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Verspätungszuschlag bei der Steuererklärung: Der Ermessungsspielraum des Finanzamts
10.10.2024Geben Steuerpflichtige ihre Steuererklärung zu spät ab, erhebt das Finanzamt unter Umständen einen Verspätungszuschlag. Hierfür gibt es einen Ermessensspielraum. Das Finanzgericht Münster hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass es bei der Ermessensausübung jedoch auch davon abhängt, ob es sich um eine Nachzahlung, Nullsteuer oder Erstattung handelt. Die Auswirkungen des Urteils für Steuerpflichtige erklärt Ecovis-Steuerberater Mathias Lüschen in Vechta.
Sommer, Sonne, Abgabefrist für die Einkommensteuer. Diese endet regelmäßig Ende Juli des Folgejahres für das entsprechende Veranlagungsjahr. Haben Steuerpflichtige einen Steuerberater beauftragt, können sie sich für die Einkommensteuererklärung noch sieben Monate mehr Zeit lassen. Aufgrund der Corona-Pandemie gelten momentan sogar noch längere Abgabefristen:
Veranlagungsjahr | Fristende ohne StB | Fristende mit StB | Bei Nachzahlung zwingender Verspätungszuschlag nach |
2020 | 01.11.2021/ 02.11.2021* | 31.08.2022 | 20 Monaten |
2021 | 31.10.2022/ 01.11.2022* | 31.08.2023 | 20 Monaten |
2022 | 02.10.2023 | 31.07.2024 | 19 Monaten |
2023 | 02.09.2024 | 02.06.2025 | 17 Monaten |
2024 | 31.07.2025 | 30.04.2026 | 16 Monaten |
* Bei Feiertag je nach Bundeland
Hintergrund: Automatischer Verspätungszuschlag und Ermessensentscheidung des Finanzamts
Wer die Fristen nicht einhält, muss unter Umständen mit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags rechnen. Ob dieser anfällt und wie hoch er ist, liegt seit dem Veranlagungsjahr 2018 nur noch teilweise im Ermessen des Finanzamts. Welche Frist gilt, hängt davon ab, ob der Steuerpflichtige von einem Steuerberater beraten wird oder nicht:
- Abgabefrist ohne Beratung: 14 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres.
- Abgabefrist bei Steuernachzahlungen mit Beratung: ab dem ersten Monat.
Erhält der Steuerpflichtige eine Steuererstattung oder wird keine Steuer festgesetzt, muss das Finanzamt keinen Verspätungszuschlag einfordern. Der Zeitraum für die verpflichtende Festsetzung von Verspätungszuschlägen wurde aufgrund von Corona auch verlängert. Für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung beträgt der Verspätungszuschlag 0,25 Prozent der festgesetzten Steuer, mindestens jedoch 25 Euro.
Bei geringeren Verspätungen oder wenn sich keine Nachzahlung errechnet, hat das Finanzamt einen Ermessensspielraum. Es kann einen Verspätungszuschlag festsetzen, wenn der Steuerpflichtige seine Steuererklärung innerhalb des Zeitraums von 14 Monaten nach Ablauf des entsprechenden Kalenderjahres abgibt. Kann der Steuerpflichtige die Verspätung glaubhaft rechtfertigen, ist von einem Verspätungszuschlag abzusehen.
Der Streitfall
Finanzämter dürfen das Ermessen nicht willkürlich auslegen, bekräftigt das Finanzgericht (FG) Münster. Im Urteil vom 14. Juni 2024 (4 K 2351/23) entschieden die Richter, dass es für die Ermessenausübung bei Verspätungszuschlägen von Bedeutung ist, ob es zu einer Verzögerung des Veranlagungsverfahrens gekommen ist und ob es sich um eine Nachzahlung, eine Nullsteuer oder eine Erstattung handelt.
Im Streitfall gab der Kläger seine Steuererklärung erst 27 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs ab. Das war – trotz der verlängerten Abgabefristen infolge der Corona-Pandemie – für den von einem Steuerberater vertretenen Steuerpflichtigen sieben Monate zu spät. Nach Anrechnung der Lohnsteuer ergab sich bei der Veranlagung eine Einkommensteuererstattung. Obwohl das Finanzamt nicht dazu verpflichtet war, setzte es einen Verspätungszuschlag in Höhe von 175 Euro fest. Es begründete die Entscheidung damit, dass keine entschuldbare Verspätung des Steuerpflichtigen vorliege. Mit Berufung auf die mögliche Ermessensentscheidung erläuterte das Finanzamt, dass es für die Festsetzung des Verspätungszuschlags nur auf die verspätete Abgabe und das Verschulden ankomme und keine andere Ermessenskriterien gesetzlich vorgegeben seien.
Das Urteil: Keine willkürliche Ermessensausübung
Entgegen der Ausführung des Finanzamts entschied das FG Münster, dass die Gesetzesnorm lediglich eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung vorgebe. Es sei umstritten, ob und gegebenenfalls welche weiteren Ermessenskriterien seitens der Finanzverwaltung zu berücksichtigen seien. Die ermessensfehlerfreie Festsetzung des Verspätungszuschlags setzt jedoch grundsätzlich voraus, dass die Finanzbehörde alle maßgeblichen Kriterien beachtet und gegeneinander abwägt. Hierzu gehören:
- Schwere des Pflichtverstoßes des Steuerpflichtigen,
- Dauer und Häufigkeit der Pflichtverletzung,
- Vorliegen einer Nullfestsetzung oder Erstattung durch die Veranlagung.
