Tankgutscheine und Werbeeinnahmen statt Arbeitslohn sind beitragspflichtig
24.02.2021
Viele Arbeitgeber geben ihren Arbeitnehmern per Gehaltsumwandlung monatlich Tankgutscheine oder mieten Werbeflächen auf deren Privatautos. Das Bundessozialgericht hat jetzt entschieden, dass dies nicht immer sozialversicherungsfrei möglich ist. Ecovis-Rechtsanwältin Anne-Franziska Weber in München erläutert, dass das nur zusätzlich zum Lohn geht.
Was musste das Bundessozialgericht entscheiden?
Ein Arbeitgeber hatte mit seinen Arbeitnehmern eine Gehaltsumwandlung vereinbart. Sie verzichteten auf 65 Euro des Arbeitslohns. Stattdessen bekamen sie vom Arbeitgeber monatlich einen 44-Euro-Tankgutschein. Außerdem zahlte der Arbeitgeber jedem Arbeitnehmer für Werbung auf den Privatautos der Mitarbeiter eine monatliche Miete von 21 Euro. Der Arbeitgeber behandelte Tankgutschein und Miete steuer- und beitragsfrei. Die Deutsche Rentenversicherung sah darin aber beitragspflichtigen Lohn und forderte knapp 13.000 Euro Sozialversicherungsbeiträge nach. Das Landessozialgericht gab dem Arbeitgeber recht und hob die Bescheide der Rentenversicherung auf.
Was haben die Richter entschieden?
Die Richter des Bundessozialgerichts kassierten das Urteil des Landessozialgerichts wieder (B 12 R 21/18 R). Zum Nachteil des Arbeitgebers gaben sie der Deutschen Rentenversicherung recht. Eine Gehaltsumwandlung ist sozialversicherungsrechtlich nicht zulässig und führt daher zu sozialversicherungspflichtigem Arbeitslohn. Auch für Tankgutscheine bis 44 Euro gilt nichts anderes. Somit muss der Arbeitgeber die knapp 13.000 Euro Sozialversicherungsbeiträge bezahlen.
Was müssen Arbeitgeber jetzt tun?
„Arbeitgeber sollten prüfen, ob sie steuer- und beitragsfreie Gehaltsbestandteile im Rahmen einer Gehaltsumwandlung an ihre Mitarbeiter zahlen“, rät Ecovis-Rechtsanwältin Anne-Franziska Weber in München. Denn auf solche Gehaltsbestandteile müssen sie jetzt Sozialversicherungsbeiträge zahlen.
„Wer künftig seinen Arbeitnehmern mit steuer- und beitragsfreien Gehaltsbestandteilen etwas Gutes zu tun möchte, der sollte dies zusätzlich zum bisher gezahlten Arbeitslohn machen. So vermeiden Arbeitgeber das Risiko der Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen“, sagt Weber.
Gelten diese Regelungen auch für die Steuerfreiheit?
Bei Tankgutscheinen bis 44 Euro gilt seit 2020, dass Arbeitgeber sie nur noch zusätzlich zum Arbeitslohn gewähren dürfen. Sonst geht die Steuerfreiheit verloren. Zum Thema Vermietung von Werbeflächen muss der Bundesfinanzhof (anhängig unter Aktenzeichen: VI R 20/20) noch entscheiden, ob es sich dabei um Arbeitslohn handelt.
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Welche steuerfreien und pauschal zu versteuernde Leistungen es gibt, erfahren Sie in unserer Broschüre „Steuerfreie Arbeitgeberleistungen“. Mehr Informationen und Details zur Bestellung finden Sie unter www.ecovis.com/steuerfrei.
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Kurzarbeit und Urlaub 2021: Was Arbeitgeber beachten müssen
24.02.2021
Arbeitnehmer sollen sich während ihres Urlaubs erholen. Sind Mitarbeiter aber in Kurzarbeit, dann gelten andere Regeln. Denn ein Unternehmen hat nur dann Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn der Arbeitsausfall unvermeidbar ist. Doch wann müssen Arbeitnehmer ihren Urlaub 2021 nehmen, um Kurzarbeit zu vermeiden? Was ist mit Resturlaub aus 2020? Und worauf müssen Arbeitgeber besonders achten? Die Antworten kennt Ecovis-Arbeitsrechtler Thorsten Walther in Nürnberg.
