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Aktuelles aus Steuern und Recht

Dienstwagen: Leasen oder kaufen?
26.05.2023Den Dienstwagen leasen oder doch lieber kaufen? Was Unternehmen angesichts steigender Leasingraten beachten sollten – auch mit Blick auf die Steuer.
Die politische Diskussion um das Dienstwagenprivileg ist – mal wieder – in vollem Gange. Doch eine Abschaffung der steuerlichen Begünstigungen ist zunächst nicht in Sicht. Vielmehr treibt Unternehmerinnen und Unternehmer derzeit angesichts der steigenden Zinsen – und damit steigenden Leasingraten – die Frage um: Soll ich den Dienstwagen vielleicht doch lieber kaufen, statt ihn zu leasen? Grundsätzlich gilt: Wer einen Wagen kauft, hat Anschaffungskosten. Unternehmer können diese Kosten über eine Nutzungsdauer von sechs Jahren abschreiben. Sind sie vorsteuerabzugsberechtigt, können sie das beim Kauf ebenfalls geltend machen. „Wird der Wagen zu einem späteren Zeitpunkt verkauft, ist ein erzielter Gewinn zu versteuern sowie Umsatzsteuer darauf abzuführen“, stellt Evelyn Karstädt, Steuerberaterin bei Ecovis in Ahlbeck, klar.
Die Steuer für den Dienstwagen beim Leasing
Anders sieht es beim Leasing aus. Da der Unternehmer hier nicht Eigentümer des Dienstwagens ist, gehört das Auto auch nicht zu seinem Betriebsvermögen. Als Betriebsausgaben lassen sich entsprechend auch nur die Leasingraten steuerlich geltend machen. Die Umsatzsteuer, die in den Raten enthalten ist, kann der Unternehmer als Vorsteuer geltend machen, wenn er vorsteuerabzugsberechtigt ist. Die Rückgabe des Dienstwagens nach Ablauf des Leasingvertrags hat keine steuerlichen Auswirkungen. „Einnahmen-Überschuss-Rechner können Leasingsonderzahlungen voll als Betriebsausgabe berücksichtigen“, erklärt Karstädt. Ob Kauf oder Leasing: Nutzen Unternehmer den Dienstwagen privat, müssen sie das ebenfalls versteuern. Die Höhe können sie entweder per Fahrtenbuch ermitteln oder aber von der Ein-Prozent-Regelung Gebrauch machen.
Wie hoch die steuerlichen Konsequenzen bei der Kauf-oder-Leasing-Entscheidung zu Buche schlagen, hängt also von verschiedenen Faktoren ab. Ecovis-Steuerberaterin Karstädt gibt zu bedenken: „Die Bewertung, ob ich lieber kaufe oder lease, sollte in erster Linie eine Frage der Liquidität sein.“ Konkret heißt das: Habe ich die finanziellen Mittel, jetzt ein Auto zu kaufen? Und wie sehen Kaufpreis und Wiederverkaufswert des Modells aus? „Diese Überlegung ist aus unternehmerischer Sicht in der Regel weit relevanter als die steuerlichen Feinheiten, die sich aus der Entscheidung ergeben.“
Lohnt sich ein Elektro- oder Hybridfahrzeug als Dienstwagen?
Sie wollen wissen, ob sich Elektro- oder Hybridfahrzeuge als Dienstwagen lohnen? Erfahren Sie hier mehr dazu:
https://de.ecovis.com/firmenwagen-lohnen-sich-elektro-und-hybridelektrofahrzeuge-noch/

Photovoltaik: Für welche Umsätze keine Steuer zu zahlen ist
24.05.2023Die Ampel-Koalition hat für bestimmte Umsätze von Photovoltaikanlagen einen Nullsteuersatz eingeführt. In der Praxis warf dessen Anwendung viele Fragen auf. Jetzt hat das Bundesfinanzministerium zumindest für Klärung bei Fragen der Umsatzsteuer gesorgt.
Zum 1. Januar 2023 wurde im Umsatzsteuergesetz (UstG, Paragraph 12 Abs. 3) ein Nullsteuersatz auf bestimmte Umsätze bei Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) eingeführt. „Das hilft Betreibern schon weiter. Offen sind allerdings noch Fragen im Umgang mit der Einkommensteuer“, sagt Ecovis-Steuerberaterin Cornelia Haaske in Grafing.
