehlt.
In anderen Fällen werden gar keine Bilanzen mehr erstellt, weil die Vergütung des beauftragten Steuerberaters ausbleibt. Solche Unterlassungshandlungen sanktioniert das Strafrecht unabhängig von der abgewendeten Insolvenz (vgl. §§ 266a, 283 ff. Strafgesetzbuch).
Überdies müssen auch die Sanierungsmaßnahmen als solche den strafrechtlichen Vorgaben genügen. Bei Vergleichsverhandlungen etwa oder beim sogenannten Gläubigerpooling ist darauf zu achten, dass einzelne Gläubiger nicht bevorzugt werden; nur dann kann man dem Vorwurf einer strafbaren Gläubigerbegünstigung (vgl. 283c Strafgesetzbuch) entgehen.
 
Fazit
„Das Strafrecht ist im Sanierungsfall ständiger Begleiter: Es schlägt bei klassischen Delikten wie Insolvenzverschleppung durch und droht auch nach erfolgreichem Turnaround, etwa wenn Arbeitnehmer-Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt oder keine Bilanzen erstellt wurden. Darauf sollten Unternehmenssanierer achten.“