Financialright überschreitet Inkassobefugnis

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Laut LG Ingolstadt hat das Legal-Tech-Unternehmen „Financialright“ mit der Geltendmachung etwaiger Ansprüche von Verbrauchern im Rahmen des Dieselskandals seine Inkassobefugnis überschritten. Was bedeutet dieses Urteil für die gesamte Branche?

Das Geschäftsmodell von Financialright

Financialright hat sich auf die Geltendmachung massenhafter Ansprüche spezialisiert. Das Unternehmen ist dabei auch im Dieselabgasskandal aktiv und setzt als Inkassodienstleisterin Ansprüche aus abgetretenem Recht durch. Dadurch konnten allein im Dieselskandal über 2.800 Fahrzeugkäufer und damit Forderungen von insgesamt über 77 Millionen Euro akquiriert werden. Somit handelt es sich um eines der umfangreichsten Verfahren innerhalb der sog. Dieselklagewelle.

Die Entscheidung des Gerichts

Das LG Ingolstadt hat im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH festgestellt, dass die klageweise Geltendmachung von abgetretenen Ansprüchen durch Rechtsdienstleister wie etwa Financialright grundsätzlich zulässig ist. Allerdings seien im konkreten Fall die einzelnen Abtretungsvereinbarungen nichtig. Der Grund liege in den für die Käufer benachteiligenden Regelungen. Eben diese Regelungen seien nicht durch die Inkassodienstleistungsbefugnis gedeckt. Die Benachteiligung ergebe sich aus der vertraglichen Vereinbarung, dass im Falle eines Vergleichswiderrufs eines Käufers dessen gesamte Rechtsverfolgung für diesen nicht mehr kostenfrei sei. Daraus resultiere sowohl ein unzulässiger wirtschaftlicher Druck für den jeweiligen Käufer als auch ein Interessenkonflikt zwischen dem Käufer und Financialright. Beides münde in eine unzumutbare Benachteiligung, die insgesamt zur Nichtigkeit der Abtretungsvereinbarung führe.

Diese Feststellung betrifft das gesamte Gerüst der Klage. Denn ohne eine wirksame Abtretung kann Financialright die Ansprüche der Käufer nicht selbst geltend machen. Dementsprechend hat das Gericht die Klage abgewiesen. Insofern könnte Financialright unter bestimmten Voraussetzungen nun ein riesiger Haftungsprozess drohen.

Um die eingangs gestellte Frage zu beantworten, sind zweierlei Dinge zu beachten. Zum einen ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Zum anderen handelt es sich hierbei um einen Einzelfall, aus dem andere Unternehmen hinsichtlich der konkreten Gestaltung ihres Geschäftsmodells eine Lehre ziehen sollten.

Schlussendlich hat das Gericht die eigentliche Rechtsgrundlage von Legal-Tech-Unternehmen an sich bestätigt. Vor dem Hintergrund aber gerade dieser Rechtsgrundlage sollten (und werden) Benachteiligungen der Kunden (wohl) dringendst vermieden werden. Nicht nur, weil die Unternehmen mit enormen Haftungsrisiken belastet sind, sondern auch, weil das Image einer gesamten Branche darunter nachhaltig geschädigt werden könnte.