Was gilt für den Resturlaub 2020, wenn ein Unternehmen Kurzarbeit anmelden möchte?
Haben Arbeitnehmer noch Resturlaub aus 2020, dann müssen sie diesen zur Vermeidung von Kurzarbeit nehmen. Ist der Resturlaub aber bis Ende März 2021 schon fest verplant, dann können Mitarbeiter ihn wie geplant nehmen. Sie müssen ihn dann nicht einsetzen, um Kurzarbeit zu vermeiden.
Müssen Arbeitnehmer ihren Urlaub 2021 zur Vermeidung von Kurzarbeit nehmen?
Grundsätzlich ja. Erleichterungen wie 2020 soll es laut Bundesarbeitsagentur für das Jahr 2021 nicht mehr geben. Dieses Jahr gilt: Arbeitnehmer müssen zuerst ihren Urlaub abbauen, bevor ihr Arbeitgeber sie in Kurzarbeit schicken kann.
Dürfen Mitarbeiter ihren Urlaub dennoch zur Erholung nutzen?
Wer seinen Urlaub zur Erholung nutzen möchte, der muss den Urlaub für 2021 möglichst vollständig verplanen. Bereits verplanter Urlaub lässt sich nicht mehr zur Vermeidung von Kurzarbeit nehmen.
Wie lässt sich verplanter Urlaub nachweisen?
Am besten erstellen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Urlaubsplan für 2021. Falls die Agentur für Arbeit das später überprüft, dann können sie die komplette Urlaubsplanung schriftlich vorlegen. Auch mit schriftlichen Urlaubsanträgen der Mitarbeiter lässt sich nachweisen, dass Urlaubstage bereits verplant sind.
Bis wann müssen Arbeitgeber Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit anzeigen?
Haben Arbeitgeber mit ihren Arbeitnehmern Kurzarbeit vereinbart, dann müssen sie das sofort ihrer zuständigen Arbeitsagentur melden. Die Anzeige muss im gleichen Monat bei der Arbeitsagentur eingehen, in dem die Kurzarbeit beginnt. Melden Arbeitgeber die Kurzarbeit zu spät an, dann haben sie für diesen Monat keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.
Selbst wenn Arbeitgeber schon einmal für 2020 Kurzarbeit gemeldet haben, kann eine neue Anzeige notwendig sein. Wurde drei Monate lang kein Kurzarbeitergeld beantragt, dann ist eine neue Anzeige notwendig. Arbeitgeber sollten dringend auf den Bewilligungszeitraum im Bescheid der Arbeitsagentur achten und diesen bei Bedarf verlängern.
Auf was müssen Arbeitgeber achten, die jetzt Kurzarbeit anmelden wollen?
Wer jetzt Kurzarbeit einführen möchte, sollte vorab prüfen, ob Mitarbeiter noch nicht verplanten Urlaub haben, der sich zur Vermeidung von Kurzarbeit einsetzen lässt. Damit es keinen Streit gibt, empfehle ich immer, im Vorfeld mit jedem Arbeitnehmer zu klären, ob sich der Urlaub zur Vermeidung von Kurzarbeit einsetzen lässt oder ob Arbeitnehmer andere Urlaubswünsche haben.
Wie wirkt sich der Brexit auf bestehende europäische Marken und schwebende Anmeldeverfahren aus?
23.02.2021
Mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (EU) und dem Ablauf der Übergangsfrist zum 31. Dezember 2020 ergeben sich auch für EU-Marken rechtliche Konsequenzen.
