Rechtlich korrekt mit der ePA umgehen: Wichtige Hinweise zur Befüllungsverpflichtung und Patienten-information für Ärzte
16.12.2025
Seit dem 1. Oktober 2025 ist die ePA verpflichtend für alle Arztpraxen. Sie soll die Funktion eines zentralen digitalen Speicherorts für medizinisch relevante Gesundheitsdaten von Patienten erfüllen. Allerdings wirft der korrekte Umgang mit der ePA auch einige rechtliche Fragen auf.
Die ePA ist jetzt da. Alle gesetzlich Versicherten erhalten sie automatisch durch ihre Krankenkasse, sofern der Versicherte nicht widersprochen hat. Für Patientinnen und Patienten ist die Nutzung der ePA freiwillig. „Der Versicherte entscheidet, welche Daten die ePA enthalten soll und wer darauf zugreifen darf“, erklärt Daniela Groove, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht bei Ecovis in München. Für den Zugriff auf die ePA eines Patienten muss der Arzt bei einer Behandlung keine zusätzliche Einwilligungserklärung erhalten. „Durch das Einlesen der Gesundheitskarte ist der Behandlungskontext bereits nachgewiesen“, sagt Groove.
Was die Befüllungsverpflichtung bedeutet
Die gesetzliche Befüllungsverpflichtung ist auf medizinische Daten aus der konkreten Behandlung beschränkt. Das gilt, wenn der Patient der Einstellung der Daten nicht widersprochen hat. „Neben Daten zu Laborbefunden sind Befundberichte und eArztbriefe einzustellen“, erklärt Groove. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen Ärzte auch Daten zur Medikationsliste eintragen. Der derzeitige Entwurf eines „Gesetzes zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege“ sieht allerdings eine Ausnahme vor: wenn der Befüllung erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen oder wenn Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohles eines Kindes oder Jugendlichen vorliegen. Was Ärzte zusätzlich beachten müssen:
Die ePA ersetzt nicht die Behandlungsdokumentation des Arztes (Primärdokumentation) und die Kommunikation unter den Ärzten. So sind etwa Überweisungen oder eArztbriefe weiterhin an den Empfänger zu versenden.
Das Praxispersonal darf die ePA befüllen, mit Ausnahme bei genetischen Untersuchungen nach den Vorschriften des Gendiagnostikgesetzes.
Ärzte sind verpflichtet, Patienten darüber zu informieren, welche Daten sie von Gesetzes wegen aus der konkreten Behandlung einstellen. Dokumente aus vorangegangenen Behandlungen können Ärzte speichern, wenn sie es für notwendig erachten. Auf Wunsch oder Verlangen des Patienten dürfen sie weitere Daten, etwa Befunddaten oder AU-Bescheinigungen, einstellen.
Zugriff e auf die ePA werden mit Datumsund Zeitstempel dokumentiert. Versicherte können so sehen, wer wann auf die ePA Zugriff genommen hat.
Bei sensiblen Daten, die Anlass zur Diskriminierung oder Stigmatisierung geben können, etwa psychischen Erkrankungen, sexuell übertragbaren Infektionen oder Schwangerschaftsabbrüchen, muss der Arzt den Patienten auf sein Recht zum Widerspruch hinweisen.
„Ärztinnen und Ärzte sollten wissen, dass es keine Formvorschrift für einen Widerspruch zum Einstellen von bestimmten Daten gibt. Eine mündliche Erklärung des Patienten reicht aus. Einen erklärten Widerspruch sollten sie daher immer nachprüfbar in der Primärdokumentation notieren“, rät Ecovis-Rechtsanwältin Groove.
