21. Dezember 2021

Das Wettbewerbsregister für vorbestrafte Unternehmer einfach erklärt

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Seit dem 1. Dezember 2021 wird unter der Bezeichnung Wettbewerbsregister eine Liste für vorbestrafte Unternehmer und Unternehmerinnen geführt. In einem Gastbeitrag erklärt Rechtsanwältin und Ecovis-Partnerin Dr. Janika Sievert alles, was Sie zu dieser “naming and shaming”-Liste wissen müssen.

Hintergründe zum Wettbewerbsregister

Im Wettbewerbsregister (geregelt im Wettbewerbsregistergesetz oder auch “WRegG”) müssen alle Verurteilungen wegen bestimmter Delikte aufgeführt werden. Gleichzeitig können öffentliche Auftraggeber:innen diese Einträge abrufen. Zum 1. Juni 2022 ist eine Verschärfung geplant. Denn ab diesem Zeitpunkt müssen Auftraggeber:innen vor der Vergabe öffentlicher Aufträge verpflichtend das Register abrufen. Für viele Unternehmer:innen wird das Thema Compliance damit noch wichtiger als jemals zuvor. In laufenden Strafverfahren gilt es nun ebenfalls noch mehr als zuvor, mit Blick auf die Rechtsfolgenseite zu verteidigen.

Einträge im Wettbewerbsregister

In das Wettbewerbsregister eingetragen werden ab sofort Straftaten, die beispielsweise von einem Leitungsorgan eines Unternehmens begangen wurden. Weitere Voraussetzung: Sie müssen dem Unternehmen zuzurechnen sein. Zu den eintragungspflichtigen Straftaten gehören etwa Betrug und Subventionsbetrug zum Nachteil öffentlicher Haushalte. Das kann beispielsweise auch im Rahmen der Beantragung von Corona-Hilfen der Fall sein. Außerdem Steuerhinterziehung, Straftaten nach § 266a StGB (unter anderem Schwarzarbeit), Korruption und Geldwäsche. Diese Taten werden immer ab Rechtskraft der Entscheidung, also unabhängig von der Höhe der verhängten Strafe, eingetragen. Es spielt also keine Rolle, ob die Verurteilung unterhalb des oftmals angestrebten „Vorstrafen-Eintrags“ liegt. Auch eingetragen werden beispielsweise Verstöße gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz oder das Mindestlohngesetz (MiLoG). Hier spielt jedoch die Höhe der Strafe eine entscheidende Rolle. So erfolgen Einträge hier erst ab einer Strafe von mehr als drei Monaten, mehr als 90 Tagessätzen oder einem Bußgeld von wenigstens 2.500 Euro.

Straftat der Führungskraft – Strafe für das Unternehmen?

Die Straftat muss durch eine Leitungsperson des Unternehmens begangen worden sein. Dazu gehört auch die Verletzung von Aufsichtspflichten durch Leitungspersonen. Unternehmen können zwar immer noch nicht direkt für Straftaten bestraft werden (Details zum aktuellen Stand des Verbandssanktionengesetz finden Sie hier). Im Koalitionsvertrag wurde das sogenannte Unternehmensstrafrecht jedoch wieder auf die Agenda genommen.

Durch die Eintragungspflicht von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten von Führungskräften in das Wettbewerbsregister wird jedoch – neben der bisher möglichen Verbandsgeldbuße – eine zusätzliche Sanktion normiert.

Folgen eines Eintrags

Öffentliche Auftraggeber müssen künftig im Vergabeverfahren das Wettbewerbsregister abrufen. Sie haben die Pflicht zu klären, ob ein Unternehmen aufgrund von Straftaten in der Führungsebene ausgeschlossen werden müssen oder ausgeschlossen werden können. Nur bei bestimmten schwerwiegenden Wirtschaftsstraftaten erfolgt zwingend ein Ausschluss vom Vergabeverfahren. Bei Kartellrechtsverstößen oder bei Straftaten nach § 266a StGB oder Verstößen gegen das Mindestlohngesetz (MiLoG) ist der Ausschluss nicht zwingend erforderlich. Ein Eintrag in das Wettbewerbsregister muss jedoch auch in diesen Fällen erfolgen.