Für diese Umsätze gilt der Nullsteuersatz
Im Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 27. Februar 2023 sind die Umsätze aufgeführt, für die die Regelung gilt. Sie sieht vor, dass auf
- die Lieferung,
- die Einfuhr,
- den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie
- die Installation
von PV-Anlagen einschließlich der Stromspeicher ein Nullsteuersatz anzuwenden ist.
Voraussetzung ist jedoch, dass der Betreiber die Photovoltaikanlage in der Nähe von oder auf Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert. Hinzu kommt: Vom Nullsteuersatz profitieren nur Betreiber, wenn deren PV-Anlage eine installierte Bruttoleistung von nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder – bei neuer Einrichtung – betragen wird.
Die Regelung entlastet einen Teil der Betreiber von PV-Anlagen von der Bürokratie. Denn aufgrund des Nullsteuersatzes können sie die Kleinunternehmerregelung, sofern diese grundsätzlich erfüllt ist – also die Umsatzgrenze von 22.000 Euro pro Jahr nicht überschritten ist –, ohne finanzielle Nachteile anwenden. „Der Wunsch, die Vorsteuer abziehen zu können als Grund für einen Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung, entfällt jetzt, weil die Lieferung von PV-Anlagen ohnehin nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet ist“, sagt Ecovis-Expertin Haaske.
Tipps für die Planung einer Photovoltaikanlage
Sie planen eine Photovoltaikanlage und wollen sich vorab über steuerliche und rechtliche Themen informieren? Lesen Sie die folgenden Beiträge:
Steuerbefreiung: Kleinere Photovoltaikanlagen ab 2023 umsatzsteuerfrei
Kein Vorsteuerabzug für Stromspeicher bei hundert Prozent Eigenverbrauch
https://de.ecovis.com/kein-vorsteuerabzug-fuer-stromspeicher-bei-hundert-prozent-eigenverbrauch/
Fördermittel aus der Steckdose
https://de.ecovis.com/strom-selbst-erzeugen-foerdermittel-aus-der-steckdose/

Betriebsstätte im Ausland: Betriebe können finale Verluste in Deutschland nicht geltend machen
23.05.2023Viele Unternehmer haben Betriebsstätten im Ausland. Deren Gewinne und Verluste sind in der Regel im jeweiligen Staat geltend zu machen. In Deutschland bleiben sie unberücksichtigt. Doch welche Regelungen gelten, wenn finale Verluste im Betriebsstättenstaat keine Berücksichtigung finden? Dazu hatten die Gerichte schon häufiger zu entscheiden. Ein Überblick zum Stand der Dinge.
Hintergrund
Hat ein deutsches Unternehmen in einem ausländischen Staat eine Betriebsstätte, sind die auf die Niederlassung entfallenden Gewinne im Ausland zu versteuern. In Deutschland muss das Unternehmen dennoch grundsätzlich alle weltweit erzielten Gewinne beim Fiskus angeben. Um die Doppelbesteuerung zu vermeiden, hat Deutschland mit den meisten Staaten Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen. Diese regeln üblicherweise, dass die im Ausland erzielten Einkünfte im jeweiligen Betriebsstättenstaat zu versteuern sind. Entsprechend bleiben die Gewinne in Deutschland steuerfrei. Im Fachjargon heißt das „Freistellungsmethode“.
Was passiert bei Verlusten?
Erwirtschaftet die Betriebsstätte im Ausland Verluste, fallen diese nach der „Symmetriethese“ im Gegenzug in Deutschland unter den Tisch. Denn im umgekehrten Fall ist auch ein Gewinn von der Besteuerung auszunehmen. Die Freistellungsmethode bezieht sich somit sowohl auf Gewinne als auch auf Verluste.
Ein besonderer Effekt tritt jedoch ein, wenn die Verluste im ausländischen Staat „final“ sind. Das ist immer dann der Fall, wenn sie sich nach dem nationalen Steuerrecht des Betriebsstättenstaats nicht mehr berücksichtigen lassen. Dann droht dem Unternehmen, dass die Finanzverwaltungen beider Staaten die Verluste nicht berücksichtigen.
Viel Arbeit für den Europäischen Gerichtshof in den vergangenen Jahren
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte sich in den vergangenen Jahren bereits in fünf Verfahren mit diesem Problem auseinanderzusetzen. Er eröffnete die Urteilsserie im Jahr 2005 mit einer Entscheidung in der Rechtssache Marks & Spencer (C-446/03) und übertrug die Grundsätze daraus auf Betriebsstättenkonstellationen in der Rechtssache Lidl Belgium (C-414/06).