Allein auf das Verschulden des Steuerpflichtigen abzustellen, reiche nach Ansicht der Richter im Rahmen der Ermessensentscheidung für den Verspätungszuschlag nicht aus.
Das FG Münster entschied, dass die Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer rechtswidrig erfolgte. Grund: Das Finanzamt hat in seine Abwägung nicht miteinbezogen, dass die Steuerfestsetzung zu einer nicht unwesentlichen Erstattung geführt hat. Zudem hat es keine weiteren Gründe genannt, die einen Verspätungszuschlag gerechtfertigt hätten.
Was müssen Steuerpflichtige beachten?
Langer Urlaub, plötzliche Krankheit oder die Kinder, die wichtige Unterlagen verlegt haben – Gründe für eine verspätete Abgabe kann es viele geben. Wer mit einer Erstattung rechnet, kann sich aktuell noch über verlängerte Fristen freuen. Wer nachzuzahlen hat, muss sich jedoch womöglich eine kreative Entschuldigung für die Verspätung ausdenken. „Der Hund, der die Unterlagen verschleppt hat, ist ein Klassiker zum Schmunzeln, hat aber meistens keinen Erfolg“, sagt Steuerberater Mathias Lüschen aus Vechta. „Wer also mehr Zeit für die Einreichung der Steuererklärung benötigt und zusätzliche Belastungen vermeiden möchte, sollte einen Steuerberater oder eine Steuerberaterin beauftragen. Das sichert die Abgabe innerhalb der gesetzlich verankerten verlängerten Frist“, empfiehlt der Experte. „So lassen sich Verspätungszuschläge auch vermeiden, ohne auf eine positive Ermessensentscheidung des Finanzamts hoffen zu müssen.“
Mit einer Liechtenstein-Stiftung nie wieder Steuern zahlen?
09.10.2024Im Moment heftig beworben, verspricht die Gründung einer Liechtenstein-(Familien-)Stiftung die perfekte Sicherung des Vermögens inklusive des Wegfalls von Erbschaft- und Schenkungsteuer. Geht das wirklich? Ein Interview mit Sven Blechschmidt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei Ecovis in Dresden.
Herr Blechschmidt, Stiftungen können ein interessantes Gestaltungsinstrument sein, wenn Unternehmer Vermögen wie Unternehmensanteile, Immobilien oder Geld- und Wertpapiervermögen schützen wollen. Was ist das Besondere an einer Stiftung in Liechtenstein? Da soll es ja keine Erbschaft- und Schenkungsteuer oder Wegzugbesteuerung geben.
Nach aktuellem Kenntnisstand gibt es in Liechtenstein keine Erbschaft- und auch keine Schenkungsteuer. Gleiches gilt auch für eine Wegzugsteuer. In der Regel ist es auch so, dass eine Stiftung fest an einem Ort ansässig ist. Der Vorteil darin besteht, dass das Vermögen von der natürlichen Person losgelöst ist. Sie kann also ihren Wohnsitz frei verändern. Überträgt aber eine deutsche Person eine Kapitalgesellschaft auf eine ausländische Stiftung, würde diese Übertragung als Wegzug gelten und die Finanzverwaltung würde diesen besteuern. Denselben Effekt zur freien Wohnsitzwahl hätten Stiftungswillige auch in einer deutschen Stiftung. Der derzeitige Unterschied ist, dass bei deutschen Stiftungen die Erbersatzsteuer greift. Alle 30 Jahre stirbt die Stiftung fiktiv und dann fällt Erbschaftsteuer an. Genau darin besteht ein möglicher Vorteil der Liechtensteiner Stiftung. Diese Erbersatzsteuer gilt aktuell nicht für ausländische Stiftungen. Alles hat seine Vor- und Nachteile, die man gemeinsam beleuchten muss.
Wo läuft dann die Geschäftstätigkeit des Betriebs weiter? Muss dieser auch in Liechtenstein ansässig sein?
Hier muss man unterscheiden: Ist die Stiftung lediglich Gesellschafter, wird die Firma an sich davon losgelöst besteuert. Zieht auch der Ort der Geschäftsleitung ins Ausland, würde das ähnlich der Wegzugbesteuerung zu Steuern führen. Das ist – wenn möglich – zu verhindern. Im besten Fall verändert sich beim Betrieb nichts. Für inhabergeführte Unternehmen stellt sich dann schnell die Frage, ob das Gedankenkonstrukt in der Praxis auch wirklich umsetzbar ist, wenn der Geschäftsführer nicht mehr in Deutschland, sondern beispielsweise in Portugal sitzt und nach wie vor die Geschäfte führen soll. Anders sieht es bei einer Fremdgeschäftsführung aus, die weiterhin in Deutschland die Entscheidungen für das Unternehmen trifft.
Können alle Rechtsformen von der Steuerfreiheit einer Stiftung in Liechtenstein profitieren?
Da die Erbersatzsteuer aktuell nicht für ausländische Stiftungen gilt, profitiert die Stiftung aus deutscher Sicht mit ihrem gesamten Vermögen. Das gilt also für jede Vermögensart.
Müssen Unternehmerinnen und Unternehmer auswandern?