Mit Ablauf der Übergangsfrist entfällt für Großbritannien die Schutzwirkung von EU-Marken. Stattdessen erstellt das Amt für geistiges Eigentum des Vereinigten Königreichs (UKIPO) „geklonte“ Kopien von eingetragenen EU-Marken und internationalen Registrierungen, in denen die EU benannt ist, im Markenregister des UKIPO. Dieser Klonprozess ist auf Marken beschränkt, die vor dem 1. Januar 2021 eingetragen wurden. Im Ergebnis entsteht neben der weiter bestehenden, auf das verbliebene Gebiet der EU beschränkten EU-Marke eine nationale Marke für das Vereinigte Königreich. Die Priorität der EU-Marke wird übernommen, das heißt für die Schutzwirkung ist das Anmeldedatum der EU-Marke relevant. Damit entstehen für die Vergangenheit keine zeitlichen Schutzlücken.
Die Eintragungen der Klonmarken in das britische Register erfolgen kostenfrei.
Jedoch bekommen Markeninhaber und/oder -vertreter, jedenfalls nach den bisherigen Erfahrungen, keine Information über die Eintragung in das britische Markenregister. Sie erhalten über die Eintragung auch keine Markenurkunde. Daher empfiehlt es sich für Inhaber von EU-Marken, die vor dem 01.01.2021 registriert worden sind, sich durch Einsicht in das britische Markenregister von der ordnungsgemäßen Übernahme der Marke zu überzeugen.
Das UKIPO informiert über anstehende Verlängerungen der Klonmarken ebenso wie bei originären britischen Marken. Hier ist zu überprüfen, ob die Registerangaben, insbesondere die postalischen Anschriften von Markeninhabern oder -vertretern, noch aktuell sind. Diese sind entweder zu korrigieren oder es ist gegebenenfalls durch interne Fristüberwachungsmaßnahmen sicherzustellen, dass zu gegebener Zeit nicht nur die EU-Marke, sondern auch die britische Marke verlängert wird. Wer für Großbritannien keinen Markenschutz benötigt, muss nichts weiter unternehmen. Die Marke wird bei Nichtverlängerung gelöscht.
Für Anmeldungen, die am 01. Januar 2021 anhängig waren, haben die Anmelder neun Monate – bis zum 30. September 2021 – Zeit, um die Eintragung von Marken beim UKIPO zusätzlich zu beantragen und damit das frühere Anmeldedatum der anhängigen EU-Marke beizubehalten. Nach Ablauf dieser Frist sind Markenanmeldungen separat sowohl beim EUIPO als auch beim UKIPO einzureichen, um den Schutz in beiden Rechtsordnungen sicherzustellen.
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Trotz Corona fühlen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Ecovis wohl: 79 Prozent von ihnen empfehlen Ecovis als Arbeitgeber weiter. Deshalb hat das auf den Mittelstand spezialisierte Beratungsunternehmen wieder die Auszeichnung „Top-Arbeitgeber“ erhalten. Ermittelt hat Focus-Business das Ergebnis mithilfe des Arbeitgeber-Bewertungsportals kununu.
Ecovis ist ein Top-Arbeitgeber, meinen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ecovis. Die Studie des Magazins Focus-Business platzierte das Unternehmen auf Platz 439 von 1.000 Unternehmen – also 89 Plätze besser als im Vorjahr. In der Kategorie „Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung“ erreichte Ecovis Platz elf von 19. „Das zeigt, dass sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trotz Homeoffice und Homeschooling gut aufgehoben fühlen“, sagt Ecovis-Vorstand Tom Streicher.
Arbeiten bei Ecovis während Corona
Mindestabstände, Hygienevorschriften und digitale Zusammenarbeit – auch bei Ecovis hat sich aufgrund der Corona-Pandemie einiges geändert. „Zum Glück haben unsere Kanzleien in ganz Deutschland viele unterschiedliche Wege gefunden, wie sie weiterhin effizient arbeiten und für ihre Mandanten da sein können“, so Streicher. Ecovis hat schon im letzten Frühjahr 500 Homeoffice- und 900 mobile Arbeitsplätze eingerichtet. Viele Kanzleien nutzen Schichtbetrieb oder die Kollegen weichen in Besprechungsräume aus.
Über die Serviceplattform Ecovis Online arbeiten die Mitarbeiter von Ecovis digital mit ihren Mandanten zusammen. Und seit der Krise nutzen jetzt noch mehr Mandanten die Plattform. „Obwohl wir bereits vor Corona Dokumente digital ausgetauscht haben, hat uns die Krise einen ordentlichen Schub gegeben. Jetzt merken wir alle, dass uns die Digitalisierung einen echten Nutzen bietet“, erklärt Tom Streicher.