Die Richter halten danach bei finalen Verlusten ein Abzugsverbot im Inland für unverhältnismäßig. In einem weiteren Urteil in der Rechtssache Timac Agro (C-388/14) berücksichtigte der EuGH die Verluste im Inland, soweit weitere Voraussetzungen erfüllt sind. Unter anderem müsse die Situation der ausländischen Betriebsstätte mit jener einer inländischen Betriebsstätte vergleichbar sein. Dies sei bei einer Freistellungsbetriebsstätte aber nicht der Fall.
In einer aktuellen Entscheidung vom 22. September 2022 bestätigte der EuGH (C-538/20) dies erneut und erteilte damit der Verlustberücksichtigung im Inland eine Absage. Er nahm indes keine Stellung dazu, wie in Fällen zu verfahren ist, in denen ein Progressionsvorbehalt anzuwenden ist oder falls Sonderregelungen wie die Subject-to-Tax- oder Switch-Over-Klauseln vorliegen. Bei Anwendung solcher Klauseln erfolgt in Deutschland ein Übergang von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode. Einkünfte werden dann in Deutschland nicht mehr von der Besteuerung freigestellt, sondern lediglich die im Ausland gezahlte Steuer auf die deutsche Steuerlast angerechnet. Aufgrund vieler vorstellbarer Sonderkonstellationen ist davon auszugehen, dass der EuGH nicht zum letzten Mal über die Berücksichtigung finaler Verluste zu entscheiden hatte.
Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden
Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) die jüngste EuGH-Entscheidung in seinem Urteil vom 22. Februar 2023 (IR 35/22) umgesetzt. Er hält auch bei finalen Verlusten an der Symmetriethese fest, dass im Ausland realisierte Gewinne und Verluste im Inland nicht zu berücksichtigen sind. In vielen Fällen dürfte damit eine Verlustberücksichtigung im Inland ausscheiden. Inwieweit sich das Urteil auf Sonderkonstellationen übertragen lässt, ist allerdings nicht geklärt.
Das sollten Unternehmen jetzt tun
Unternehmen mit ausländischen Betriebsstätten sollten prüfen, ob sie von den jüngsten Gerichtsurteilen zu finalen Verlusten betroffen sind. In jedem Fall sollten sie nachweisen können, dass sie alle Möglichkeiten der Verlustberücksichtigung im Betriebsstättenstaat ausgeschöpft haben. „Betroffenen Unternehmen empfehlen wir, sich bei Verlusten im Ausland von einem erfahrenen Steuerexperten beraten zu lassen, denn jeder Einzelfall ist anders“, sagt Ecovis-Steuerberater Daniel Frischkorn in Berlin.

Start-ups: Gründen, aber richtig
22.05.2023Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz zielt die Bundesregierung darauf ab, die Zahl der Gründungen in Deutschland weiter voranzutreiben. Aber welche Finanzierungsformen gibt es schon heute und wie finden Jungunternehmer die richtige Rechtsform?