Die Frage zielt jetzt auf die Ertragsteuer. Bisher noch nicht erwähnt habe ich, dass in Deutschland für ausländische Stiftungen Sonderregelungen gelten. Wird die ausländische Stiftung maßgeblich von Inländern beeinflusst, müssen die Stifter und die Bezugsberechtigten den inländischen Gewinn versteuern und nicht die Stiftung. Das lässt sich zwar vertraglich regeln, doch meist ist die Frage der Liechtensteiner Stiftung mit einem gewünschten Wohnsitzwechsel verbunden.
Angenommen, ein Unternehmer möchte eine Stiftung in Liechtenstein gründen und das Vermögen dahin transferieren. Wie ist das Unternehmen dann in Deutschland zu strukturieren, damit das steuerfrei geht?
Das ist abhängig von der Vermögensklasse. Begrenzt auf Unternehmen, ist vorrangig zu prüfen, ob eine gänzlich steuerfreie Schenkung überhaupt möglich ist. Das ist mit den vergangenen Reformen der Erbschaftsteuer nicht mehr so einfach zu beantworten wie noch vor 15 Jahren. Angenommen, wir kommen zu dem Schluss, dass keine Erbschaftsteuer anfällt, ist ein weiterer Faktor die Rechtsform des Unternehmens. Personengesellschaft en sind in der Regel unkritisch. Eine Liechtensteiner Stiftung darf kein Einzelunternehmen betreiben. Diese Rechtsform ist außersteuerlich bedingt daher umzugestalten. Bei Kapitalgesellschaft en tritt neben der Erbschaftsteuer wieder das Problem der Wegzugsbesteuerung auf. Das bedeutet, dass der Gesellschaft er die Wertsteigerung seiner Anteile bei der Einkommensteuer angeben muss. Für solche Fälle gibt es diverse Überlegungen. Neben einem Rechtsformwechsel in eine Personengesellschaft , den wir so nicht empfehlen würden, versuchen wir auf andere Weise, das deutsche Besteuerungsrecht an der Wertentwicklung der Anteile in Deutschland sicherzustellen, um den Wegzug zu verhindern. Eine vorherige verbindliche Abklärung mit der Finanzverwaltung ist immer zu empfehlen. Am Ende liegt hier der Teufel aber im Detail. Man sollte deshalb Allgemeinaussagen immer mit kritischer Grundhaltung begegnen.
Welche Steuern sind in Deutschland noch zu bezahlen, wenn das Unternehmen weiterhin hier tätig ist?
Das Unternehmen zahlt auf jeden Fall Körperschaftsteuer in Deutschland. Bei Gewerbebetrieben fällt auch noch Gewerbesteuer an. Die Steuerbelastung beläuft sich dann meist auf rund 30 Prozent.
Welche Konsequenzen hat die Auswanderung des Unternehmers für sein Unternehmen? Kann er die Geschicke auch aus der Ferne leiten? Wie ist das steuerlich für ihn zu betrachten?
Ist der Unternehmer weiterhin Ist der Unternehmer weiterhin für das Unternehmen tätig, ist Disziplin gefragt. Lässt sich nachweisen, dass er die Geschicke der Firma nicht ausschließlich von Deutschland aus leitet, kann eine Betriebsstätte im Ausland begründet werden, beispielsweise eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte. Dann kann es dazu kommen, dass die Finanzverwaltung Wirtschaftsgüter der Betriebsstätte zuordnet und eine Entstrickung zu versteuern ist. Der Unternehmer muss also regelmäßig und nachweislich ins Inland reisen und dort bestimmte Tätigkeiten ausüben. Einfacher ist es, wenn ein fremdes Management installiert ist.
Klingt alles sehr aufwendig, kompliziert und mit hohen Kosten verbunden. Was raten Sie Unternehmerinnen und Unternehmern, die eine Stiftung als Vermögensschutz gründen wollen?
Wir gehen an jede sinnvolle Anfrage ergebnisoffen heran. Es gibt jedoch auch viele Fälle, in denen es sich schlichtweg nicht rentiert. Da sind wir in der Kommunikation sehr offen. Dann diskutieren wir jede mögliche Alternative. Häufig stellen sich einfachere oder günstigere Alternativen als geeigneter dar. Bleibt am Ende die Stiftungslösung, erläutern wir natürlich detailliert die Kosten und den Aufwand, der damit verbunden ist. So eine komplexe Konstruktion setzt man nicht in Tagen oder Wochen um. Es ist eben eine weitreichende Entscheidung, die gut überlegt sein muss.
Steuern bei Sportwetten: Was das Rennwetten- und Lotteriegesetz dazu sagt
03.10.2024Online-Anbieter von Sportwetten mit Sitz in der EU müssen den Einsatz oder ihren Gewinn aus Wetteinsätzen von Spielern in Deutschland versteuern. Das hat der Bundesfinanzhof kürzlich entschieden. Was das für Anbieter und Spieler bedeutet, erklär Ecovis-Steuerberater Julius Behr in Marktheidenfeld.
Rund 409,1 Millionen Euro nahmen die deutschen Bundesländer 2023 aus Steuern für Sportwetten ein. Die Grundlage ist das Rennwetten- und Lotteriegesetz aus dem Jahr 1922. Die Rennwetten- und Lotteriesteuer beträgt 5,3 Prozent. Die Finanzverwaltung besteuert die Buchmacher, die für ein legales Anbieten eine deutsche Lizenz benötigen. Kunden sind also faktisch nicht steuerpflichtig. Die Wettveranstalter haben aber die Möglichkeit, die Abgaben direkt an die Spieler weiterzugeben. In der Praxis geschieht dies dadurch, dass sie entweder den Einsatz oder den Wettgewinn anpassen. Beides führt letztlich dazu, dass die Tipper einen Verlust in Höhe des Steuerbetrags hinnehmen müssen. Den Gewinn aus einer Wette müssen die Tipper jedoch nicht versteuern.