Danke an alle Mitarbeiter
Mit Anträgen auf Kurzarbeitergeld und für immer neue Corona-Hilfen sowie ständig neue steuerliche und rechtliche Änderungen sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ecovis-Kanzleien derzeit stark gefordert. „Wir wissen das und danken allen für ihren besonderen Einsatz“, lobt Ecovis-Vorstand Streicher. Der besondere Stellenwert der Mitarbeiter zeigt sich auch im neuen Leitgedanken in der Personalarbeit bei Ecovis und im Stellenportal Ecovis Karrierewelt. „Das Motto ‚Besser mit dir‘ bringt es auf den Punkt: Jeder ist uns wichtig, nicht nur neue, sondern auch unsere treuen und langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, erläutert Tom Streicher.
Über die Top-Arbeitgeber Studie
Auch dieses Jahr veröffentlicht das Magazin Focus-Business eine Liste über Deutschlands 1.000 Top Arbeitgeber mit mehr als 500 Mitarbeitern. In Zusammenarbeit mit dem Bewertungsportals kununu hat Focus eine Vorauswahl an Unternehmen getroffen, die unter anderem mindestens 50 Bewertungen und eine Weiterempfehlungsrate von mindestens 60 Prozent haben. Anhand der kununu-Bewertungen vergab Focus den bestplatzierten Unternehmen das Focus-Gütesiegel. Die Studie erschien am 20. Februar 2021 im Magazin Focus-Business.
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Lieferkettengesetz: Worauf sich deutsche Unternehmen ab 2023 einstellen sollten
19.02.2021
Nach monatelangem Streit haben sich Wirtschaftsminister Peter Altmeier, Entwicklungsminister Gerd Müller und Arbeitsminister Hubertus Heil auf einen Entwurf für ein Lieferkettengesetz geeinigt. Unternehmen müssen demnach künftig innerhalb ihrer Lieferkette die Einhaltung der Menschenrechte sicherstellen. Die Regeln sind aber weniger streng als erwartet.
Wann tritt das neue Lieferkettengesetz in Kraft?
Die Regierung will das neue Gesetz noch vor der Bundestagswahl im September verabschieden. Wegen der Corona-Pandemie soll es aber erst Anfang 2023 in Kraft treten.
Welche Unternehmen sind betroffen?
In der ersten Stufe ab 2023 soll das neue Gesetz nur für die knapp 600 Unternehmen gelten, die mehr als 3.000 Beschäftigte haben. In einer zweiten Stufe ab 2024 wird es alle Betriebe mit mehr als 1.000 Mitarbeitern betreffen.
Was Unternehmen künftig tun müssen
Die Sorgfaltspflicht der Unternehmen erstreckt sich auf den eigenen Betrieb und die unmittelbaren und direkten Zulieferer. Bei ihnen muss das Management die sozialen Zustände im Blick haben. Konkret geht es darum, die Einhaltung der Menschenrechte sicherzustellen, also keine Kinderarbeit und keine Zwangsarbeit. Bei klaren Hinweisen auf Verstöße müssen die Unternehmen diese melden. Für weitere Zulieferer oder Rohstofflieferanten gilt eine abgestufte Verantwortung.
Welche Strafen drohen?
Bei Verstößen drohen Bußgelder. Im Gespräch ist eine maximale Höhe von zehn Prozent des Umsatzes. Die ursprünglich vorgesehenen Gefängnisstrafen wurden gestrichen. Hinzukommen soll ein bis zu dreijähriger Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen.
Wer kann klagen?
Erweiterte Klagemöglichkeiten aus dem Ausland sind nicht vorgesehen. Ausländische Betroffene können nach internationalem Privatrecht schon heute vor deutschen Gerichten klagen. Sie können sich aber – und das ist neu – von deutschen Gewerkschaften oder NGOs vor Gericht vertreten lassen.
Sind deutsche Unternehmen benachteiligt?
