Ministerpräsident Davutoğlu kündigt ein neues „Familien-Paket“ an – Auswirkungen auf das türkische Arbeitsrecht

3 min.

Deutsche Investoren in der Türkei haben einen regelmäßigen Beratungsbedarf im türkischen Arbeitsrecht, da Sie mit der Gründung eines Unternehmens oder einer Niederlassung in der Türkei lokale Angestellte und Mitarbeiter beschäftigen, deren Arbeitsverhältnisse dem türkischen Arbeitsrecht unterliegen.

Das türkische Individualarbeitsrecht wird maßgeblich durch das Arbeitsgesetz Nr. 4857 geregelt. Zwischen dem deutschen und dem türkischen Arbeitsrecht gibt es neben Gemeinsamkeiten und Übereinstimmungen auch viele entscheidende Unterschiede. Insbesondere sind die lokalen Regeln zur Kündigung und zur Abfindungszahlung zu beachten, um arbeitsgerichtliche Streitigkeiten vor türkischen Arbeitsgerichten zu vermeiden.

Das angekündigte „Familien-Paket“

Der türkische Ministerpräsident Davutoğlu begann das Jahr 2015 mit einer Pressekonferenz, bei der er das geplante „Familien-Paket“ verkündete. Das sogenannte Familien-Paket soll insbesondere dazu dienen, Beschäftigungsanreize für Frauen zu schaffen sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gestalten.

Mutterschutzfristen (Beschäftigungsverbote) im türkischen Arbeitsrecht

Gemäß aktueller Rechtslage beginnt die Mutterschutzfrist (Beschäftigungsverbot) acht Wochen vor dem errechneten Geburtstermin und endet acht Wochen nach der Entbindung. Nach dem Ende des Beschäftigungsverbots folgen im Vergleich zum deutschen Arbeitsrecht keine entsprechenden Elternzeitregelungen, so dass die Mütter nach dem Ende des Beschäftigungsverbots ihre Beschäftigungen wieder aufnehmen. Die Arbeitnehmerinnen sind aber nach dem Ende des Beschäftigungsverbots auf eigenes Verlangen bis zu 6 Monate unbezahlt freizustellen.

Das geplante Familien-Paket sieht unter anderem vor, dass Mütter nach dem Ende des Beschäftigungsverbots einen Anspruch auf Teilzeitarbeit genießen sollen. Konkret soll die Regelung vorsehen, dass Mütter täglich 4 Stunden ihre Arbeitsleistung erbringen sollen, so dass die tägliche Arbeitszeit auf die Hälfte reduziert wird. Die entscheidende Regelung zugunsten der Arbeitnehmerinnen soll darin liegen, dass den Arbeitnehmerinnen trotz der Reduzierung ihrer Arbeitsstunden durch einen staatlichen Zuschuss ein voller Gehaltsanspruch zustehen soll. Ein solcher voller Gehaltsanspruch soll sich auf einen Zeitraum von 8 Wochen nach dem Ende des Beschäftigungsverbots erstrecken. Beim zweiten Kind soll sich dieser Anspruch auf 16 Wochen und beim dritten Kind auf 24 Wochen erweitern.

Zusätzlich soll mit einer Neuregelung beschäftigten Müttern die grundsätzliche Möglichkeit geschaffen werden, eine Teilzeitbeschäftigung ausüben zu können, die aber 30 Arbeitsstunden wöchentlich nicht unterschreiten soll. Ein solcher Teilzeitarbeitsanspruch soll bis zum Eintritt der Schulpflicht des jeweiligen Kindes gelten.

Ein gesetzlicher Anspruch auf Teilzeitarbeit besteht gemäß aktueller Rechtslage nicht, so dass eine solche Vertragsgestaltung in der Praxis von der Einwilligung des Arbeitgebers abhängt. Das Konstrukt der Teilzeitarbeit ist der türkischen Arbeitswelt weitgehend unbekannt und entspricht keiner gängigen Praxis. Die geplante Einführung der Teilzeitbeschäftigung wird folglich aus Arbeitgebersicht die Personalentwicklung beeinflussen und entsprechende betriebliche Strukturierungen erfordern.

Ansprechpartnerin/Iletişim

Steuerberaterin/Yeminli Mali Müşavir Augsburg, Ayla Yagci
Ayla Yagci
Steuerberaterin/Yeminli Mali Müşavir Ecovis Augsburg
Tel.: +49 821-344 56 0
E-Mail