Der verhandelte Fall
Ein ausländischer Online-Anbieter von Sportwetten, der seinen Sitz in der EU hat, hatte vor dem Bundesfinanzhof (BFH) gegen die deutsche Besteuerung von Sportwetten geklagt. Er war der Auffassung, dass diese Besteuerung verfassungs- und europarechtswidrig sei. In Deutschland müssen Sportwettenanbieter die Steuer auf den Wetteinsatz von deutschen Spielern entrichten – ganz egal, wo sie ihren Sitz haben. Daraufhin hat der Kläger im August 2016 eine Steueranmeldung abgegeben, aber anschließend Einspruch eingelegt. Er war der Meinung, dass die Steuer seine Dienstleistungsfreiheit nach EU-Recht verletzt. Außerdem seien die Ermittlungspflichten, wo sich die Spieler befinden, nicht erfüllbar. Und auch der Gleichheitsgrundsatz des deutschen Grundgesetzes werde verletzt und die Berufsfreiheit beschränkt.
Wie schon das Hessische Finanzgericht hat auch der BFH die Klage in seinem Urteil vom 16. Juli 2024 abgewiesen (IX R 6/22). Begründung: Die Finanzbehörden erheben die Steuer von inländischen und ausländischen Sportwettenanbietern gleichermaßen. Daher liegt kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor. Der BFH hat außerdem erklärt, dass der Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit gerechtfertigt ist, weil damit ein Ziel des Gemeinwohls verfolgt wird, nämlich der Spielsucht entgegenzutreten und den Anreiz für Glücksspiele zu verringern.
„Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat schon 2010 entschieden, dass nationale Verbote gerechtfertigt sind, wenn sie Ziele des Gemeinwohls verfolgen“, erklärt Behr. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat mehrfach deutlich gemacht, dass er Online-Sportwetten in Deutschland für illegal hält, wenn die Veranstalter nicht über die erforderliche Lizenz verfügen. Und Online-Spieler sollten deshalb beachten, dass sie sie nur bei Wettanbieter spielen, die eine Lizenz haben.
Kündigung bei Krankheit: Was bei personenbedingter Kündigung zu beachten ist
02.10.2024Fehlen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum oder wiederholt bei kurzzeitigen Erkrankungen, können Unternehmen eine personenbedingte Kündigung anstreben, wenn das wirtschaftliche oder betriebliche Folgen nach sich zieht. Das ist aber in jedem Einzelfall genau zu prüfen. Welche Regeln genau gelten, erklärt Ecovis-Rechtsanwältin Nicole Golomb in Regensburg.
Findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber eine Kündigung sozial rechtfertigen. Neben verhaltens- und betriebsbedingten Gründen kann der zur Kündigung berechtigende Umstand auch in der Person des Beschäftigten liegen. Im Gegensatz zur verhaltensbedingten Kündigung, bei welcher der Arbeitgeber dem Mitarbeiter eine Pflichtverletzung aufgrund eines steuerbaren Verhaltens vorwirft, etwa bei unentschuldigten Fehlen bei der Arbeit, ist bei der personenbedingten Kündigung der Mitarbeiter nicht mehr in der Lage seine, Arbeitsleistung vertragsgemäß zu erbringen.
Welche Gründe korrekte Arbeitsleistung verhindern
Der Entzug der Fahrerlaubnis kann beispielsweise eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn der Führerschein erforderlich ist, damit der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringen kann. Ein weiteres Beispiel wäre, dass Beschäftige in Strafhaft sind.
Der Hauptanwendungsfall in der Praxis ist jedoch die Kündigung wegen Krankheit. „Einem weitverbreiteten Irrtum entgegen ist eine Kündigung nicht nur während einer Erkrankung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern möglich, sondern auch gerade deswegen“, sagt Ecovis-Rechtsanwältin Nicole Golomb in Regensburg. Das kann sowohl bei häufigen Kurzzeiterkrankungen als auch bei Langzeiterkrankung der Fall sein. Voraussetzung für eine Kündigung ist zunächst eine negative Zukunftsprognose. Der Arbeitgeber muss aufgrund von Tatsachen zu der Annahme gelangen, dass auch in der Zukunft weitere Erkrankungen im bisherigen Umfang zu befürchten sind. Infolgedessen muss es zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher oder wirtschaftlicher Interessen des Arbeitgebers kommen. Dazu zählen zum Beispiel betriebliche Ablaufstörungen. Bei häufigen Kurzzeiterkrankungen, kann das auch in den hieraus resultierenden Lohnfortzahlungskosten zu sehen sein, also eine Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen. Letztendlich hat auch eine Interessenabwägung zu ergeben, dass das Interesse des Arbeitgebers an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des Arbeitnehmers an einer Weiterbeschäftigung überwiegt. Insbesondere muss die Kündigung „“Ultima Ratio“, also das letzte geeignete Mittel, sein. Das ist beispielsweise nicht der Fall, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer an einen anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigen kann.
