Widerrufsrecht für die Ewigkeit?

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Wenn nicht oder nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen unterrichtet wird, gilt es zugunsten des Verbrauchers auf ewig. Diese Auffassung vertrat der BGH zumindest bisher.

Nach der jüngsten Entscheidung des EuGH werden diesbezüglich allerdings Änderungen folgen.

Der Sachverhalt

Im konkreten Fall nahmen zwei Verbraucher bei dem Kreditinstitut DSL 2007 – zwecks der Finanzierung eines Hausbaus – ein Darlehen auf. Etwa neun Jahre später wollten sie diesen Vertrag widerrufen. Zur Begründung gaben sie dabei an, dass das Informationsschreiben der Bank, durch welches die Verbraucher über ihr Widerrufsrecht informiert werden sollten, fehlerhaft gewesen sei.

Die Bank hingegen argumentierte, dass gemäß der europäischen Verbraucherschutzrichtlinie das Widerrufsrecht erlösche, falls der Vertrag auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers bereits beidseitig voll erfüllt wurde.

Bisherige Meinung des BGH

Nach der Rechtsauffassung des BGH hätte zugunsten der Verbraucher entschieden werden müssen.

Im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung entschied der Bundesgerichtshof nämlich bisher, dass der betroffene Verbraucher den geschlossenen Vertrag auf „ewig“ widerrufen könne.

Grundlage für den Widerruf ist die Richtlinie 2002/65. Danach tragen die Mitgliedstaaten dafür die Verantwortung, dass der Verbraucher innerhalb einer Frist von 14 Tagen einen im Fernabsatz geschlossenen Vertrag über Finanzdienstleistungen widerrufen kann.

Allerdings soll ein solches Recht einem Verbraucher nicht zustehen, sofern ein Vertrag auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin bereits beidseitig voll erfüllt wurde. Ein entsprechendes Umsetzungsgesetz findet sich auch im deutschen Recht wieder. Insofern war der § 312d Abs. 3 Nr. 1 BGB (alte Fassung) einschlägig. Laut BGH sollte dieser jedoch nicht auf im Fernabsatz geschlossene Verbraucherdarlehensverträge angewandt werden, sodass in solchen Fällen mithin ein „ewiges“ Widerrufsrecht entstand.

EuGH: Kein ewiges Widerrufsrecht!

Der EuGH machte mit seiner Entscheidung nun deutlich, dass die Auslegung des BGH der Richtlinie entgegensteht.

Denn auch im Fernabsatz erlösche ein Widerrufsrecht, falls der Vertrag auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers voll erfüllt werde. Es bleibe zwar weiterhin Sache der nationalen Gerichte, das gesamte innerstaatliche Recht zu berücksichtigen. Jedoch müsse erforderlichenfalls eine gefestigte nationale Rechtsprechung abgeändert werden, wenn sie mit der Richtlinie unvereinbar ist.

Fazit

Das ewige Widerrufsrecht existiert nunmehr – zumindest sofern es um Verbraucherdarlehensverträge geht – nicht mehr. Vielmehr bedarf es einer richtlinienkonformen Auslegung der entsprechenden nationalen Gesetze.

Ebenfalls sind Belehrungen mit einem Hinweis auf das vorzeitige Erlöschen als wirksam anzusehen. Der diesbezüglich restriktiven Einschätzung des BGH ist nicht (mehr) zu folgen. Dies muss zumindest im Rahmen der Verwirkung insoweit berücksichtigt werden, dass eine beiderseitige Erfüllung der Vertragspflichten bereits ein Indiz für das Umstandsmoment darstellt.