Vorläufige Steuerbescheide wegen anhängigem Verfahren: Schutz für Steuerpflichtige
15.12.2025
Das Finanzamt darf Steuerbescheide, die aufgrund eines anhängigen Verfahrens vorläufig sind, nicht einfach zu Lasten von Steuerpflichtigen ändern – auch wenn ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) eine Gesetzeslage bestätigt. Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied, dass im Fall eines Vorläufigkeitsvermerks aufgrund eines anhängigen Verfahrens Änderungen grundsätzlich nur zulässig sind, wenn das BVerfG ein bestimmtes Steuergesetz für nicht verfassungsgemäß hält. Das Urteil erklärt Ecovis-Steuerberaterin Stefanie Striegan in Regensburg.
Vorläufige Bescheide: Was erlaubt ist und was nicht
Grundsätzlich gilt: Wenn das Finanzamt eine Steuer zunächst nur vorläufig festsetzt, z.B. aufgrund von Liebhaberei Verdacht, kann es diese Festsetzung später aufheben oder ändern. Davon abzugrenzen ist der vorliegende Vorläufigkeitsvermerk aufgrund eines Verfahrens, das beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist.
Der Fall: Ausbildungskosten im Fokus
Die Klägerin absolvierte eine dreimonatige Ausbildung zur Rettungssanitäterin und machte die Kosten hierfür als Werbungskosten für eine Zweitausbildung geltend. Das Finanzamt erkannte die Ausbildungskosten zunächst (fälschlicherweise) an, setzte die Steuerbescheide jedoch mit einem Vorläufigkeitsvermerk fest. Das Problem: Das Finanzamt hätte den Bescheid so festsetzen müssen, dass es der aktuellen Rechtslage entspricht. Das heißt die Kosten wären lediglich als Sonderausgaben absetzbar. Tatsächlich hat das Finanzamt aber die Kosten als Werbungskosten anerkannt.
Das BVerfG bestätigte in einem Urteil aus 2019, dass die bestehende Rechtslage mit der Verfassung vereinbar ist. Das bedeutet, dass Kosten für die Erstausbildung (mindestens 12 Monate) als Sonderausgaben in demselben Jahr abziehbar sind, wohingegen Kosten der Zweitausbildung als Werbungskosten geltend gemacht werden können. Der Vorteil hierbei ist, dass dabei auch bei vorhandenen Verlusten auch in die Folgejahre vortragsfähig sind. Die Sonderausgaben sind allein mit ihrem Ansatz im laufenden Jahr verbraucht.
In diesem Fall hätte das Finanzamt mit Bearbeitung der Erklärung erkennen müssen, dass die dreimonatige Ausbildung zur Rettungssanitäterin nicht den erforderlichen Mindestumfang von zwölf Monaten erfülle und somit nicht als Erstausbildung anzuerkennen sei. Striegan erklärt: “Das Finanzamt muss den Steuerbescheid auf aktueller Grundlage prüfen und festsetzen. Wird wie im Urteilsfall nicht richtig geprüft und gewürdigt, so kann das Finanzamt nicht willkürlich anschließend wieder zuungunsten ändern.“
BFH stellt klar: Kein Änderungsrecht zulasten des Steuerpflichtigen
Der BFH entschied eindeutig: Das Finanzamt durfte die Steuerbescheide nicht nachträglich ändern und die Kosten als Sonderausgaben umqualifizieren. Dieses Urteil zeigt: „Vorläufigkeitsvermerke sind kein Freibrief für nachträgliche Änderungen zu Ungunsten des Steuerzahlers. Bei einer Bestätigung besteht kein Korrekturbedarf – eine Änderung der Steuerfestsetzung ist ausgeschlossen”, sagt Steuerberaterin Striegan.
Neuer Kontrollrahmen gegen Schwarzarbeit: Welche Pflichten jetzt auf Unternehmen zukommen
12.12.2025
Der Bundestag hat am 13. November 2025 den Gesetzesentwurf zur „Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung“ beschlossen (BT-Drucksachen 21/1930, 21/2670). Mit dem Gesetz will der Gesetzgeber die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls deutlich stärken. Für Unternehmen kann das bedeuten: mehr Kontrollen, mehr Meldepflichten und mehr digitale Anforderungen. Ecovis-Rechtsanwältin Luljeta Krasniqi in Landshut erklärt, worauf sich Betriebe einstellen sollten.