In diesem Zusammenhang spielt auch die ordnungsgemäße Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements eine Rolle. Dieses ist durchzuführen, wenn Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen krank sind. „Kommen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihrer Pflicht zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht nach, trifft sie bei einem Kündigungsschutzverfahren eine erweiterte Darlegungs- und Beweislast. Dieser wird man in der Praxis kaum nachkommen können“, sagt Golomb. Und rät: „Bevor Arbeitgeber eine Kündigung wegen Krankheit aussprechen, sollten sie die Vorgehensweise mit einem Rechtsexperten besprechen.“
Mit einem Emplyer of Record Fachkräfte gewinnen
02.10.2024Seit geraumer Zeit rücken grenzüberschreitende Beschäftigungsformen in den Fokus vieler Unternehmen. Sie erhoffen sich so einen Zugang zu einem breiten Talentpool und die Erschließung neuer Märkte. Eine Form dieser Beschäftigung ist der Einsatz eines Employer of Record.
Nach wie vor leiden viele Unternehmen unter einem Fachkräftemangel. Und das bleibt nicht folgenlos. 2024 gehen der deutschen Wirtschaft Produktionskapazitäten von 49 Milliarden Euro verloren, weil etwa 573.000 Stellen unbesetzt sind. Ein Ausweg kann sein, einen Employer of Record (EoR) einzusetzen. Er übernimmt als Dienstleistungsunternehmen die formellen Aufgaben eines Arbeitgebers. Der EoR
- stellt die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbst ein,
- erfüllt alle steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Aufgaben
- fertigt die Gehaltsabrechnungen an und
- stellt sicher, dass auch alle lokalen arbeitsrechtlichen Vorgaben eingehalten werden.
„Entscheidend ist jedoch, dass das Weisungsrecht für die Beschäftigten beim Auftraggeber und nicht beim EoR liegt“, erklärt Julia Brey, Rechtsanwältin bei Ecovis in Oberhausen. Der EoR stellt den Arbeitnehmer ein und verleiht ihn an seinen Auftraggeber.
Die Vorteile eines EoR
Beabsichtigt ein Unternehmen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ausland zu beschäftigen, kommen damit meist drei Fragen auf:
- Welches Rechtssystem gilt?
- Welche steuerlichen Auswirkungen hat die Beschäftigung?
- Wo ist der Mitarbeiter sozialversicherungspflichtig?
„Schon die Beantwortung dieser Fragen stellt viele Unternehmen vor eine erhebliche Herausforderung“, sagt Brey. Noch schwieriger wird es für die Betriebe dann, wenn die Antwort lautet, dass das ausländische Recht anzuwenden ist, im Ausland Steuerpflichten entstehen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort sozialversicherungspflichtig sind. „Das ist der Moment, in dem der Einsatz eines EoR für viele Unternehmen interessant wird“, weiß Rechtsanwältin Brey aus eigener Erfahrung.
Die rechtliche Seite von EoR-Arbeitsverhältnissen
Welches (Arbeits-)Recht auf das Arbeitsverhältnis jeweils anzuwenden ist, richtet sich nach vertraglichen Vereinbarungen, lokalen Vorschriften und multilateralen Abkommen. Gemeinsamer Konsens scheint jedoch in den meisten Fällen zu sein, dass sich arbeitnehmerfreundliche Regelungen des Tätigkeitsstaats nicht umgehen lassen. Das ist zum Beispiel auf europäischer Ebene in Artikel 8 Rom-I-Verordnung geregelt.
Der EoR ist als Vertragsarbeitgeber für die Erstellung der Lohnabrechnung, für die Registrierung und die Begleichung der Lohn- und Sozialversicherungsbeiträge verantwortlich. Auch bei komplizierteren Konstellationen übernimmt der EoR die Verantwortung für die ordnungsgemäße Abwicklung. Dazu gehört es beispielsweise zu klären, welche Regeln gelten, wenn ein im Ausland über einen EoR eingestellter Mitarbeiter tageweise in Deutschland tätig ist.
Wo Steuern und Sozialversicherung zu zahlen sind
Je nach steuerlicher Situation des Beschäftigten kann ein Besteuerungsrecht Deutschlands für die hier erbrachten Arbeitstage bedingt werden. „Hier gilt es, immer den Einzelfall zu prüfen. Denn die Besteuerung richtet sich nach lokalen Gesetzen und den Grundsätzen des jeweils geltenden Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und dem ausländischen Staat“, erklärt Ecovis-Steuerassistentin Meike Ringel in Düsseldorf.
Entsteht eine Steuerpflicht in Deutschland auf die hier geleisteten Arbeitstage, ist der Verleiher, der Employer of Record, im Regelfall nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts zum Lohnsteuereinbehalt in Deutschland verpflichtet (Paragraph 38 Einkommensteuergesetz, EStG). Dazu erstellt der Arbeitgeber, also der EoR, eine „Schattengehaltsabrechnung“. Unter bestimmten Voraussetzungen lässt sich dann durch einen Antrag auf Freistellung von der Lohnsteuereinbehaltungsverpflichtung die Lohnsteuerpflicht in Deutschland vermeiden.
