21. April 2021

Unternehmensnachfolge: Verschonung von Unternehmensübertragungen und unser Monitoring-Programm

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Im dritten Beitrag der Reihe „Unternehmensnachfolge“ geht Steuer-Experte Akram Juja dieses Mal gezielt auf Verschonung von Unternehmensübertragungen (§§ 13a, 13b ErbStG) ein. Dabei betrachtet er außerdem den Einsatz unseres mandantenindividuellen Monitoring-Programms. Die Regel- oder Optionsverschonung von Unternehmen bietet Möglichkeiten einer (teilweisen) erbschaft-/ schenkungsteuerfreien Übertragung von begünstigtem Vermögen an die nächste Generation. Jedoch ist jede Befreiung an bestimmte Bedingungen geknüpft, die im Vorfeld, wie auch in bestimmten Fristen nach der Übertragung erfüllt sein müssen.

(Der nachfolgende Beitrag ist fachlich stark vereinfacht und dient zur kurzen Veranschaulichung der Verschonungssystematik. Im Fall einer Übertragung muss eine detaillierte und individuelle Prüfung durchgeführt werden.)

Die Options- oder Regelverschonung kommt in Frage für folgendes begünstigtes Vermögen

  • Land- und forstwirtschaftliches Vermögen
    (genaue Prüfung von Ausnahmen notwendig)
  • Betriebsvermögen
    (zum Beispiel ganzer Gewerbebetrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil)
  • Kapitalgesellschaften
    (Mindestbeteiligung > 25 Prozent)

Dabei muss sich das begünstigte Vermögen im Inland, der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum befinden.

Verschonung von Unternehmensübertragungen: Regelverschonung

Sind die Voraussetzungen erfüllt, ist das sogenannte begünstigte Betriebsvermögen (höchstens 26 Millionen Euro) grundsätzlich zu 85 Prozent steuerfrei übertragbar.
Das bedeutet, dass lediglich 15 Prozent des Betriebsvermögens der Erbschaft-/ Schenkungsteuer unterliegen, zzgl. des steuerpflichtigen Verwaltungsvermögens.
Bei Erwerben > 26 Millionen Euro kann zum Beispiel das separat zu thematisierende Abschmelzmodell bzw. die Verschonungsbedarfsprüfung in Betracht gezogen werden.

Verschonung von Unternehmensübertragungen: Optionsverschonung

Sind die Voraussetzungen erfüllt, ist das sogenannte begünstigte Betriebsvermögen (höchstens 26 Millionen Euro ) auf Antrag zu 100 Prozent steuerfrei übertragbar. Lediglich ein gegebenenfalls vorliegendes, steuerpflichtiges Verwaltungsvermögen wäre Gegenstand der Besteuerung.
Bei Erwerben > 26 Millionen Euro kann zum Beispiel das separat zu thematisierende Abschmelzmodell bzw. die Verschonungsbedarfsprüfung in Betracht gezogen werden.

Beispiel:

Unternehmensnachfolge: Verschonung von Unternehmensübertragungen und unser Monitoring-Programm - Unternehmensübertragungen - Unternehmensnachgolge 01

 

Verschonung von Unternehmensübertragungen: zu erfüllende Voraussetzungen

Um die Options- oder Regelverschonung in Anspruch nehmen zu können, muss der sogenannte „90-Prozent-Test” als Eintrittstor im Zeitpunkt der Übertragung bestanden werden. Vereinfacht ausgedrückt ist der 90 Prozent-Test bestanden, wenn das sogenannte Verwaltungsvermögen weniger als 90 Prozent des Unternehmenswertes darstellt.
Grundsätzlich ist dann die Regelverschonung möglich (85 Prozent des begünstigten Vermögens steuerfrei).
Wird auch der sogenannte „20-Prozent-Test“ bestanden, ist auf Antrag die sogenannte Optionsverschonung (100 Prozent des begünstigten Vermögens steuerfrei) möglich.
Zur Veranschaulichung der Wirkung der Regel- und Optionsverschonung schauen Sie sich bitte Bild 1 an.
Die einzelnen Berechnungsschritte werden an dieser Stelle nicht besprochen, um die Komplexität nicht drastisch zu erhöhen. Eine genaue Berechnung und Einzelprüfung des Verwaltungsvermögens wäre aber im Übertragungsfall zwingend notwendig.