Auch in anderen Ländern wie Frankreich, Großbritannien, in den USA und in der Schweiz gibt es ähnliche gesetzliche Regelungen. Die EU arbeitet ebenfalls an einem Lieferkettengesetz, das womöglich noch strenger ausfallen könnte als die deutsche Regelung. Es könnte theoretisch Importverbote für Produkte aus Ländern geben, die gegen Menschenrechte verstoßen, wie etwa China.
Zusätzliche Bürokratie für Unternehmen
Unternehmen sind verantwortlich für ihr Wirtschaften. Aber wo Regierungen bei Menschenrechtsverletzungen nicht immer so genau hinschauen, kann das auch die neue Regelung alleine nicht sicherstellen. „Glücklicherweise sind kleinere Unternehmen erst einmal nicht betroffen. Aber der Bürokratiedschungel wird dichter“, meint Ecovis-Rechtsanwalt Hannes Wunderlich in München. Er befürchtet allerdings, dass größere Unternehmen ihre Pflichten auf kleine und mittlere Lieferanten verlagern könnten.
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Bauüberwachung: Haften Architekten für einfache Handwerksfehler?
17.02.2021
Architekten übernehmen häufig die Bauüberwachung. Doch müssen sie dabei auch einfache Handwerksarbeiten überwachen? Eine wichtige Frage für zukünftige Bauherren, die das Oberlandgericht München nun zu entscheiden hatte.
Sachverhalt
Im vorliegenden Fall beauftragte der Bauherr den Architekten mit der Bauüberwachung über die Herstellung eines Gebäudes. Infolge von mangelhaft ausgeführten Abdichtungsarbeiten und zum Albtraum eines jeden Hausbauers trat Wasser ins Gebäude.
Wie nachträglich festgestellt werden konnte, war die Ursache unsauber ausgeführte Schweißnähte an Bitumenbahnen. Das Problem: Das Verschweißen von Bitumenbahnen gehört zum Standardrepertoire des beauftragten Handwerkers. Damit hing die Frage, ob der Architekt für die mangelhafte Abdichtung gleichfalls haftet, von folgender Feststellung ab: Muss ein Architekt auch solche Baumaßnahmen überwachen, die zur handwerklichen Routine eines Handwerkers gehören?
Das Gericht stellte sich an die Seite der Bauherren
Das Oberlandgericht München (OLG) war der Auffassung, dass Architekten auch einfache Arbeiten überwachen müssen. Sofern einfache, gängige Bauarbeiten im Zusammenhang mit sensiblen Bereichen der Gebäudeerrichtung stehen, sei es Aufgabe des Architekten als Partner des Bauherrn, Handwerkern genau auf die Finger zu schauen. Sensible Bereiche der Gebäudeerrichtung sind dabei vor allem solche Arbeiten, die für den Erfolg der Gebäudeerrichtung maßgeblich sein können. Juristen sprechen hier von „besonders gefahrgeneigten Arbeiten“, wie Abbrucharbeiten, die Einhaltung von Brandschutzbestimmungen oder Abdichtungsarbeiten (OLG München, Urteil vom 20.01.2021 – 20 U 2534/ 20 Bau).
Der in Anspruch genommene Architekt drang deshalb mit seinem Einwand, einfache Schweißarbeiten hätten aufgrund ihrer handwerklichen Selbstverständlichkeit nicht kontrolliert werden müssen, nicht durch.
Was das Urteil für die Praxis bedeutet
Das Urteil des OLG Münchens reiht sich ein in die Rechtsprechung zur Haftung der mit der Bauüberwachung beauftragen Architekten.
„Hier kann man nicht sorgfältig genug arbeiten!“, appelliert Ecovis-Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Stefan Reichert in München an die Architekten. „Der bauüberwachende Architekt muss wissen, dass alle sensiblen und schadensgeneigten Arbeiten der Gebäudeherstellung – dazu gehören auch auch einfache Routinearbeiten – besonders genau zu überwachen sind.“
Diese Überwachung ist auch zu dokumentieren, damit sie im späteren Streitfall nachweisbar bleibt. „Die häufigste Haftungsfalle ist die schlicht unterlassene Überwachung von gefahrgeneigten Arbeiten“, berichtet Reichert aus der Praxis. Kann ein Architekt die tatsächlich erfolgte Überwachung nachweisen, dann stehen seine Chancen gut, dass er trotz eines Ausführungsmangels die Haftung vermeiden kann.