Betriebsstättengründung im Ausland umgehen
Durch den Einsatz eines Arbeitnehmers im Ausland kann dort eine Betriebsstätte entstehen. Das kann neben einer möglichen Körperschaft- und Gewerbesteuerpflicht auch eine Umsatzsteuerpflicht des Unternehmens im Ausland nach sich ziehen. „Das Betriebsstättenrisiko lässt sich auch beim Einsatz eines EoR nicht gänzlich ausschließen“, sagt Ringel. „Dies hängt von der lokalen Steuergesetzgebung und den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen ab.“
Auch in der Sozialversicherung ist das Territorialprinzip anzuwenden. Nach deutschem Recht sind Beschäftigte grundsätzlich – mit wenigen Ausnahmen – in dem Land versichert, in dem sie ihre Tätigkeit ausüben. Vergleichbare Regelungen mit Territorialbezug lassen sich in Rechtssystemen weltweit, in der Europäischen Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und in bilateralen Sozialversicherungsabkommen finden.
Kommt man bei einer Einzelfallprüfung nun zu dem Ergebnis, dass ausländisches Recht anwendbar ist, die Steuerpflichten im Ausland entstehen und der Arbeitnehmer dort auch sozialversicherungspflichtig ist, zeigen sich schnell die erheblichen Vorteile des Einsatzes eines EoR. Denn das ermöglicht es Unternehmen, schnell und ohne lange Registrierungsprozesse, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rechtssicher im Ausland zu beschäftigen. Die gesamte administrative Verantwortung des Arbeitsverhältnisses liegt beim EoR.
Das EoR-Modell ist in zwei Varianten möglich. Entweder nutzt ein deutsches Unternehmen einen EoR im Ausland, in dem es selbst keine Niederlassung hat, oder ein ausländisches Unternehmen nutzt einen EoR in Deutschland, um hier eine Arbeitskraft einzusetzen.
Arbeitnehmerüberlassung nach deutschem Recht
Nach deutschem Recht betreibt ein EoR Arbeitnehmerüberlassung und unterliegt damit dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (A.G). Von einer Arbeitnehmerüberlassung spricht man, wenn ein Arbeitgeber (Verleiher) einen Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung an einen Dritten (Entleiher) überlässt. Der EoR fungiert zwar als formeller Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis wird jedoch inhaltlich durch den Entleiher bestimmt und der Arbeitnehmer ist in dessen Arbeitsorganisation integriert.
Wer in Deutschland Arbeitnehmerüberlassung als Verleiher betreiben möchte, muss dazu über eine Erlaubnis nach Paragraph 1 Abs. 1 A.G verfügen und strenge Vorgaben beachten. Beispielsweise darf der Verleiher einen Arbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate demselben Unternehmen überlassen. Während der Einsatzzeit gelten zudem dieselben Arbeitsbedingungen wie bei einem vergleichbaren Beschäftigten des Unternehmens.
Hier zeigen sich auch die Risiken, die ein EoR-Einsatz mit sich bringen kann, wenn er nicht korrekt umgesetzt wird. Unterliegt das Vertragsverhältnis dem deutschen Recht, kann ungewollt ein fingiertes Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Arbeitnehmer entstehen, wenn die Parteien die Vorgaben des A.G nicht einhalten. „Wird Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis der Agentur für Arbeit betrieben, drohen hohe Geldstrafen. Ähnliche Konsequenzen können auch im Ausland zu befürchten sein“, sagt Ecovis- Rechtsanwältin Brey.
EoR im Ausland
Ähnlich wie in Deutschland unterliegt ein EoR auch im Ausland teils sehr strengen Vorgaben. In manchen Ländern sind EoR sogar verboten oder wurden nicht gesetzlich normiert. In Dänemark und China beispielsweise ist das Konzept des EoR zwar bereits etabliert, an einer gesetzlichen Regelung fehlt es jedoch.
Alternativen zum EoR gibt es viele. Nicht alle sind leicht umsetzbar, und kaum eine Alternative kann mit den Vorteilen eines EoR mithalten. Unternehmen können in Eigenorganisation vor Ort zum Beispiel eine Niederlassung gründen und die administrativen Aufgaben selbst erfüllen. Es besteht ebenso die Möglichkeit, für einzelne Aufgaben lokale Experten hinzuzuziehen und die Gehaltsabrechnungen auszulagern. Weit verbreitet ist auch die Beauftragung von Selbstständigen. „Alle diese Optionen sollten Unternehmen mit Spezialisten vor Ort besprechen. Hierfür bietet es sich an, auf Experten mit einem internationalen Netzwerk wie Ecovis, zurückzugreifen“, sagt Steuerassistentin Ringel
Beiträge in der Sozialversicherung: So stark steigen sie im Jahr 2025
01.10.2024Mit dem Referentenentwurf der Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2025 stehen die voraussichtlichen Sozialversicherungswerte für das kommende Jahr fest. Ab 1. Januar 2025 sollen demnach erstmalig einheitliche Beitragsbemessungsgrenzen und dieselbe Bezugsgröße in den neuen und alten Bundesländern gelten. Die Details kennt Ecovis-Steuerberater Andreas Islinger in München.
Die Sozialversicherungswerte legt die Regierung jedes Jahr auf Grundlage klarer gesetzlicher Bestimmungen durch Verordnung fest. Die Sozialversicherung setzt sich aus verschiedenen Zweigen zusammen. Diese sollen zu Beginn 2025 ausnahmslos teurer werden. Ob die Änderungen in der Form tatsächlich kommen, ist aktuell aber unklar, da das Bundesfinanzministerium bereits Bedenken geäußert hat.
