9. September 2021

Corona-Arbeitsschutzverordnung geändert – Überblick und Einschätzung

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Das Bundeskabinett hat am 1. September 2021 beschlossen, die bis zum 10. September 2021 geltende SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung erneut zu verlängern. Und zwar bis zum 24. November 2021. Diese Änderungsverordnung tritt am Freitag, 10. September 2021, in Kraft und ist mit einigen wichtigen Ergänzungen verbunden. Unsere Expertin Stephanie Grezian gibt einen Überblick und schätzt ein, was die Änderungen für Unternehmer:innen bedeuten. 

Corona-Schutzimpfungen während der Arbeitszeit

Wir hatten am 3. Mai 2021 in unserem Blogbeitrag über die Vergütungspflicht von Unternehmen für die Dauer der Corona-Schutzimpfung der Beschäftigten berichtet. Bis zuletzt galt es als vertretbar, eine solche Vergütungspflicht abzulehnen. Mittlerweile sieht der Verordnungsgeber in der Steigerung der Impfquote in der Altersgruppe der Berufstätigen eine sichere und nachhaltige Schutzmöglichkeit zur Verhinderung einer Infektion im Betrieb. Daher sollen Arbeitgeber:innen ihre Beschäftigten über die Risiken einer Covid-19 Erkrankung informieren.
Zusätzlich sollen sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über bestehende Impfmöglichkeiten aufklären und sie für die Impfung von der Arbeit freistellen.

In der Begründung zum Entwurf der Verlängerungsverordnung heißt es, dass 30 Prozent der grundsätzlich impfbereiten Personen ihre bisherige Nicht-Impfung darauf stützen, sie seien nicht ausreichend informiert oder hätten keine Zeit. Hier sollen jetzt die Arbeitgeber:innen tätig werden, indem sie der Freistellung für die Dauer der Impfung zustimmen.

Freistellen von der Arbeit für Corona-Schutzimpfungen

Die Verordnung regelt deswegen: “Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten zu ermöglichen, sich während der Arbeitszeit gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 impfen zu lassen”. Aus dieser Begründung geht allerdings nicht eindeutig hervor, ob es sich dabei um eine bezahlte oder unbezahlte Freistellung handelt, sondern lediglich um die Ermöglichung einer Impfung während der Arbeitszeit. Dies kann dahingehend verstanden werden, dass Arbeitgeber:innen fortan die durch die Wahrnehmung des Impftermines entstandene Ausfallzeit ihrer Beschäftigten vergüten müssen. Ob eine Verpflichtung zur Vergütung überhaupt über die ArbSchVO-E geregelt werden kann, bleibt aber fraglich. Die ArbScHVO-E enthält im Wesentlichen Vorgaben zum Arbeitsschutz. Sie dürfte allerdings keine arbeitsschutzfernen Bereiche wie die Vergütung für Ausfallzeiten regeln.

Testpflicht bleibt bestehen

Die bisherigen Maßnahmen des Corona-Arbeitsschutzes werden beibehalten. Unternehmen bleiben zur Begrenzung der Beschäftigtenzahl in geschlossenen Arbeits- und Pausenräumen verpflichtet. Auch Maßnahmen wie die Bildung von festen betrieblichen Arbeitsgruppen, das Tragen von Mund-Nasen-Schutz bei unvermeidbarem Kontakt und die Erstellung und Einhaltung von betrieblichen Hygienekonzepten sind weiterhin umzusetzen.

Arbeitgeber:innen sind weiterhin verpflichtet, allen in Präsenz arbeitenden Beschäftigten zweimal pro Woche einen Corona-Test anzubieten. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Schutz der Arbeitnehmer:innen anderweitig sichergestellt werden kann. So könnten Beschäftigte, die einen vollständigen Impfschutz oder eine Genesung von einer Covid-19-Erkrankung nachweisen, vom Testangebot ausgenommen werden. Die Beschäftigten sind aber nach wie vor nicht verpflichtet, das Testangebot anzunehmen. Sie müssen auch keine Auskunft über ihren Impfstatus geben. Liegen Arbeitgeber:innen dennoch Informationen zum Impf- oder Genesenenstatus vor, so darf diese Kenntnis gemäß § 2 der ArbSchVO-E auch verwendet werden. Dies ist vor allem für Beschäftigte im Gesundheitswesen relevant.

Unsere Einschätzung

Wir sehen eine Pflicht der Arbeitgeber:innen zur bezahlten Freistellung für die Dauer der Schutzimpfung kritisch. Sie tragen ab dem 10. September 2021 nicht nur die Kosten für die Arbeitsausfälle, sondern bleiben zusätzlich weiterhin verpflichtet, ihre Beschäftigten zweimal wöchentlich Testangebote zu unterbreiten. Darüber hinaus sollen sie im Betrieb über das Virus und die Impfung aktiv informieren. Und das, obwohl die Verantwortlichkeit hierfür beim medizinischen Fachpersonal liegen dürfte.

Haben Sie Fragen? Dann kommen Sie jederzeit gerne auf uns zu!

Johannes Dähnert

CSO, CCO, CHRO, Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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