So stellen Sie im Strafverfahren die Weichen für eine Selbstreinigung

Bei bestehendem Eintrag im Wettbewerbsregister gibt es die Möglichkeit der Selbstreinigung. Nach erfolgreichem Verfahren kann sodann ein gebührenpflichtiger Antrag auf vorzeitige Löschung aus dem Register gestellt werden. Das Bundeskartellamt hat hierfür einige weitreichende Leitlinien zur wirksamen Selbstreinigung erarbeitet. Hierzu zählt beispielsweise die vollständige Zahlung hinterzogener Steuern und Zinsen.

Wie auch im Entwurf des Verbandssanktionengesetzes zur Erlangung von Strafmilderungen zählt aber auch hier die aktive Zusammenarbeit mit Ermittlungsbehörden dazu.

Daher ist es aus Sicht der Strafverteidigung unbedingt notwendig, bereits mit Bekanntwerden strafrechtlicher Vorwürfe gegen Leitungspersonen im Unternehmen eine versierte Strafverteidigerin einzuschalten. Nur so ist eine angemessene Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden möglich. Diese Zusammenarbeit wahrt gleichzeitig die Rechte aller Beschuldigten im Strafverfahren. Der Abschluss einer D&O-Versicherung für Leitungsorgane für eine Übernahme umfangreicher Verteidigungskosten kann sich also auch unter diesem Aspekt rentieren

Antrag auf vorzeitige Löschung aus dem Wettbewerbsregister

Auch aufgrund der Kosten empfiehlt sich die gründliche Vorbereitung des Antrags auf vorzeitige Löschung. Das Gesetz sieht einen Gebührenrahmen von bis zu 25.000 Euro vor. In besonderen Fällen kann sogar eine Gebühr von bis zu 50.000 Euro erhoben werden. Bei der konkreten Bemessung der Gebühr orientiert sich die Registerbehörde an der wirtschaftlichen Bedeutung des Selbstreinigungsantrags (Umsatz mit öffentlichen Auftraggebern). Außerdem am personellen und sachlichen Aufwand der Prüfung.

Compliance hilft!

Ein bereits vorhandenes Tax-CMS und weitere Compliance-Maßnahmen, wie beispielsweise eine Geschenke-Richtlinie oder auch die regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung von Arbeitsverträgen, können für die Selbstreinigung hilfreich sein. Auch hier beraten wir Sie umfassend und führen gemeinsam mit Ihnen geeignete Maßnahmen in Ihrem Unternehmen durch. So kann auch eine Whistleblowing-Stelle in Ihrem Unternehmen helfen, Straftaten frühzeitig zu entdecken und präventive Maßnahmen, wie beispielsweise Selbstanzeigen, einzuleiten. Damit kann ein Ermittlungsverfahren und eine Strafe und der damit verbundenenen Eintrag im Wettbewerbsregister verhindert werden.

Ein Plädoyer für eine umfassende Lösung

Die Einführung des Wettbewerbsregisters im Sinne einer „Naming and Shaming-List“ ist ein neuer Schritt zur Bekämpfung von Straftaten im Unternehmen. Es ist zu hoffen, dass die neue Regierung sich hier endlich – wie im Koalitionsvertrag vorgesehen – einer einheitlichen Lösung annimmt.

Denn nur Unternehmen und deren Leitungsorgane klipp und klar wissen, welche Folgen und Nebenfolgen Straftaten im Unternehmen mit sich bringen können und wie sich Straftaten rechtssicher vermeiden lassen, ist effektive Compliance im Unternehmen möglich.

 

Johannes Dähnert

CSO, CCO, CHRO, Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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