OTT-Kommunikation im Europarecht

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Fast jeder in der heutigen Zeit hat bereits Dienste genutzt, die auf Basis einer OTT-Kommunikation operieren. Prominente Beispiele solcher Anwendungen sind etwa Webmail-, Instant-Messaging-, oder Internettelefonie-Dienste.

Kürzlich äußerte sich nun der EuGH zur Einordnung solcher Dienste als elektronisches Kommunikationsmittel in zwei prominenten Verfahren (gegen Google und Skype).

OTT-Kommunikation als elektronische Kommunikationsmittel?

Als Grundlage der Einordnung dient der Art. 2 lit. c der Rahmenrichtlinie 2002/21/EG (RRL). In dieser wird ein elektronisches Kommunikationsmittel als ein gewöhnlich gegen Entgelt erbrachter Dienst bestimmt, der ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze besteht.

Entscheidend ist die Frage, ob die RRL zur Anwendung kommt oder nicht, für die EU-Mitgliedstaaten. Denn im Falle einer Anwendbarkeit müssen Anbieter elektronischer Kommunikationsmittel die telekommunikationsspezifischen Regelungen einhalten. Diese sehen insbesondere eine Meldepflicht sowie besondere Verbraucher- und Datenschutzbestimmungen vor.

Der EuGH ging in den Verfahren nun davon aus, dass die im Rahmen einer OTT-Kommunikation von Gmail und Skype ausgeübte Funktionalität nicht genüge, die Dienste ganz oder überwiegend als eine Signalübertragung einzuordnen. Das alleinige Aktivwerden der Dienste beim Senden und Empfangen bzw. Umwandeln der Nachrichten sei nicht ausreichend. Vielmehr seien weiterhin die Internetprovider und Betreiber der offenen Netze für die Signalübertragung verantwortlich. Schließlich stellen gerade diese die Übertragung der erforderlichen Signale sicher.

Auch der Faktor, dass Google eigene Kommunikationsmittel betreibe, ließe nicht notwendigerweise den Rückschluss zu, alle weiteren Dienste des Unternehmens als elektronische Kommunikationsmittel einzuordnen.

Konsequenzen der Einordnung

Für Gmail und Skype, aber auch grundsätzlich alle anderen Dienste auf Basis der OTT-Kommunikation, bedeutet die Entscheidung, dass sie zunächst nicht den sektorspezifischen Regelungen unterliegen.

Dies könnte sich jedoch bald ändern. Grund dafür ist der Europäische Kodex für die elektronische Kommunikation (EKEK), der bis zum 21.12.2020 von den EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden muss.

Die dortige Begriffsbestimmung elektronischer Kommunikationsmittel bezieht sich auch auf – weiter als die obige Entscheidung – gegen Entgelt über elektronische Kommunikationsnetze erbrachte „interpersonelle Kommunikationsdienste“. Charakteristisch fallen darunter solche Dienste, die die folgenden Anforderungen kumulativ aufweisen (Art. 2 Nr. 5 EKEK).

  • Ein direkter interpersoneller und interaktiver Informationsaustausch
  • mittels Benutzung elektronischer Kommunikationsnetze
  • zwischen einer endlichen Zahl von Personen,
  • bei dem der Empfänger von den Personen bestimmt wird, die am Kommunikationsakt beteiligt sind.

Abhängig davon, ob die Kommunikationsdienste dabei nummerngebundene oder nummernunabhängige Varianten darstellen, sollen die Regulierungsinstrumente stärker bzw. schwächer greifen. Welche Variante vorliegt, hängt maßgeblich davon ab, ob der Kommunikationsdienst an das öffentliche Fernsprechnetz angebunden ist. Ist das der Fall, liegt eine nummerngebundene Variante vor. Die stärkere Regulierung letzterer Dienste wird damit begründet, dass sie Teil eines öffentlich gesicherten interoperablen Ökosystems sind und daraus ihren Nutzen ziehen.

Was aber in concreto auf die Anbieter zukommt, kann zu diesem Zeitpunkt nicht abschließend geklärt werden. Dafür fehlt ein entsprechendes Umsetzungsgesetz auf nationaler Ebene. Die weiteren Entwicklungen bleiben mithin abzuwarten.