Erweiterte Befugnisse des Zolls
Der Zoll wird zur zentralen Prüf- und Ermittlungsbehörde ausgebaut. Er darf künftig unangekündigt Geschäftsräume betreten, Unterlagen einsehen und Beschäftigte befragen. Die Behörde kann Verstöße nach den neuen Paragrafen 14a bis 14c Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) selbst ermitteln, ahnden und vollstrecken. Darüber hinaus ist die eigene Beteiligung der Zollverwaltung im Strafverfahren vorgesehen. Damit nimmt sie eine Rolle ein, die grundsätzlich nur der Staatsanwaltschaft zusteht.
Neue Branchen im Fokus
Neu im Katalog der besonders anfälligen Branchen nach Paragraf 2a SchwarzArbG sind Friseur- und Kosmetikgewerbe sowie plattformbasierte Lieferdienste.
Fleischerhandwerk und Forstwirtschaft fallen dagegen weg. Für die neuen Branchen gelten jetzt Mitführ- und Vorlagepflichten für Ausweise und eine schriftliche Hinweispflicht an Beschäftigte. Zudem müssen die betroffenen Unternehmen die in Paragraf 28a Abs. 1 SGB IV (Viertes Buch Sozialgesetzbuch) genannten Daten an die Sozialversicherung übermitteln.
Umfassender Datenaustausch zwischen Behörden
Nach den Plänen der Regierung wird die FKS Teil des polizeilichen Informationsverbunds. Hinweise über Verstöße – etwa gegen das Mindestlohngesetz, Steuergesetze oder die Arbeitnehmerüberlassung – müssen Behörden künftig gegenseitig melden. Mit dem geplanten System „Operatives Informations- und Datenanalysesystem“ (OIDA) sollen große Datenmengen, etwa von Sozialversicherungsträgern oder Landesfinanzbehörden, automatisiert abgeglichen werden. Die Zentralstelle der Zollverwaltung darf diese Daten halbjährlich abrufen und auswerten.
Pflicht zur Digitalisierung aller Unterlagen
Künftig müssen Unternehmen Unterlagen elektronisch bereitstellen. Die Behörden können digitale Abschriften verlangen und auf Daten in maschinell auswertbarem Format zugreifen (Paragrafen 4, 5a SchwarzArbG). Ausnahmen gibt es nicht.
Für Kreditinstitute, Versicherungen und Wertpapierinstitute verlängert sich zudem die Aufbewahrungspflicht nach Handelsgesetzbuch auf zehn Jahre.
Höhere Sanktionen
Der neue Paragraf 9 SchwarzArbG stuft bestimmte Ordnungswidrigkeiten zu Straftaten hoch. Wer falsche Belege gewerbsmäßig ausstellt oder nutzt, riskiert eine Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe.
Was Unternehmen jetzt tun müssen
Die neuen Vorgaben greifen tief in den Arbeitsalltag vieler Branchen ein. Unternehmen sollten deshalb prüfen, ob interne Abläufe bereits digital genug sind, um Unterlagen schnell elektronisch bereitzustellen. Dazu gehört auch, Verantwortlichkeiten für Meldungen an Sozialversicherungsträger eindeutig festzulegen und Beschäftigte über neue Mitführ- und Vorlagepflichten zu informieren.
Prozesse, die bisher analog liefen – etwa Lohnunterlagen, Einsatzpläne oder Nachweise – sind zeitnah zu digitalisieren. Wichtig ist zudem, regelmäßig zu kontrollieren, ob die übermittelten Daten vollständig und korrekt sind, denn die Behörden gleichen diese künftig automatisiert ab.
„Betriebe sollten ihr Risiko- und Compliance-Management deshalb frühzeitig prüfen und anpassen“, rät Ecovis-Rechtsanwältin Luljeta Krasniqi. „Je besser die Abläufe dokumentiert und digital organisiert sind, desto geringer ist das Risiko von Verstößen.“