Beitragsbemessungsgrenze für die Kranken- und Pflegeversicherung
Die voraussichtliche Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung soll im Jahr 2025 bei 5.512,50 Euro monatlich beziehungsweise bei 66.150 Euro jährlich liegen (Grenze 2024: 62.100 Euro). Bis zu diesem Betrag müssen Versicherte Beiträge vom Bruttoentgelt entrichten. Das entspricht einer Erhöhung der Beiträge um 6,5 Prozent.
Was die Jahresarbeitsentgeltgrenze bedeutet
Die Jahresarbeitsentgeltgrenze legt fest, ab welchem Bruttogehalt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mehr versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung sind und in eine private Krankenversicherung wechseln können. Angestellte müssen im Jahr 2025 deutlich mehr verdienen, damit sie sich zwischen der gesetzlichen oder der privaten Krankenversicherung entscheiden dürfen: Die Jahresarbeitsentgeltgrenze soll von 69.300 Euro auf 73.800 Euro steigen.
Beitragsbemessungsgrenze für die Renten- und Arbeitslosenversicherung
Die Regierung will die Grenze in der allgemeinen Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung auf 8.050 Euro monatlich festsetzen. Das entspricht einem Jahreseinkommen von 96.600 Euro. Im Jahr 2024 betrug diese Grenze noch 90.600 Euro.
Grenze für die kostenlose Familienversicherung
Kinder, Partnerinnen und Partner ohne eigenes Einkommen können beitragsfrei mitversichert sein, sofern ihre eigenen Einkünfte den Betrag von 535 Euro im Monat nicht überschreiten. Bislang lag diese Grenze bei 505 Euro pro Monat.
Die Werte aus dem Referentenentwurf gelten zunächst unter Vorbehalt. Die entsprechende Verordnung will die Bundesregierung voraussichtlich im Oktober 2024 beschließen. Mit Wirkung zum 1. Januar 2025 wird sie dann rechtsgültig.
Was sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der Sozialversicherung 2025 beachten?
Nach Schätzungen des Spitzenverbands der deutschen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) müssten auch die Zusatzbeiträge zur Krankenversicherung im Jahr 2025 um 0,6 Punkte steigen, die der Pflegeversicherung um bis zu 0,2 Prozentpunkte. Für die gesetzliche Renten- und Arbeitslosenversicherung ist keine Beitragssatzerhöhung geplant. „Arbeitgeber müssen sich auf höhere Lohnnebenkosten, Arbeitnehmer auf höhere Lohnabzüge einstellen“, sagt Ecovis-Steuerberater Islinger.
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Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können ihren Beschäftigten die höheren Lohnabzüge mit steuerfreien Arbeitgeberleistungen ausgleichen. https://de.ecovis.com/service/steuerfrei/
Influencer: Was zu den Betriebseinnahmen zählt und wie die Einnahmen zu versteuern sind
01.10.2024Wer als Influencer oder Influencerin tätig ist, der erzielt damit normalerweise auch Einnahmen. Aber was zählt alles dazu? Und welche Ausgaben lassen sich absetzen? „Die Entscheidungen verschiedener Finanzgerichte in den vergangenen Jahren haben hier zu mehr Klarheit geführt“, sagt Linda Wolz, Steuerberaterin bei Ecovis in Schweinfurt.
Wie erzielen Influencer Einnahmen?
Auf den verschiedenen Social-Media-Kanälen posten nicht nur Privatpersonen Inhalte. Auch Influencer nutzen Kanäle wie Instagram, TikTok oder YouTube, um Produkte zu vermarkten. Sie erzielen dabei Betriebseinnahmen. „Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn sie für Produkte Werbung machen oder wenn sie Provisionen dafür erhalten, dass ihre Follower die von ihnen platzierten Links zu Produkten nutzen“, erklärt Linda Wolz. Auch eine Beratungstätigkeit oder der Verkauf eigener Produkte führt zu Betriebseinnahmen.
Wann zählen Sachzuwendungen zu Betriebseinnahmen?
Was viele Influencer nicht beachten: Produkte oder Dienstleistungen, die sie von Geschäftspartnern erhalten, um darüber zu berichten, zählen in der Regel zu Betriebseinnahmen – und müssen entsprechend steuerlich erfasst werden. „Es handelt sich dabei nicht um Geschenke“, erklärt Steuerberaterin Wolz. Nur in einigen Ausnahmefällen – etwa, wenn Geschäftspartner diese bereits pauschal versteuert haben – müssen Influencer diese Zuwendungen nicht versteuern.
Wie müssen Influencer Einnahmen versteuern?
Steuerlich relevant wird die Tätigkeit des Influencers, wenn der einkommensteuerliche Grundfreibetrag (2024: 11.604 Euro) oder der gewerbesteuerliche Freibetrag (2024: 24.500 Euro) überschritten wird. Umsatzsteuerlich können Influencer schon bei geringeren Einnahmen Unternehmer sein. Grundsätzlich gelten ihre Einnahmen als Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb, insbesondere Werbeeinnahmen und Einnahmen durch den Handel mit eigenen Produkten. „Nur in Ausnahmefällen handelt es sich nicht um eine gewerbliche, sondern um eine selbstständige Tätigkeit, etwa bei beratender oder schriftstellerischer Tätigkeit, z. B. als Travel-Influencer“, erklärt Steuerberaterin Linda Wolz. Eine künstlerische Tätigkeit des Influencers liegt dagegen bei der Bewerbung von Produkten nicht vor. „Dafür mangelt es an ausreichendem Spielraum für die Entfaltung einer eigenen schöpferischen Leistung von künstlerischem Rang“, erklärt Wolz.