Verwaltungsvermögen – eine kurze Definition

Um diese Frage zu beantworten, haben wir das nachfolgende, stark vereinfachte Schaubild vorbereitet:

Unternehmensnachfolge: Verschonung von Unternehmensübertragungen und unser Monitoring-Programm - Unternehmensübertragungen - Unternehmensnachgolge 02

 

Dabei ist das gesamte Unternehmen zu betrachten. Im Sinne dieser Vorschrift ist das Unternehmensvermögen in sogenanntes Produktivvermögen (erbschaft-/schenkungsteuerlich gutes Vermögen) und in das sogenannte Verwaltungsvermögen (erbschaft-/schenkungsteuerlich schlechtes Vermögen) zu untergliedern.
Dabei ist auch das Verwaltungsvermögen zu gemeinen Werten heranzuziehen. Wird zum Beispiel ein Grundstück an Dritte überlassen oder hält das zu übertragende Unternehmen Anteile an einer nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft mit einer Beteiligungsquote kleiner gleich 25 Prozent, sind sowohl das Grundstück als auch die Kapitalgesellschaft zu bewerten und entsprechend als Verwaltungsvermögen zu berücksichtigen.

Wie ist es zu beurteilen, wenn ich sonstiges Verwaltungsvermögen in mein Unternehmen eingelegt habe oder mein Unternehmen sonstiges Verwaltungsvermögen selbst angeschafft oder hergestellt hat?

Sofern sonstiges Verwaltungsvermögen innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Übertragungsstichtag in die Gesellschaft eingelegt oder durch die Gesellschaft angeschafft oder hergestellt wurde, handelt es sich um sogenanntes junges Verwaltungsvermögen. Das junge Verwaltungsvermögen wird von jeder Verschonung ausgeschlossen und unterliegt „voll“ der Erbschaft-/Schenkungsteuer.

Auch hierzu ein kurzes Beispiel

Sie verfügen über eine Lagerhalle in Ihrem Privatvermögen, welches Sie vollständig an den fremden Nachbarbetrieb vermieten. Nun legen Sie diese Lagerhalle in Ihren eigenen Betrieb ein und die Vermietung an den fremden Nachbarbetrieb bleibt weiterhin bestehen. Die Lagerhalle im Betriebsvermögen stellt Verwaltungsvermögen dar, da diese an einen Dritten (Nachbarbetrieb) überlassen wird.
Ein Jahr später übertragen Sie den Betrieb auf Ihr Kind. Da die Einlage der Lagerhalle innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Übertragung erfolgte, handelt es sich um junges Verwaltungsvermögen, welches „voll“ der Erbschaft-/Schenkungsteuer unterliegt.

Zur Erleichterung nachfolgend ein vereinfachtes Prüfschema:

Unternehmensnachfolge: Verschonung von Unternehmensübertragungen und unser Monitoring-Programm - Unternehmensübertragungen - Unternehmensnachgolge 03

 

Wie ist es zu beurteilen, wenn ich Geld in mein Unternehmen einlege und dann innerhalb von zwei Jahren übertrage?

Hier ist zu prüfen, ob es sich um junge Finanzmittel handelt, welche ebenfalls „voll“ der Erbschaft-/ Schenkungsteuer unterliegen.
Dabei sind junge Finanzmittel der positive Saldo aus Entnahmen und Einlagen aus und in das Unternehmen innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Übertragung. Hierbei ist auf Besonderheiten und Unterschiede zwischen Personengesellschaften (zum Beispiel hinsichtlich des Sonderbetriebsvermögens) und Kapitalgesellschaften hinzuweisen, die gewürdigt werden müssen.

Zur Veranschaulichung ein vereinfachtes Beispiel:
Sie haben innerhalb der letzten zwei Jahre 100.000 Euro entnommen und 300.000 Euro eingelegt, der Gewinn betrug für beide Jahre zusammen 100.000 Euro.
Demnach liegen 100.000 Euro junge Finanzmittel vor, die „voll“ der Erbschaft-/Schenkungsteuer unterliegen würden.

Kann das Vorliegen von jungem Verwaltungsvermögen und jungen Finanzmitteln die Optionsverschonung im Gesamten gefährden?

Ja, denn im Rahmen des oben beschriebenen 20-Prozent-Tests werden das junge Verwaltungsvermögen und die jungen Finanzmittel vollständig einbezogen. Gegensätzlich dazu werden das reguläre Verwaltungsvermögen und die regulären Finanzmittel vereinfacht gesagt um die Verbindlichkeiten und den Sockelbetrag sowie einem Schmutzzuschlag verringert.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass das Vorliegen von jungem Verwaltungsvermögen und jungen Finanzmitteln dazu führen kann, dass Sie eine Optionsverschonung nicht in Anspruch nehmen können, obwohl der 20-Prozent-Test im „regulären“ Fall bestanden worden wäre.

