Allgemeine Information zum türkischen Gerichtssystem

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Zivil- und handelsgerichtliche Streitigkeiten sind vor den zuständigen Zivilkammern zu führen (Asliye Hukuk Mahkemeleri).

Das türkische Gerichtssystem ist zweistufig aufgebaut. Das bedeutet, dass gegen ein erstinstanzliches Urteil lediglich das Rechtsmittel derRevision gegeben ist. Eine Berufungsinstanz und der beabsichtigte Übergang in den dreistufigen Gerichtsaufbau wie sie im deutschen Rechtssystem gegeben ist, konnte bis dato nicht umgesetzt werden.

Gegen erstinstanzlich ergangene Urteile kann folglich nur vor dem Kassationshof (Yargitay) binnen 15 Tagen nach Urteilszustellung das Rechtsmittel der Revision (temyiz) eingelegt werden.

Forderungsbeitreibung in der Türkei – Inkasso

Thema dieses Beitrags ist die Thematisierung der Vorgehensweise für den Fall, dass der in der Türkei ansässige Kunden oder Geschäftspartner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen.

I. Außergerichtliches Mahnverfahren

Es besteht zunächst die Möglichkeit, dass der Gläubiger seinen Schuldner schriftlich zur Zahlung auffordert. Dies erfolgt in der türkischen Rechtspraxis im Wege eines notariell zugestellten Mahnschreibens (ihtarname). Der Schuldner wird somit unter Fristsetzung zur Zahlung aufgefordert.

II. Zahlungsbefehl („ödeme emri“)

Bleibt die außergerichtliche Durchsetzung der Ansprüche erfolglos, kommt die Zustellung eines „Zahlungsbefehls“ (ödeme emri) in Betracht. Der Schuldner kann allerdings gegen solch einen Zahlungsbefehl binnen 7 Tagen ab Zustellung Einspruch einlegen (itiraz). Unterlässt der Schuldner hingegen die Einspruchseinlegung, wird der Zahlungsbefehl rechtskräftig und vollstreckbar. Wird fristgerecht Einspruch eingelegt, obliegt es dem Gläubiger binnen eines Jahres Klage auf Aufhebung des Einspruchs zu erheben (itirazin iptal davasi) und in das streitige Verfahren überzugehen, und die Ansprüche materiell-rechtlich zu begründen. Stellt das Gericht fest, dass der Einspruch des Schuldners unbegründet war, kann das Gericht den Schuldner weitergehend auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von bis zu 40% des Streitwertes verurteilen.

III. Arrestpfändung und einstweilige Sicherung

Um Vermögensverschiebungen des Schuldners zuvorzukommen, besteht die Möglichkeit der Sicherung der Ansprüche über eine Arrestpfändung.

Der entscheidende Vorteil dieser Vorgehensweise liegt darin, dass weder der Antrag noch der Arrestpfändungsbeschluss an den Schuldner zugestellt werden muss. Voraussetzung für den gerichtlichen Erlass eines Arrestpfändungsbeschlusses ist die Glaubhaftmachung der Forderung oder die Zahlung einer Sicherheitsgarantie in Höhe von aktuell 15 % des Forderungsbetrags. Nach dem Erlass des Arrestpfändungsbeschlusses muss innerhalb von 10 Tagen die Vollstreckung aus dem Beschluss erfolgen, da nach Ablauf dieser Frist der Beschluss über die Arrestpfändung unwirksam wird. Da es sich im weiteren bei der Arrestpfändung um eine einstweilige Maßnahme handelt, hat der Gläubiger nach der Vollstreckung binnen 7 Tagen das Hauptsacheverfahren einzuleiten.

IV. Vollstreckbarkeit deutscher Titel in der Türkei

Wurde gegen den Schuldner in Deutschland ein rechtkräftiger Titel erwirkt, so ist die Vollstreckung in der Türkei sinnvoll und zweckmäßig, wenn der Schuldner in der Türkei Vermögen hält. Um in der Türkei vollstrecken zu können, muss der deutsche rechtskräftige Titel von dem zuständigen türkischen Gericht im Rahmen eines Anerkennungsverfahrens für vollstreckbar erklärt werden (tanima ve tenfiz davasi).

Zuständig ist das erstinstanzliche Zivilgericht am Wohnort des Klägers. Falls der Kläger nicht in der Türkei wohnhaft ist, sind die Zivilgerichte in Ankara, Istanbul und Izmir zuständig.

Nachdem das deutsche Urteil vom türkischen Gericht für vollstreckbar erklärt wurde und die Entscheidung rechtskräftig ist, kann das Vermögen des Schuldners gepfändet und zwangsversteigert werden.

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