„Klar ist das nicht unbedingt einfach“, räumt Rechtsanwalt Reichert ein, aber mit Hilfe eines erfahrenen Rechtsanwalts lassen sich meist ärgerliche Versäumnisse verhindern.
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Überbrückungshilfe III: Die Regierung weitet die Corona-Hilfen nochmals aus
15.02.2021
Die Bundesregierung hat die Corona-Hilfen noch einmal deutlich ausgeweitet. Ab sofort und bis einschließlich Juni 2021 ist es wesentlich einfacher, Hilfen zu bekommen. Die Fördermaßnahmen sind umfangreicher und betreffen nun mehr Unternehmen. Auch die „Neustarthilfe“ für Solo-Selbstständige wird verbessert.
Für welchen Zeitraum bekommen Unternehmen Hilfe?
Anträge stellen können Unternehmen, die zwischen November 2020 und Juni 2021 in einem Monat einen Corona-bedingten Umsatzeinbruch von mindestens 30 Prozent im Vergleich zum Referenzmonat des Jahres 2019 verzeichnen. Sie können die Überbrückungshilfe III für den betreffenden Monat beantragen.
An wen richten sich die Hilfen?
Die Hilfen erhalten Unternehmen mit einem Umsatz von bis zu 750 Millionen Euro. Wer die November- oder Dezemberhilfen bekommen hat, ist für diese beiden Monate nicht antragsberechtigt. Der Einzelhandel kann Abschreibungen auf Saisonware komplett als Fixkosten ansetzen. Und in der Reisebranche sind Kosten und Umsatzausfälle durch Absagen und Stornierungen umfassend zu berücksichtigen.
Die Regierung erhöht die monatliche Förderhöchstgrenze von bisher maximal 200.000 oder 500.000 Euro auf bis zu 1,5 Millionen Euro. Eine Rückzahlung ist nicht vorgesehen. Die endgültige Entscheidung über die Anträge und die reguläre Auszahlung durch die Länder erfolgt ab März. Bis dahin können Unternehmen Abschlagszahlungen von maximal 100.000 Euro monatlich erhalten. Die ersten Zahlungen sollen ab 15. Februar fließen.
Höhe der Fixkostenerstattung weiter abhängig vom Umsatzrückgang
Die Höhe der Zuschüsse orientiert sich am Umsatzrückgang im Vergleich zum Referenzmonat des Jahres 2019, ist gestaffelt und beträgt maximal 90 Prozent der erstattungsfähigen Fixkosten:
Umsatzrückgang
Höhe der Erstattung förderfähiger Fixkosten
30 bis 50 Prozent
40 Prozent
50 bis 70 Prozent
60 Prozent
Mehr als 70 Prozent
90 Prozent
Was genau ist unter erstattungsfähigen Fixkosten zu verstehen?
Zu den erstattungsfähigen Fixkosten gehören Mieten und Pachten, Grundsteuern, Versicherungen, Abonnements und andere feste Kosten. Zudem zählen Mietkosten für Fahrzeuge und Maschinen dazu, Zinsaufwendungen, Abschreibungen auf Wirtschaftsgüter bis maximal 50 Prozent sowie der Finanzierungskostenanteil von Leasingraten und Ausgaben für Elektrizität, Wasser, Heizung.
Für Personalaufwendungen, die nicht vom Kurzarbeitergeld erfasst sind, gibt es eine pauschale Förderung von 20 Prozent der Fixkosten. Auch Marketing- und Werbekosten sowie bauliche Maßnahmen zur Umsetzung von Hygienemaßnahmen finden Berücksichtigung.
Neu: Besondere Regelungen für den Einzelhandel
Sonderregelungen gelten für den Einzelhandel: Händler können Abschreibungen auf verderbliche Ware und Saisonware der Wintersaison 2020/2021 wie Weihnachtsartikel oder Winterkleidung zu 100 Prozent als Fixkosten zum Ansatz bringen.