Die Bundesregierung plant ein Zukunftsfinanzierungsgesetz. Ziel der Maßnahmen ist es, Start-ups und auch kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt und die Aufnahme von Eigenkapital zu erleichtern. Alle Details sind noch nicht ausverhandelt, klar ist aber, dass es neben finanzmarktrechtlichen Anpassungen und der Fortentwicklung des Gesellschaftsrechts auch darum geht, die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Dass auch politisch wieder Bewegung ins Thema Gründungen kommt, sieht Ecovis-Unternehmensberater Robert Kowalski in Rostock, auch auf regionaler Ebene. Er begleitet von Rostock aus Gründer aus unterschiedlichen Bereichen, vom Gesundheitswesen über Green Tech bis hin zur Versicherungsbranche, und beobachtet: „Hier in Mecklenburg-Vorpommern wird viel getan, um Start-ups einen Boden zu bereiten, auf dem sie wachsen und gedeihen können.“
Zu diesem Ökosystem, das Gründer unterstützt, zählen zum Beispiel Hochschul-Initiativen, private Co-Working-Spaces und Investitionen des Landes in eine Infrastruktur mit flächendeckenden Digitalisierungszentren. „Diese Unterstützungsangebote schaffen ein Klima, das nicht zu unterschätzen ist“, sagt Kowalski. Entsprechend gespannt ist er, was die Gesetzesinitiative letztendlich bewirken wird. „Die Mehrzahl der angedachten Maßnahmen zielt jedoch auf die sehr schnell und stark wachsenden Start-ups, mit dem Ziel, ein „Unicorn“ zu werden, ab. Ein Unicorn (deutsch: Einhorn) ist ein Unternehmen, das Investoren mit mindestens einer Milliarde US-Dollar bewerten. Für das Gros der Gründungen dürfte wohl nur die Neuauflage des INVEST-Zuschusses von Bedeutung sein. Für die kleinsten Gründungen und Soloselbstständigen, die teilweise sogar als Einzelunternehmen starten, dürfte das Gesetz kaum etwas verändern.“
Die Rechtsform richtig wählen
Damit spricht Ecovis-Berater Kowalski einen wichtigen Punkt an: Denn Start-up ist eben nicht gleich Start-up. Und das ist insbesondere bei der Wahl der Rechtsform bedeutend, bestätigt auch Ecovis-Rechtsanwalt und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Thomas Schinhärl in Regensburg: „Wer etwa in gefahrgeneigten Branchen arbeitet, sollte eine haftungsbeschränkte Rechtsform wählen. Außerdem spielt die eigene Liquidität eine entscheidende Rolle.“ Schließlich ist für einige Rechtsformen mehr Gründungskapital erforderlich als bei anderen. Und auch ob es sich um einen Einzelunternehmer oder eine Mehrpersonengesellschaft handelt, ist bei der Rechtsform-Wahl maßgeblich.
Sind mehrere Gründer beteiligt, ist gute Beratung nötig, um eine passende vertragliche Grundlage sicherzustellen. Schließlich gibt es im Vorfeld jede Menge – auch zunächst ungewohnte – Fragen zu klären:
- Was geschieht im Todesfall?
- Wer bekommt dann die Firmenanteile?
- Wie werden Abfindungen berechnet?
- Dürfen Anteile verkauft werden oder gibt es einen Zustimmungsvorbehalt?
- Was ist mit Kündigungsregeln?
„Die Antworten darauf sollten die Gründerinnen und Gründer im Vorfeld besprechen und dann im Gesellschaftsvertrag sauber festhalten“, rät Schinhärl.
Auch das Steuerrecht beeinflusst die Rechtsformwahl. Kapitalgesellschaften werden nach Körperschaftsteuergesetz besteuert, dazu kommt die Gewerbesteuer. Bei Personengesellschaften dagegen wird der Gewinn ermittelt und dann auf die Gesellschafter verteilt. Sie versteuern ihn grundsätzlich mit ihrem persönlichen Einkommensteuersatz. „Je nach persönlicher finanzieller Lage kann die Steuerlast sehr unterschiedlich ausfallen. Auch hier ist es wichtig, diese Dinge im Vorfeld zu klären“, sagt Schinhärl.
Die Finanzierung sicherstellen
Wer gründet, muss sich ohnehin rechtzeitig Gedanken über eine tragfähige Finanzierung machen. Der Weg über die Hausbank ist bei bekannten Geschäftsmodellen empfehlenswert. Wer aber eine innovative Geschäftsidee hat, deren Marktpotenzial sich noch nicht beweisen konnte, muss meist andere Finanzierungsformen finden – entweder auf dem Kapitalmarkt, über Privatinvestoren oder auch mithilfe von Beteiligungsgesellschaften der öffentlichen Hand. Wem die Suche nach einer passenden Finanzierung schwerfällt, dem rät Kowalski: „Bleiben Sie am Ball und bleiben Sie offen. Zurückhaltung am Markt kann eine Chance sein, das eigene Business-Modell noch weiterzuentwickeln.“
Gleiches gilt für Fördermittel. Auch hier lohnt sich die Suche nach passenden Angeboten. Die Fördermittel sind höchst unterschiedlich, nicht nur in ihrer Art, sondern auch von Region zu Region. „Das ist einerseits gerechtfertigt, denn Gründer sind keine homogene Gruppe. Andererseits macht es das ungemein schwer, den Überblick zu behalten“, sagt Kowalski. Wichtig ist deshalb, sich auch beim Thema Fördermittel frühzeitig beraten zu lassen. „Der Zeitpunkt ist kritisch, denn einige Mittel sind nur verfügbar, wenn der Antrag vor Gründung gestellt wurde“, warnt Kowalski. Gefördert werden unter anderem
- Beratungsleistungen für Start-ups, die bei Kontakten mit Banken oder Investoren helfen können,
- Investitionen in die digitale Ausstattung von Jungunternehmen oder auch
- der Kauf von Unternehmensanteilen an Start-ups.

