Markteintritt Türkei

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Das Auslandsgeschäft ist ein wichtiger Schritt und bedarf einer gezielten Vorbereitung. Genaue Geschäftspläne, eine fundierte Standortwahl und ein gut strukturierter Zeitplan sind für einen erfolgreichen Markteintritt unumgänglich. Rechtliche, steuerliche und wirtschaftliche Fragen müssen im Hinblick auf die individuellen Ziele des Investors bewertet werden, um einen effektiven und erfolgreichen Markteintritt zu gewährleisten.

Für die jeweils angestrebte Geschäftstätigkeit in der Türkei bieten sich verschiedene Möglichkeiten, aufsteigend geordnet nach Investitionsbedarf und Effektivität der lokalen Marktpräsenz:

I. Aufbau von Vertriebsaktivitäten

Ausländische Investoren können zum Zwecke des Aufbaus erster Geschäftstätigkeiten lokale Handelsvertreter und Vertragshändler einsetzen, um den ausländischen Markt in Bezug auf den eigenen Geschäftsbereich zu erkunden. Die Tätigkeit des Handelsvertreters nach türkischem Recht entspricht mit einigen Ausnahmen im wesentlichen dem deutschen Handelsvertreterrecht. Obgleich ein Schrifterfordernis für solch ein Engagement nach türkischem Recht nicht zwingend ist, empfiehlt sich ein schriftlicher Vertrag, um die Ansprüche und Pflichten der Parteien transparent und missverständlich festzuhalten.

II. Verbindungsbüro – „Liaison Office“

Entscheidet sich die ausländische Gesellschaft hingegen für eine eigene selbstständige Repräsentanz in der Türkei, ohne eine Kapitalgesellschaft errichten zu wollen, so kommt die Möglichkeit der Gründung eines „Verbindungsbüros“ (türkisch: Irtibat Bürosu“) in Betracht.

Das sogenannte „Liaison Office“ dient ausschließlich dazu, die eigene Repräsentanz vorort einzurichten sowie Kundenkontakte herzustellen und zu pflegen. Insbesondere ist es dem Verbindungsbüro nicht erlaubt, Handelsgeschäfte vorzunehmen und Einnahmen zu erzielen. Die Handelsgeschäfte sind mit der ausländischen Hauptgesellschaft abzuschließen.

Sämtliche Gründungskosten und die fortlaufenden Kosten des Büros (wie z.B. Mietzins für das Büro und Gehaltsvergütungen der Angestellten) sind durch die ausländische Hauptgesellschaft zu finanzieren.

Die Gründung eines Verbindungsbüros ist genehmigungspflichtig. Die zuständige Behörde („Staatssekretariat für das Schatzwesen) erteilt die beantragte Genehmigung bei Vorliegen aller Voraussetzungen für maximal drei Jahre und ist sodann verlängerbar. Der Behörde ist im folgenden ein jährlicher Tätigkeitsbericht des Verbindungsbüros vorzulegen.

III. Gesellschaftsgründung in der Türkei

Die in Betracht kommenden Gesellschaftsformen für ausländische Investoren sind in der Regel die türkische Gesellschaft mit beschränkter Haftung („Limited Sirketi“) oder die türkische Aktiengesellschaft (Anonim Sirketi).

1. Limited Sirketi (türkische Gesellschaft mit beschränkter Haftung):

Nach der Reform des türkischen Handelsgesetzbuchs im Jahre 2012 besteht nunmehr auf die Möglichkeit eine solche Gesellschaft mit nur einem Gesellschafter zu gründen (vgl. „Ein-Mann-GmbH).
Voraussetzung für die Gesellschaftsgründung ist ein schriftlich niedergelegter notariell beurkundeter Gesellschaftsvertrag. Das Mindestkapital der Limited Sirketi beträgt aktuell 10.000 Türkische Lira, wobei 1/4 des Kapitals bei der Gründung und der Rest binnen 24 Monaten eingezahlt werden kann.

Ein wesentlicher Unterschied zum deutschen GmbH-Recht liegt in der persönlichen Haftung der Gesellschafter für öffentliche Verbindlichkeiten (Steuerverbindlichkeiten, Forderungen der Sozialversicherungen usw.).

Die türkische Limited Sirketi wird durch ihren Geschäftsführer (müdür) vertreten. Weiteres Organ der Gesellschaft ist die Gesellschafterversammlung (genel kurul).

Bei Vorliegen der erforderlichen Gründungsdokumente kann solch eine Gesellschaft erfahrungsgemäß binnen einer Woche gegründet, im türkischen Handelsregister (ticaret sicili) eingetragen und im türkischen Handelsregisterblatt bekanntgemacht werden.

2. Anonim Sirketi (türkische Aktiengesellschaft)

Im Vergleich zu der Limited Sirketi erfordert die türkische Aktiengesellschaft ein Gründungskapital in Höhe von 50.000 Türkische Lira, wobei 1/4 des Gründungskapitals bei der Gründung und der Rest binnen 24 Monaten eingezahlt werden kann.

Infolge der Neufassung des türkischen Handelsgesetzbuches zum 01.07.2012 kann eine türkische Aktiengesellschaft nunmehr mit nur einem Gesellschafter gegründet werden (ehemals waren mindestens fünf Gesellschafter erforderlich).

Organe der türkischen Aktiengesellschaft:

Der Vorstand (Yönetim Kurulu): Die Besetzung des Vorstands kann nunmehr auch nur mit einer Person erfolgen.

Hauptversammlung (genel kurul): Die Hauptversammlung entscheidet per Beschluss über die gesellschaftsvertraglich und gesetzlich vorgeschriebenen Geschäfte und Maßnahmen.

Für öffentliche Verbindlichkeiten haftet in erster Linie die Gesellschaft. Ein Haftungsdurchgriff auf die Vorstandmitglieder der Gesellschaft kommt aber dann in Betracht, wenn die Gesellschaft die öffentlichen Forderungen nicht erfüllt. Eine etwaige persönliche Haftung der Aktionäre für öffentliche Forderungen besteht aber nicht (beachte wesentlicher Unterschied zur türkischen GmbH).

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