Liste der förderfähigen Kosten erweitert
Außer Umbaukosten für Hygienemaßnahmen lassen sich jetzt auch Investitionen in die Digitalisierung bei den Fixkosten berücksichtigen. Das gilt sogar dann, wenn die Kosten außerhalb des Förderzeitraums entstanden sind. Für entsprechende Kosten für bauliche Maßnahmen zwischen März 2020 und Juni 2021 gibt es eine Kostenerstattung von bis zu 20.000 Euro im Monat. Für Digitalinvestitionen erhalten Betriebe einmalig bis zu 20.000 Euro.
Spezielle Hilfen für die Reisebranche
Der Gesetzgeber hat auch die bestehenden Regelungen für die stark von Umsatzausfällen getroffene Reisebranche ergänzt. Externe Vorbereitungs- und Ausfallkosten sind um eine Pauschale von 50 Prozent für interne Kosten angehoben worden. Sie finden bei den Fixkosten Anwendung.
Solo-Selbstständige können einmalig bis zu 7.500 Euro bekommen
Solo-Selbstständige mit geringen Betriebskosten können statt einer Einzelerstattung von Fixkosten die einmalige Betriebskostenpauschale, die „Neustarthilfe“, beantragen. Die Anträge sind voraussichtlich noch im Februar zu stellen.
Einen einmaligen Zuschuss von maximal 7.500 Euro statt bisher 5.000 Euro erhalten Betroffene, deren wirtschaftliche Tätigkeit zwischen 1. Januar 2021 und 30. Juni 2021 Corona-bedingt eingeschränkt ist. Den Zuschuss gibt es als Vorschuss. Erst nach Ablauf des Förderzeitraums erfolgt eine Abrechnung auf Basis des tatsächlich erwirtschafteten Umsatzes. Solo-Selbstständige, die Umsatzrückgänge von mehr als 60 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum von 2019 verzeichnet haben, dürfen den Zuschuss behalten. Liegt der Umsatzrückgang bei über 40 Prozent, ist der Zuschuss anteilig zurückzuzahlen.
Zuschüsse für Künstler
Auch befristet beschäftigte Schauspieler können die Neustarthilfe beantragen, wenn sie kein Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld beziehen. Diese hatten normalerweise bisher wegen zu kurzer Beschäftigungszeiten keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld und Kurzarbeitergeld oder Überbrückungshilfen.
Bürokratie behindert Umsetzung
Ecovis-Fördermittel-Experte Andreas Steinberger lobt die Ausweitung und Aufstockung der Hilfen. „Für viele Betriebe ist das die Rettung in letzter Minute.“ Er bedauert aber, dass trotz der großen Anstrengungen der öffentlichen Hand, „die Bürokratie sowie Verordnungen und Gesetze die praktische Umsetzung behindern und es viele Verzögerungen bei der Auszahlung der Mittel gibt.“
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Gesetz zur Arbeitszeiterfassung & Homeoffice: Was geplant ist
15.02.2021
Das Bundesarbeitsministerium bereitet Gesetzesänderungen zum Thema Arbeitszeiterfassung sowie für mobiles Arbeiten vor. Was kommen kann und wie sich Unternehmer vorbereiten können.
Eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes ist schon länger in Vorbereitung. Kein Wunder, urteilte der Europäische Gerichtshof bereits im Frühjahr 2019, dass Unternehmen in allen europäischen Mitgliedsstaaten angehalten sind, die vollständigen Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter zu erfassen.
Der deutsche Gesetzgeber muss dieses EuGH-Urteil nun umsetzen. Denn hierzulande gibt es eine solche umfassende Pflicht zur Arbeitszeiterfassung bislang nicht. Zwar sind auch in Deutschland etwa Mehrarbeitsstunden zu erfassen. Künftig wird das aber nicht mehr ausreichen.
Wie wird die Arbeitszeiterfassung aussehen?
