Legal-Tech auf dem gerichtlichen Prüfstand

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Die Einordnung von Legal-Tech-Unternehmen gestaltet sich zunehmend problematisch. Das liegt vor allem am Fehlen einer konkreten gesetzlichen Regelung. Bisher berufen sich die Unternehmen auf die rechtlichen Grundlagen von Inkassounternehmen.

Diese Einordnung wird nun vom BGH überprüft.

Wenigermiete.de als Legal-Tech-Unternehmen betroffen

Das Unternehmen ist insbesondere auf Beschwerden von Mietern zur Höhe der Miete spezialisiert. Zur Ermittlung erfolgsversprechender Beschwerden geben die Nutzer ihre Daten in eine Maske ein. Anschließend ermittelt ein Algorithmus die ortsübliche Vergleichsmiete. Sofern der jeweilige Mieter danach eine höhere Miete zahlt als rechtlich vorgesehen, kann er Wenigermiete.de mit der Durchsetzung der Ansprüche beauftragen. Dabei wird ein Honorar jedoch nur fällig, soweit die Durchsetzung Erfolg hat.

Vor dem BGH anhängig ist ein Fall, in dem es um Ansprüche eines Berliner Mieters bezüglich der Mietpreisbremse geht.

Geschäftsmodell eines Inkassounternehmens?

Das klassische Inkassogeschäft gestaltet sich eigentlich anders. Grundsätzlich werden die Inkassodienstleister von B2C-Unternehmen beauftragt, Forderungen gegen Verbraucher zu betreiben. Dass eine Inkassolizenz aber nicht nur auf diesen Einzelbereich beschränkt sein kann, ist mittlerweile überwiegend anerkannt.

Ob eine solche Lizenz für die Geschäfte von Wenigermiete.de hingegen ausreicht, ist höchstumstritten.

LG Berlin

Das LG Berlin entschied im konkreten Fall nicht zugunsten des Legal-Tech-Unternehmens. Das Portal sei schwerpunktmäßig kein Inkassounternehmen, sondern leiste ohne Erlaubnis Rechtsberatung im Internet.

Dabei hatte eine andere Kammer des LG Berlin bezüglich einer Klage der Rechtsanwaltskammer Berlin gegen Wenigermiete.de entschieden, dass es sich nur um die Bereitstellung von Online-Formularen und das bloße Abfragen von Daten sowie deren Auswertung zur Vorbereitung eines Inkassovertrags handele. Insoweit falle die Leistung nicht in den Bereich der Rechtsdienstleistungen.

Das sagt das Legal-Tech-Unternehmen

Wenigermiete.de verteidigt das eigene Geschäftsmodell mit der Behauptung, dass sie den Verbrauchern erst einen effektiven Rechtsweg ermöglicht haben. Vorher habe es kaum Mietpreisfälle gegeben. Mit der Einführung der Seite gebe es nun Zehntausende. Ebenfalls sei das Rechtssystem nicht für die vergleichsweise geringen Streitwerte ausgelegt. Das führe dazu, dass die meisten Verbraucher von einer Geltendmachung ihrer Ansprüche absehen.

Meinung der Bundesrechtsanwaltskammer

Die BRAK ist der Meinung, es gebe ein gutes System von Rechtsschutzversicherungen. Auch dadurch sei der Zugang zum Recht effektiv gewährleistet. Ebenfalls sei es nicht der richtige Weg im Sinne des Mandanten- und Verbraucherschutzes, sich bei einer Rechtsdienstleistung allein auf Algorithmen zu verlassen.

Erste Andeutungen des BGH

Die BGH-Richter haben bereits vorsichtig angedeutet, dass sie eine großzügige Auslegung des Begriffs „Inkasso“ für vorzugswürdig halten. Im Kern gehe es schließlich immer um Geldforderungen. Des Weiteren verfolgte der Gesetzgeber mit dem 2008 neu geschaffenen Rechtsdienstleistungsgesetz eine Modernisierung und Liberalisierung und mithin auch einen weiten Inkasso-Begriff.

Die Richter legten sich jedoch ausdrücklich auf kein Ergebnis fest.

Ein Urteil wird am 27.11.2019 erwartet.