Herabsetzungsantrag regelmäßig überprüfen
19.05.2023Selbstständige, die beim Finanzamt eine Herabsetzung ihrer regelmäßigen Vorauszahlungen beantragt haben, sollten immer wieder checken, ob die Voraussetzungen dafür noch bestehen. Sonst können hohe Nachzahlungen die Liquidität belasten.
Selbstständige, deren Gewinne zurückgehen oder die außergewöhnlichen Belastungen haben, können beim Finanzamt mit einem formlosen Antrag eine Herabsetzung ihrer alle drei Monate fälligen Vorauszahlungen für die Einkommen- und Gewerbesteuer beantragen, und zwar bis zu 15 Monate nach dem Auflauf des jeweiligen Kalenderjahres. „Viele Unternehmer haben in der Corona-Pandemie und angesichts der derzeitigen Konjunkturabschwächung von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, weil sie die hohen Zahlungen nicht mehr leisten konnten“, sagt Jan Brumbauer, Steuerberater bei Ecovis in Falkenstein. Denn das Finanzamt legt die Höhe der alle drei Monate fälligen Vorauszahlungen auf Grundlage des letzten Steuerbescheids fest – als die Einnahmesituation also womöglich noch besser war. Mit einer Herabsetzung der Zahlungen können Selbstständige verhindern, dass unnötig Liquidität abfließt.
Die Einnahmen- und Gewinnsituation im Auge behalten
Unternehmerinnen und Unternehmer sollten regelmäßig überprüfen, ob die Voraussetzungen für die niedrigeren Vorauszahlungen noch bestehen. Denn häufig entwickelt sich die Einnahmen- oder Gewinnsituation dann doch besser als erwartet. Ist das der Fall, sollten Unternehmen dem Finanzamt das zeitnah mitteilen und beantragen, dass es die Vorauszahlungen wieder entsprechend nach oben anpasst.
Teilen Unternehmen ihre verbesserte Gewinnsituation dem Finanzamt nicht mit, könnte es sogar den Vorwurf der Steuerhinterziehung erheben. Hier droht jedoch nur dann Ärger, wenn ein Unternehmen bereits zum Zeitpunkt des Herabsetzungsantrags weiß, dass der Gewinn dem vom Finanzamt unterstellten Ergebnis – und damit der festgesetzten Vorauszahlung – nahezu entspricht. Nicht vorhersehbare Gewinnsteigerungen muss das Unternehmen dem Finanzamt nicht melden, denn es besteht keine gesetzliche Pflicht, eine Erhöhung zu beantragen. „Wir empfehlen unseren Mandaten jedoch, die Situation regelmäßig zu prüfen und die Anpassung der Vorauszahlung zu beantragen, wenn sich die Situation positiv entwickelt hat“, sagt Ecovis-Experte Brumbauer. Und weiter: „Dann fällt auch eine mögliche hohe Steuernachzahlung weg, die die Liquidität des Unternehmens belasten kann.“

Betriebsprüfung: Unternehmen erwarten viele Verschärfungen
18.05.2023Im gesetzgeberischen Feuerwerk zum Ende des vergangenen Jahres gingen die neuen Regeln für Betriebsprüfungen etwas unter. Unscheinbar als „Modernisierung des Steuerverfahrensrechts“ bezeichnet, verändern sie die künftigen Prüfungen aber ganz erheblich.
Betriebsprüfer dürfen künftig erstmals sechs Monate nach der Prüfungsanordnung mit einem „qualifizierten Mitwirkungsverlangen“ aufwarten. Wirken Unternehmen innerhalb von vier Wochen – eine Verlängerung ist bei begründeten Einzelfällen möglich – nach Erhalt dieses Mitwirkungsverlangens nicht oder nicht hinreichend an der Betriebsprüfung mit, kann die Finanzverwaltung ein Mitwirkungsverzögerungsgeld festsetzen. Dieses beträgt 75 Euro je Verzögerungstag für maximal 150 Tage.