Was lässt sich als Betriebsausgabe absetzen?
Als Gewerbetreibende können Influencer selbstverständlich auch Betriebsausgaben geltend machen. Das können etwa die Miete für ein Studio oder ein Büro sein, Kosten für Büromöbel oder Reisekosten. „Die Finanzämter werfen allerdings einen genauen Blick darauf, ob Reisekosten verhältnismäßig oder ob sie privat veranlasst sind“, warnt Linda Wolz. Liegt eine Mischung aus privat und beruflich vor, müssen Influencer die anteiligen Kosten anhand objektiver Kriterien, z. B. nach Zeitanteilen, ermitteln. Nur der betrieblich veranlasste Teil der Reisekosten kann dann entsprechend steuerlich berücksichtigt werden. Der Bundesfinanzhof hat in einem älteren Urteil festgehalten, dass bei aufwendigeren Reisen abgewogen werden muss, ob die Ausgaben im Verhältnis zu Betriebsgröße und -bedeutung und im Hinblick auf die Reisedauer angemessen erscheinen.
Was gilt bei Berufskleidung?
Immer wieder befassen sich Gerichte mit dem Thema Berufskleidung. Hier gilt: Als Betriebsausgabe erkennen die Finanzämter nur Aufwendungen für typische Berufskleidung an, wie Bundeswehruniformen oder die Schutzkleidung von Feuerwehrleuten. Aufwendungen für normale Kleidung, die auch zu privaten Anlässen getragen werden kann, sind nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. „Das gilt auch dann, wenn Influencer die Kleidung ausschließlich bei der Berufsausübung tragen“, stellt Wolz klar.
Tipp: Was sollten Sie jetzt tun?
- Verschaffen Sie sich einen genauen Überblick über Ihre Ein- und Ausgaben als Influencer.
- Dokumentieren Sie Ihre Einnahmen, Sachzuwendungen und deren Verwendung sowie Ausgaben nachvollziehbar.
- Achten Sie auf die Verhältnismäßigkeit von Reisekosten, wenn Sie diese betrieblich absetzen wollen.
- Sprechen Sie mit Ihrem Steuerberater, wenn Sie unsicher sind, wie Zuwendungen von Geschäftspartnern im Einzelfall steuerlich behandelt werden müssen.
ECOVIS red – Ausgabe 2/2024
30.09.2024Im Magazin ECOVIS red 02/2024 lesen Sie:
- Fachkräfte gewinnen: Die Vorteile eines Employer of Record (Seite 4)
- Erfolgsgeschichte HBH Holzbau: Nachhaltig bauen (Seite 7)
- Liechtenstein-Stiftung: Wirklich nie wieder Steuern zahlen? (Seite 8)
- E-Rechnung: Was gilt für Vorsteuerabzug und Dauerrechnung? (Seite 10)
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„Divers“ in Stellenanzeigen: Warum Arbeitgeber das dritte Geschlecht beachten müssen
27.09.2024Seit Anfang 2019 müssen Unternehmen in Stellenanzeigen neben der männlichen und weiblichen Form auch das dritte Geschlecht divers angeben. Das ist so gesetzlich geregelt. Ist das nicht der Fall, können Geschädigte Entschädigungszahlungen einfordern, wie ein aktueller Beschluss des Bundesgerichtshofs zeigt.
Der Fall: Ticketbuchung bei der Deutschen Bahn
Eine non-binäre Person wollte 2019 ein Ticket bei der Deutschen Bahn buchen. Im Formular musste sie zwingend eine Anrede auswählen – es gab allerdings nur „Herr“ und „Frau“. Auch in Briefen wurde sie als Herr oder Frau angesprochen. Die geschädigte Person verklagte die Deutsche Bahn daraufhin auf Unterlassung und 5.000 Euro Entschädigung.
Der Fall landete zunächst vor dem Landgericht Frankfurt am Main, das lediglich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegeben sah. Dagegen klagte die non-binäre Person.
Urteil: Bahn muss Entschädigung zahlen
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main stellte zusätzlich einen Verstoß gegen das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz fest. Der Grund: Die Anrede als Herr oder Frau benachteilige die non-binäre Person wegen ihrer sexuellen Identität. Außerdem bemängelten die Richter, dass non-binäre Personen nur dann einen Vertrag schließen könnten, wenn sie ihre Geschlechtszugehörigkeit falsch angeben. Das OLG verurteilte die Deutsche Bahn zu einer Entschädigungszahlung von 1.000 Euro (Entscheidung vom 21. Juni 2022, 9 U 92/20).
Der Bundesgerichtshof hat die Nichtzulassungsbeschwerde der Bahn zurückgewiesen. Daher ist das Urteil des OLG rechtskräftig (Beschluss vom 27. August 2024, X ZR 71/22).
Das sollten Unternehmen beachten
Auch wenn alle Unternehmen schon seit 2019 neben männlich und weiblich gesetzlich verpflichtend auch divers angeben müssen, zeigt der aktuelle Beschluss, wie brisant das Thema noch ist. „Unternehmer sollten prüfen, ob sie wirklich überall divers angegeben haben: in Stellenanzeigen, Formularen oder auch in automatisch verschickten E-Mails. Sonst drohen Strafen“, sagt Ecovis-Rechtsanwalt Andreas Hintermayer in München.