Voraussetzungen (Behaltensregeln) zur Übertragung

  • Einhaltung der Lohnsummenregel
    (siehe unser Blog Teil 1 und Teil 2)
  • Keine Veräußerung oder Aufgabe
    (Die Aufgabe eines Betriebs oder Teilbetriebs und die Entnahme einer wesentlichen Betriebsgrundlage steht der Veräußerung gleich, ebenso die Betriebsverlegung in Drittstaaten)
  • Keine Überentnahmen
    (Alle Entnahmen, die die Summe aller Einlagen und Gewinne des gesamten Behaltenszeitraum um mehr als 150.000 Euro übersteigen)

Die Behaltensfrist beträgt fünf Jahre bei der Regelverschonung und sieben Jahre bei der Optionsverschonung.

Unsere Einschätzung

Die gesamte Thematik ist sehr komplex. Für Sie stellt sich wahrscheinlich die Frage, wie Sie eine mögliche Übertragung (Schenkung oder Erbfall) so vorbereiten können, dass eine Verschonung möglich ist und Ihr:e „Nachfolger:in“ steuerlich möglichst gering belastet wird. Zudem stellt sich für Sie die Frage, wie Sie einen “versehentlichen” Verstoß gegen die einzuhaltenden Voraussetzungen (“Behaltensregeln“) vermeiden können.
Grundsätzlich gibt es zwei kombinierbare Bausteine. Wir empfehlen:

Vor der Übertragung: Probesterben/-schenken für Planungszwecke

Durchführung eines sogenannten rechnerischen Probesterbens/-schenkens , in dem wir die Voraussetzungen der Options- oder Regelverschonung prüfen. Stellt sich dann heraus, dass die Voraussetzungen für eine Regel- oder Optionsverschonung nicht erfüllt sind, zeigen wir Ihnen, woran es liegt und durch welche Änderungen / Umstrukturierungen die Voraussetzungen erfüllt werden können. So kann in jedem Fall verhindert werden, dass „blind“ übertragen wird, wodurch eine gegebenenfalls existenzgefährdende Erbschaft-/Schenkungsteuerbelastung entstehen kann.

Nach der Übertragung: Unser Monitoring-Programm

Unternehmensnachfolge: Verschonung von Unternehmensübertragungen und unser Monitoring-Programm - Unternehmensübertragungen - Grafiken Juja 06

  • Wir können Ihnen im Rahmen eines Veräußerungsszenarios darstellen, wie hoch eine Nachversteuerung wäre, wenn Sie zum Beispiel das Unternehmen innerhalb der Behaltensfrist veräußern würden. Die bereits verstrichenen Jahre in denen die Anteile nach der Übertragung nicht veräußert wurden, werden vereinfacht gesagt nicht nachversteuert.
  • Wir können für Sie ein Lohnsummenmonitoring für jedes Jahr der Behaltensfrist durchführen (Teil 1) und Ihnen Ihren Handlungsspielraum bei Personalentscheidungen veranschaulichen oder auch auf Handlungsnotwendigkeiten hinweisen. Letzteres zum Beispiel, indem wir Ihnen mitteilen, dass Sie zum letzten endenden Jahr der Behaltensfrist wahrscheinlich die Lohnsummenregel nicht einhalten werden können. Dann können Sie abwägen, ob eine Nachversteuerung hinzunehmen ist oder ob es zum Beispiel ohnehin betrieblich sinnvoll ist, mehr Personal einzustellen oder Gehälter und Löhne zu erhöhen.
  • Wir checken für Sie im Rahmen einer Überentnahmeprüfung, ob vor dem Ende der Behaltensfrist eine Überentnahmetatbestand vorliegt. Da unsere Prüfung zum Beispiel im oder vor dem letzten in der Behaltensfrist endenden Wirtschaftsjahr erfolgt, ermöglichen wir Ihnen somit den zeitlichen Handlungsspielraum, den Überentnahmetatbestand, zum Beispiel durch eine Einlage zu verhindern.

Sprechen Sie uns bei Fragen jederzeit gerne an!

Blogreihe

  1. Lohnsumme in der Coronakrise: Vorsicht bei bereits getätigten Übertragungen
  2. Chancen für geplante Übertragungen durch niedrige Lohnsummen in der Corona-Krise
  3. Verschonung von Unternehmensübertragungen und unser Monitoring-Programm
  4. Steuerliche Unternehmensbewertung in der Corona-Krise
  5. Übertragung einer GmbH als begünstigte Vermögensübertragung durch Zahlung einer Versorgungsleistung
  6. Die Familienheimschaukel in der Vermögensnachfolge
Akram Juja

Associate Partner, Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.), Master of Science, Leiter Unternehmens- und Vermögensnachfolge

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