20. September 2021

Anonymes Meldeportal für Steuersünder in Baden-Württemberg gestartet – bald auch in NRW?

Kategorien: Unkategorisiert

Baden-Württemberg prescht vor. Ein anonymes Meldeportal soll es Bürger:innen erleichtern, Verstöße gegen Straf- und Steuergesetze zu melden. 

Tippgeber:innen soll es so noch leichter gemacht werden, anonyme Hinweise auf Steuerhinterziehung oder andere Straftaten anzeigen zu können. Sei es bei der Polizei oder dem Finanzamt. Warum das Hinweisgeberportal momentan nur in Baden-Württemberg online ist und ob die anderen Bundesländer nachrüsten, erfahren Sie hier.

Anonymes Meldeportal in Baden-Württemberg birgt Zündstoff

Auch heute schon gibt es verschiedenste Möglichkeiten, “normale” Straftaten und Steuerstraftaten wie Steuerhinterziehung anzuzeigen. Allerdings gibt es hier immer wieder Probleme. Kommen Anzeigen beispielsweise per Mail, fehlen häufig elementare Informationen wie Namen oder Telefonnummern der Tippgeber:innen. Dadurch können Mitarbeiter:innen der Polizei oder der Finanzverwaltung keine Rückfragen stellen.
Dieses Problem will Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) mit einem anonymen Meldeportal (Hinweisgebersystem BW) lösen. Es funktioniert wie ein normales Kontaktformular, das man regelmäßig auf Websites findet. Allerdings sollen die IP-Adresse und andere Userbezogene-Daten der Tippgeber:innen nicht erhoben werden. Dies dient dem Schutz des Whistleblowers. Ein Schutz, der allerdings auch negative Auswirkungen haben kann. Denn diese Anonymität senkt die Hemmschwelle für allerlei Unfug und eventuelle falsche Anzeigen. Unsere Ecovis-Expertin Dr. Janika Sievert aus Würzburg sprach in einem früheren Beitrag sehr treffend von „Petzen 2.0“.

Ziehen andere Bundesländer bei einem einheitlichen anonymen Meldeportal für Straf- und Steuergesetze mit?

Nachdem Baden-Württembergs Finanzminister Bayaz das Portal hat freischalten lassen, bekam er Kritik von CDU und FDP. Hartmut Schwab, Präsident der Bundessteuerberaterkammer, sagte außerdem, dass ein solches Portal die Steuergerechtigkeit weder verbessert noch wiederherstellt. Ganz im Gegenteil. Hier könnte der persönliche Unmut gegen den Ex-Chef oder den ungeliebten Trainer der Kinderfußballmannschaft schnell zur anonymen Falschanzeige werden.
Einzig Schleswig-Holstein scheint aktuell an einer Lösung Interesse zu haben, die der aus Baden-Württemberg ähnelt. Das Argument hier: Kein Bereich soll von der Digitalisierung ausgenommen werden.
Die übrigen Bundesländer sind sich uneinig. Wohl auch wegen der bevorstehenden Bundestagswahl möchte sich gerade keine Landesregierung positionieren. Auch in NRW sieht es derzeit nicht so aus, als würde bald ein anonymes Meldeportal zur Verfügung stehen.

Unsere Einschätzung

Wir brauchen das anonyme Meldeportal nicht. Im Kern ist das Meldeportal für Verstöße gegen Straf- und Steuergesetze nichts Neues. Bürger:innen können schon lange anonyme Tipps per Brief, Fax oder telefonisch bei der Finanzverwaltung abgeben. Damit können Sie Schuldige – aber auch Unschuldige – belasten. Aus unserer Sicht überwiegen Missbrauchsmöglichkeiten des Portals mit den niedrigen Hürden die damit verbundenen Vorteile. Wenn die Politik ein solches Online-Hinweisgeberportal dennoch implementieren will, dann sollte es bundeseinheitlich geschehen. Eine unterschiedliche Handhabung in den verschiedenen Bundesländern sorgt nicht für eine Beruhigung der kontroversen Diskussion.

Haben Sie Fragen? Dann kommen Sie jederzeit gerne auf uns zu!

 

Marcus Büscher

Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Tags

Keine passenden Tags gefunden.

Expert:innen zu diesem Thema

Das könnte Sie auch interessieren