3. Mai 2021

Besteht eine Vergütungspflicht für die Dauer des Coronatests oder der Coronaschutzimpfung?

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Seit dem 13. April 2021 müssen Unternehmen ihren Beschäftigten Coronatests anbieten. Das geht auf einen Kabinettsbeschluss zurück. Bundesarbeitsminister Heil sagte dazu, dass alle Beschäftigten in Betrieben, die nicht ausschließlich im Home Office arbeiten, ab dem 20. April 2021 Anspruch auf zwei Testangebote pro Woche haben. Arbeitgeber:innen bleibt es überlassen, ob sie ihren Beschäftigten Schnelltests, PCR Tests oder Selbsttest zur Eigenanwendung anbieten. Auch Kooperationen mit Arztpraxen, Testzentren oder Apotheken im Umkreis des Arbeitsortes sind denkbar. Noch nicht geklärt ist die Frage, ob die Zeit, die für Coronatests (oder Schutzimpfung) in Anspruch genommen wird, vom Arbeitgeber vergütet werden muss. Was Sie zur Vergütungspflicht bei Coronatests oder Coronaschutzimpfung wissen müssen, finden Sie hier.

– UPDATE –
Hier finden Sie aktuelle Informationen rund um die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Stand: 9. September 2021)

Wenn Arbeitgeber:in die Inanspruchnahme eines Tests anordnet, gilt die dafür aufgewendete Zeit als Arbeitszeit

Wenn Arbeitgeber:innen die Inanspruchnahme eines Tests anordnet, gilt die dafür aufgewendete Zeit als Arbeitszeit und muss vergütet werden. In bestimmten Berufsgruppen kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Weisungsrechtes wöchentliche Coronatests anordnen. Hierzu gehören:

  • Berufe im Gesundheitsbereich mit direktem und häufigen Patientenkontakt,
  • Friseur:innen und körpernahe Dienstleister:innen
  • bestimmte Berufe im Baugewerbe
  • Berufe im ÖPNV mit Fahrgastkontakt

Wo keine Testpflicht besteht, können Arbeitgeber die Durchführung eines Tests auch nicht anordnen

In diesem Fall entscheiden Arbeitnehmer:innen selbst, ob sie das kostenlose Testangebot annehmen. Bei einer Inanspruchnahme gilt die aufgewendete Zeit nicht als Arbeitszeit und wird auch nicht vergütet. Arbeitsschutz begründet keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Das ist insbesondere dann problematisch, wenn Arbeitgeber:innen auf Testmöglichkeiten außerhalb des Betriebes verweisen (z. B. in Arztpraxen oder Apotheken).

Arbeitgeber:innen können darüber hinaus sogar von den Beschäftigten verlangen, für die Tests einen Termin abseits der Arbeitszeiten zu vereinbaren. Eine solche Anordnung könnte in Einzelfällen dazu führen, dass Arbeitnehmer:innen aufgrund des ihnen entstehenden zusätzlichen Aufwands auf die Tests verzichten. So lässt sich ein effektiver Schutz der Beschäftigten nicht erreichen.

Erweiterte Schutzpflichten für Arbeitgeber:innen und betriebliche Vereinbarung

Arbeitgeber:innen haben im Rahmen der Fürsorge- und Schutzpflichten dafür Sorge zu tragen, dass Sach- und Personenschäden an Arbeitnehmer:innen verhindert werden. Infizieren sich Arbeitnehmer:innen am Arbeitsplatz mit dem Coronavirus, kann dies zu erheblichen Haftungsrisiken für Arbeitgeber:innen führen. Die tatsächliche Durchführung der Tests liegt daher auch im Interesse der Arbeitgeber:innen. Mit einer entsprechenden Dienstanweisung oder einer betrieblichen Vereinbarung können Testzeiten als Arbeitszeit gelten. Ohne eine solche Anweisung oder Vereinbarung besteht für die Testdauer kein Vergütungsanspruch der Arbeitnehmer:innen.

Darum haben Arbeitnehmer:innen keinen Vergütungsanspruch für die Dauer der Corona-Schutzimpfung

Allgemein gilt: „ohne Arbeit kein Lohn“. Ein Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung entsteht nur, wenn Arbeitnehmer:innen die vereinbarte Arbeitsleistung erbringen. Daher besteht grundsätzlich kein Vergütungsanspruch, soweit und solange Arbeitnehmer:innen einen Impftermin wahrnehmen. Etwas Anderes gilt nur, wenn der Wahrnehmung der Corona Schutzimpfung eine Weisung des Unternehmens voranging. Solange es keine gesetzliche Impfpflicht gibt, dürfte eine solche Weisung allerdings unwirksam sein.

Stellt das Infektionsrisiko eine vorrübergehende Verhinderung gemäß § 616 BGB dar?

Eine Ausnahme vom Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“ bildet § 616 BGB. Danach verliert der zur Dienstleistung Verpflichtete seinen Anspruch auf die Vergütung nicht dadurch, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Das bedeutet, Arbeitnehmer:innen sind zwar grundsätzlich arbeitsfähig, können aber aufgrund einer Verhinderung, die aus seiner persönlichen Sphäre stammt, nicht arbeiten. Das derzeit bestehende Infektionsrisiko durch das Coronavirus betrifft eine Vielzahl von Arbeitnehmer:innen und entspringt daher nicht der persönlichen Sphäre des Einzelnen. Das Infektionsrisiko betrifft die gesamte Bevölkerung. Es wäre Arbeitgeber:innen unzumutbar, ein derartiges Vergütungsrisiko zu tragen.

Gegen die Anwendung des § 616 BGB spricht auch, dass es derzeit noch möglich ist, bei der Vergabe von Impfterminen, sei es in Impfzentren oder in Arztpraxen, Einfluss auf die Terminvergabe zu nehmen. Impfwillige können hierbei Wunschtermine vereinbaren oder zumindest einen Wunschzeitraum angeben.

Unsere Einschätzung

Ziel der Tests ist es, Infektionen in den Betrieben zu entdecken, Ansteckungen zu vermeiden und so behördlich angeordnete Betriebsschließungen zu verhindern. Die Durchführung der Tests sollte aus diesem Grund höchste Priorität haben. Arbeitgeber:innen sei daher geraten, eine entsprechende Dienstanweisung oder Betriebsvereinbarung (soforn ein Betriebsrat existiert) zu erlassen, wonach die Testzeit als Arbeitszeit gilt.

Sollten Sie Unterstützung beim Entwurf solcher Vereinbarungen benötigen, beraten wir Sie gerne.

Jens Bühner

Partner, Rechtsanwalt, LL.M., Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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