Filesharing: Keine Klageveranlassung bei Nichtabgabe zu weit gefasster Unterlassungserklärungen

3 min.

Das Oberlandesgericht Köln hat der weit verbreiteten Praxis von Filesharing-Abmahnern, zu weit gefasste Unterlassungserklärungen zu verlangen, einen Dämpfer erteilt. In einer Vielzahl von Fällen verlangen Rechteinhaber in ihren standardisierten Abmahnungen und vorformulierten Unterlassungserklärungen die Verpflichtung, keine weiteren urheberrechtlich geschützten Werke des Rechteinhabers zum Download bereitzustellen. Sinn dieser weitgefassten Erklärung ist es regelmäßig, bei einem neuen Verletzungsfall die Vertragsstrafe geltend machen zu können und nicht ein weiteres Mal abmahnen zu müssen.

Bei Abgabe einer solchen Erklärung ist aus Sicht der Rechteinhaber die gewollte maximale Abschreckung erreicht, da das Risiko bei fortgesetztem Filesharing, wieder auf ein Werk des Rechteinhabers zu treffen, groß ist.

Nur: Ein Anspruch auf Abgabe einer derart weit gefassten Erklärung besteht nicht.Die notwendige Wiederholungsgefahr für eine Rechtsverletzung bezieht sich nämlich nur auf die sog. konkrete Verletzungshandlung,  d. h. unjuristisch ausgedrückt auf das, was der Rechteverletzer genau gemacht hat, nämlich das Sharen eines bestimmten Werks. Dagegen kann grundsätzlich nicht angenommen werden, ein Rechteverletzer verfüge über die Dateien zu sämtlichen urheberrechtlich geschützten Werken des Rechteinhabers.

Genauso regelmässig nehmen Rechteinhaber in ihre Abmahnungen den Hinweis auf, dass Abänderungen der vorformulierten Unterlassungserklärung möglicherweise die Wiederholungsgefahr nicht beseitigen.

Das Oberlandesgericht Köln hat nunmehr soweit ersichtlich erstmals für ein Gericht, in einem Kostenbeschluss, ausgesprochen, dass derartige Abmahnungen unwirksam sind und ein Schweigen darauf auch keine sog. Klageveranlassung gibt (OLG Köln Beschluss vom 20.05.2011, Az.: 6 W 30/11). Es schränkt die sog. Antwortpflicht auf Abmahnungen ein, wenn einem Verbraucher durch die Abmahnung nicht ausreichend Anhaltspunkte gegeben werden, wie dieser sich rechtskonform verhalten kann – der Rechteinhaber dürfe durch den Inhalt der Abmahnung einen Verbraucher nicht von der Abgabe einer ausreichenden Unterlassungserklärung abhalten. Tut er dies, darf er umgekehrt bei einem Schweigen auf die Abmahnung nicht davon ausgehen, der Verbraucher sei nicht gewillt, eine ausreichende Erklärung abzugeben.

Das Oberlandesgericht unterscheidet also zwischen Abmahnungen gegenüber gewerblichen Rechteverletzern und Privaten: Der Gewerbetreibende ist regelmässig wie der Rechteinhaber rechtlich beraten, ihm ist zuzumuten, den Umfang der geschuldeten Erklärung selbst bestimmen zu können.

Das Urteil trifft die gesamte Branche.

Die Rechteinhaber müssen davon ausgehen, dass eine Vielzahl ihrer bisherigen Abmahnungen unter diesem Mangel leiden und für die Zukunft ihre Abmahnpraxis umstellen. Die auf die Rechtsverteidigung von Abgemahnten spezialisierten Kollegen müssen ihren Mandanten entweder zum Schweigen raten. Oder aber die Anwälte der Abgemahnten bekommen jetzt Unterlassungserklärungen zur Prüfung, an denen es nichts mehr abzuändern gibt – genauso schlecht für das Geschäft, denn wie rechtfertigt sich letztlich noch ein Anwaltshonorar, wenn man gar nichts tut?

Ich bin jedenfalls gespannt, wie sich die Abmahnbranche auf beiden Seiten auf dieses Urteil einstellt.