Flutkatastrophe spült Insolvenzantragspflicht für Betroffene weg

Flutkatastrophe spült Insolvenzantragspflicht für Betroffene weg

4 min.

Die Flutkatastrophe hat nicht nur das persönliche Hab und Gut sämtlicher Betroffener vernichtet. Auch die wirtschaftliche Existenz von Unternehmern steht auf dem Spiel.
Während nicht nur die Wasser- sondern auch die Medien- und Berichtsflut abebbt, ist eine Vielzahl der betroffenen Unternehmer immer noch mit den Folgen beschäftigt, sei es, die Betriebsstätte sowie Anlage- und Umlaufvermögen vom Schlamm zu befreien, sei es, Vorratslager wieder aufzufüllen oder dringend benötigte Maschinen für die Produktion erneut zu beschaffen. Während dieser Zeit können die betroffenen Unternehmen leider nicht die gewünschten Umsätze tätigen. Zahlungsverpflichtungen bleiben aber bestehen.
Soweit die Liquidität vieler Unternehmen nicht schon im Vorfeld der Flutkatastrophe angespannt war, ist bei einer Vielzahl von Unternehmen spätestens mit Eintritt der Flutkatastrophe nicht nur ein Liquiditätsengpass sondern auch die Zahlungsunfähigkeit eingetreten.
Gemäß § 15a Abs. 1 InsO müssen Geschäftsleiter von juristischen Personen und Gesellschaften, bei denen keine natürliche Person unbeschränkt haftet, beispielsweise GmbH, GmbH & Co. KG, AG oder Genossenschaften, bei Eintritt von Zahlungsunfähigkeit und/oder Insolvenz unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von drei Wochen, Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Kommen sie dieser Verpflichtung nicht nach, machen sie sich gemäß § 15a Abs. 4, 5 InsO strafbar. Darüber hinaus droht auch den antragspflichtigen Geschäftsleitern gem. § 823 Abs. 2 BGB, i. V. m. § 15a InsO die private Haftung gegenüber den Gläubigern.
Kann die Insolvenzantragspflicht nicht durch Zins- und/oder Tilgungsmoratorien und/oder Entschädigungs- oder Versicherungsleistungen abgewendet werden, innerhalb vorgenannter Dreiwochenfrist wäre die Insolvenzantragstellung unvermeidlich.
Der Gesetzgeber hat sich daher dazu entschlossen, die Insolvenzantragspflicht zur Klarstellung und Erleichterung der Verhandlungen bei Schadensabwicklung bis zum 31.12.2013 auszusetzen. Voraussetzung soll sein, dass Aussicht darauf besteht, dass die eingetretene Insolvenzlage durch erlangbare Versicherungs-, Entschädigungs- oder Spendenleistung oder durch eine Sanierungs- oder Finanzierungsvereinbarung sich beseitigen lässt. Eine Verlängerung der Aussetzung bis zum 31.03.2014 bleibt möglich, wenn sich herausstellen sollte, dass eine Vielzahl von Unternehmen zum Jahresende noch mehr Zeit benötigt, um Hilfsgelder zu erhalten oder erfolgversprechende Sanierungs- oder Finanzierungsverhandlungen abzuschließen.
Die grundsätzlich richtige gesetzgeberische Entscheidung, ein wirtschaftlich nicht mehr tragfähiges Unternehmen durch die Insolvenzantragspflicht aus dem Wirtschaftsverkehr herauszunehmen, falls es nicht mehr in der Lage ist, die eingetretene Insolvenz innerhalb von drei Wochen zu beseitigen, wird ausgesetzt. In aller Regel ist es den betroffenen Unternehmen innerhalb der sehr kurz bemessenen Frist nicht möglich, Versicherungs-, Spenden- oder andere Entschädigungsleistungen zu erhalten und mit der Vielzahl von Gläubigern Stundungs- oder Schuldenerlassmoratorien zu erreichen.
Die Finanzverwaltung und die Sozialversicherer haben ihrerseits angekündigt, auf Antrag bis zum 30.09.2013 von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen. Damit droht von dieser Gläubigergruppe nicht die Stellung eines Gläubigerantrages, der nach wie vor möglich ist. Klarstellend soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass lediglich die Insolvenzantragspflicht temporär dadurch ausgesetzt werden soll. Unbenommen bleibt es den Unternehmen, dennoch Insolvenzantrag zu stellen und in das Insolvenzverfahren einzumünden.
Allerdings sollten die betroffenen Geschäftsführer darauf achten, dass sie während des Bestehens einer Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung nicht einzelne Gläubiger mit Zahlungen bevorzugt bedienen. Dies widerspricht dem der Insolvenzordnung zugrunde liegenden Gedanken der Gläubigergleichbehandlung. Darüber hinaus würde sich der jeweilige Geschäftsführer auch der Gläubigerbenachteiligung strafbar machen. Auch hier droht eine persönliche Haftung des Handelnden.
Es bleibt nur zu hoffen, dass der Gesetzgeber mit seiner in der Sache sicherlich richtigen Initiative, nicht allzu hohe Voraussetzungen für die Erlangung dieses Privilegs schafft und auch praktikable Voraussetzungen, so dass mögliche Zweifelsfälle für die jeweiligen Geschäftsführer und Vorstände nicht zu deren Lasten gehen, da ansonsten auch hier wiederum deren private Haftung droht.