Grenzüberschreitende Streitbeilegung in China: Erfolgreiche Vollstreckungsstrategien
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Grenzüberschreitende Streitbeilegung in China: Erfolgreiche Vollstreckungsstrategien

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In einer globalisierten Wirtschaftswelt sind Interessenkonflikte und daraus resultierende Streitigkeiten unvermeidlich, auch in China, welches sich längst zu einem wirtschaftlichen Schwergewicht entwickelt hat und damit eine zunehmende Anzahl von Unternehmen und Investoren anzieht. Die Akteure sehen sich regelmäßig mit rechtlichen Auseinandersetzungen konfrontiert, die nicht nur kostspielig sind, sondern auch ihre Effizienz und Reputation beeinträchtigen können. Von Vertragsbrüchen über Wettbewerbsverstöße bis zur Verletzung von geistigem Eigentum. Um diese Herausforderungen zu bewältigen und eine effektive Streitbeilegung zu erreichen, setzen Unternehmen zunehmend auf alternative Methoden der Konfliktlösung. Insbesondere im Rahmen des Wirtschaftsrechts gewinnen solche Mechanismen an Bedeutung und können zu einem wichtigen Faktor für die Geschäftstätigkeit in der Volksrepublik werden. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Methoden der Streitbeilegung in Wirtschaftssachen, die Schiedsgerichtsbarkeit, sowie die staatliche Gerichtsbarkeit und Vollstreckung in China.

Konfliktlösungsansätze bei Wirtschaftsstreitigkeit

Je nach Konstellation und Bedürfnis bieten sich unterschiedliche Instrumente der Konfliktlösung an. Angefangen bei reinen Verhandlungen als kostengünstigste Variante bis zum Gerichtsverfahren, welches eine klare Struktur und eine hohe Rechtsicherheit bietet.

 

Schiedsgerichtsbarkeit in China

Die Grundlage des Schiedsverfahrens bildet die Schiedsvereinbarung. Sie bildet die Legitimationsgrundlage für das Tätigwerden des Schiedsgerichts und enthält die Einigung der Parteien, ein solches Gericht über Ihre Streitigkeiten entscheiden zu lassen. Der Konflikt muss aus Verträgen und Vermögensbeziehungen zwischen privaten Parteien resultieren. Nicht schiedsfähig sind Fälle aus dem Familien- und Erbrecht sowie verwaltungsrechtliche oder arbeitsrechtliche Streitigkeiten.

Wichtige ausländische Schiedsgerichte befinden sich in Paris (ICC), Singapur (SIAC), London (LCIA), Hong-Kong (HKIAC), Berlin (DIS) und Wien (VIAC).

Die Schiedsgerichtsbarkeit in China unterliegt den maßgeblichen Bestimmungen der China International Economic and Trade Arbitration Commission (CIETAC). Sie ist die zentrale Kommission in der Beilegung wirtschaftlicher Streitigkeiten in China. Eine hierarchische oder territoriale Zuständigkeit der verschiedenen Institutionen besteht nicht. Das Schiedsgerichtsgesetz der Volksrepublik China erkennt nur die institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit und keine Ad-hoc-Schiedsgerichtsbarkeit, bei der die Parteien das Verfahren in Eigenregie führen, an.

Bei Streitigkeiten aus Verträgen mit ausländischem Bezug können die Parteien zwischen einer chinesischen Schiedskommission (z. B. CIETAC.) und internationale Schiedskommissionen (z.B. ICC) wählen.

Staatliche Gerichtsbarkeit und Vollstreckung in China

Die chinesischen Gerichte sind in vier Ebenen gegliedert, beginnend mit dem Obersten Volksgericht (SPC), gefolgt von den Hohen Volksgerichten, den Zwischengerichten und den Basisvolksgerichten. Daneben bestehen spezialisierte Gerichte für Verfahren betreffend etwa das Militär, das Seerecht, oder das geistige Eigentum.

Das erstinstanzlich zuständige Gericht bestimmt sich, ähnlich wie in Deutschlands, nach Kriterien des Streitwertes, Ortes, sowie weiteren Umständen des Einzelfalls.

Bei der Anerkennung ausländischer Urteile in China prüft das Gericht zunächst die Rechtswirksamkeit des Urteils. Sofern kein bilateraler Vertrag zwischen China und dem entsprechenden Land besteht, wird die Anerkennung auf der Grundlage der Gegenseitigkeit zwischen dem ausländischen Staat und China entschieden. „Gegenseitigkeit“ bedeutet, dass die Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Urteils in China auf keine wesentlich größeren Schwierigkeiten stoßen dürfte, als umgekehrt die Anerkennung und Vollstreckung eines vergleichbaren chinesischen Urteils in dem entsprechenden Ausland. Fehlt es an beidem, wird die Anerkennung verweigert. Das Gericht lehnt die Anerkennung auch ab, wenn das Urteil grundlegende Rechtsprinzipien Chinas verletzt oder nationale Interessen beeinträchtigt. Im Falle der Anerkennung kann das Gericht auf Antrag einen Vollstreckungstitel ausstellen. Da derzeit kein Vollstreckungsabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland besteht, hängt die Anerkennung deutscher Urteile in China nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit von der Vollstreckbarkeit von Urteilen chinesischer Volksgerichte in Deutschland ab. Die Vollstreckung eines anerkannten ausländischen Urteils erfolgt daraufhin analog zur Vollstreckung eines inländischen Urteils.

Fazit

Insgesamt zeigt sich, dass eine proaktive Herangehensweise an die Streitbeilegung empfehlenswert ist. Verhandlungen sind zwar anzuraten, dabei sind zur Sicherstellung der Effizienz aber gleichzeitig klare Fristen zu setzen. Klageerhebungen können die Verhandlungsbereitschaft fördern, wobei eine Kombination aus Verhandlung und Klageerhebung möglich ist. Im Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit sollten Unternehmen besonders auf wirksame Schiedsvereinbarungen achten, entweder durch Modellklauseln oder durch anwaltliche Prüfung. Bei staatlichen Gerichtsverfahren ist die Vollstreckbarkeit des Urteils entscheidend. Es ist ratsam, Streitbeilegungsmethoden bereits vor Vertragsabschluss zu bedenken, um für potenzielle Konflikte vorbereitet zu sein.