„Die erforderliche Gesetzesänderung wird dazu führen, dass die gesamte Arbeitszeit zu dokumentieren ist“, erklärt Nicole Golomb, Rechtsanwältin bei Ecovis in Regensburg. Das bedeutet: Start und Ende sowie Pausenzeiten sind zu dokumentieren. Bis die Details der Gesetzesänderung bekannt sind, rät Golomb zur Zurückhaltung: „Es ist noch unklar, wie eine solche Arbeitszeiterfassung auszusehen hat.“ Werden Stundenzettel reichen, die die Arbeitnehmer selbst ausfüllen? Oder muss der Arbeitgeber die Arbeitszeiterfassung selbst in die Hand nehmen? „Wer jetzt teure Zeiterfassungsterminals anschafft, investiert womöglich an falscher Stelle“, warnt Golomb daher.
Müssen Chefs mobiles Arbeiten ermöglichen?
Derzeit gibt es in Deutschland keinen Anspruch auf Arbeiten im Homeoffice. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil wollte diesen gesetzlich festschreiben. Doch der Gesetzesentwurf wurde im Kanzleramt als ungeeignet gestoppt. Wie es weitergeht, ist unklar. „Allerdings lohnt es sich aus unternehmerischer Sicht, sich mit den Vor- und Nachteilen des mobilen Arbeitens auseinanderzusetzen“, gibt Ecovis-Rechtsanwalt Stefan Eglseder in Landshut zu bedenken. „Solange die Koalition noch diskutiert, ob es für Arbeitnehmer einen durchsetzbaren Anspruch auf Homeoffice geben soll, müssen Arbeitgeber nichts tun“, ergänzt er. Alle Unternehmer, die auch ohne gesetzliche Verpflichtung die Chancen des mobilen Arbeitens nutzen wollen und können, müssen jedoch zwingend die aktuelle Gesetzeslage, insbesondere auch beim Arbeits- und Datenschutz, beachten.
Nicole Golomb, Rechtsanwältin bei Ecovis in Regensburg
Ausländische Arbeitgeber brauchen einen Bevollmächtigten für Lohnunterlagen
12.02.2021
Seit Januar 2021 brauchen ausländische Arbeitgeber ohne Sitz in Deutschland einen Bevollmächtigten für sämtliche Lohnunterlagen. Falls die Deutsche Rentenversicherung einen Betrieb prüft, muss der Bevollmächtigte alle Lohnunterlagen auf Deutsch vorlegen.
Hintergrund der neuen Vorschrift ist eine Änderung des Sozialgesetzbuchs zum 1. Januar 2021.
Wer kann Bevollmächtigter sein?
Bevollmächtigte können unter anderem sein:
ein in Deutschland tätiger Arbeitnehmer oder
ein Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt.
„Haben ausländische Arbeitgeber mehrere Arbeitnehmer in Deutschland, sollten sie vor allem darauf achten, dass die Daten vertraulich aufbewahrt sind“, rät Ecovis-Steuerberaterin Katrin Höbler in Stollberg.
Wo prüft die Deutsche Rentenversicherung?
Die Betriebsprüfungen finden normalerweise beim Bevollmächtigten oder in dessen Betrieb statt.
Wer übernimmt die Haftung?
Trotz Bevollmächtigtem müssen ausländische Arbeitgeber weiterhin ihren Pflichten als Arbeitgeber nachkommen. Sie müssen beispielsweise bei Betriebsprüfungen mitwirken, geforderte Unterlagen vorlegen und Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter aufzeichnen. Der Bevollmächtigte haftet nicht. Falls die Deutsche Rentenversicherung prüft, schickt sie den Prüfbescheid auch weiterhin an den ausländischen Arbeitgeber und nicht an den Bevollmächtigten.
Unser Tipp:
Sind Sie ein Arbeitgeber ohne Sitz in Deutschland und arbeiten Ihre Angestellten hierzulande? Dann sollten Sie zügig einen Bevollmächtigten benennen und ihm die Arbeitnehmer-Unterlagen geben. „Am besten, Sie stellen Ihrem Bevollmächtigten eine entsprechende Vollmacht aus, die er der Prüfbehörde gegebenenfalls vorlegen kann“, rät Ecovis-Steuerberaterin Katrin Höbler.
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