„Ohne Verzögerungsgeld bleibt nur, wer nachweisen kann, dass er die Verzögerung nicht zu vertreten hat oder dies entschuldbar ist“, erklärt Jeannette Olivie, Steuerberaterin bei Ecovis in Berlin. Für Firmen mit einem Jahresumsatz von mehr als zwölf Millionen Euro oder Konzernunternehmen mit einem Konzernjahresumsatz von 120 Millionen Euro sowie für „Dauerverzögerer“ kann die Finanzverwaltung sogar bis zu 25.000 Euro pro Verzögerungstag festsetzen.
Weitere Verschärfungen für Betriebe
Auch für Verrechnungspreisdokumentationen haben sich Verschärfungen ergeben. Das Finanzamt kann sie von den Unternehmen jederzeit anfordern. Sie müssen sie spätestens 30 Tage, nachdem die Prüfungsanordnung ins Haus flatterte, vorlegen. Neu eingeführt wurden die Teilabschlussbescheide. In diesen können einzelne Feststellungen der Betriebsprüfung schon vor dem offiziellen Abschluss der Prüfung ergehen – auch auf Verlangen des geprüften Unternehmens. „Das ist eine sehr sinnvolle Maßnahme. Denn so bleiben nur noch einzelne Punkte einer Betriebsprüfung offen. Die unstrittigen lassen sich vorher erledigen“, kommentiert Olivie.
Bereits mit der Prüfungsanordnung können die Finanzämter nun Unterlagen und Daten anfordern. Legen Betriebe diese vor, sollen im Gegenzug die Prüfungsschwerpunkte der Betriebsprüfung mitgeteilt werden. „Das ist eine weitere gute Maßnahme, die Unternehmen entlastet“, sagt Olivie. Und: „Schlussbesprechungen dürfen die involvierten Parteien künftig auch telefonisch oder per Videokonferenz durchführen.“
Ein innerbetriebliches Steuerkontrollsystem einsetzen
Neue Chancen könnten die Regelungen zu alternativen Prüfungsmethoden ergeben. Sie sehen vor, dass die Finanzbehörden innerbetriebliche Steuerkontrollsysteme (IKS, Details zur Implementierung von IKS siehe auch Beitrag ab Seite 4) jetzt im Rahmen von Betriebsprüfungen kontrollieren können. Falls sie darin keine oder nur unbeachtliche steuerliche Risiken erkennen, lassen sich künftige Prüfungen bereits im Voraus auf bestimmte Punkte begrenzen. Änderungen beim IKS müssen Unternehmen in diesen Fällen umgehend den Finanzbehörden mitteilen. „Bis 2029 soll diese Neuregelung evaluiert werden. Dem IKS wird in Zukunft sehr viel mehr Bedeutung zukommen als bisher“, erklärt Olivie.

Aufgeschobene Altersrente: Der Besteuerungsanteil aus einem Versorgungswerk
17.05.2023Rentnerinnen und Rentner, die eine Rente aus einem berufsständischen Versorgungswerk erhalten, müssen diese nur zu einem gewissen Anteil versteuern. Der Bundesfinanzhof entschied bereits 2022, dass sich der Besteuerungsanteil nach dem Jahr bestimmt, in dem der Steuerpflichtige die Rente erstmals bekommt. Gegen das Urteil hat der betroffene Rentenbezieher nun Verfassungsbeschwerde eingelegt (2 BvR 2212/22).
Rentnerinnen und Rentner müssen Leibrenten, die sie aus den berufsständischen Versorgungswerken gezahlt bekommen, nur zu einem bestimmten Anteil versteuern. Dieser bemisst sich nach dem Jahr des Rentenbeginns und ist in einer Tabelle im Einkommensteuergesetz festgelegt. Es gilt: je früher der Rentenbeginn, umso geringer der Besteuerungsanteil. Momentan wird eine Rente aus einem berufsständischen Versorgungswerk erst dann zu 100 Prozent besteuert, wenn 2040 das Jahr des Rentenbeginns ist.
Über diese Altersrente hatten die Gerichte zu entscheiden
Ein Rechtsanwalt zahlte während seines aktiven Berufslebens Beiträge in ein Versorgungswerk ein. Er erwarb dadurch einen Rentenanspruch. Nach der Satzung des Versorgungswerks haben Mitglieder, die – wie der klagende Rechtsanwalt – bis zum 31. Dezember 2010 in das Versorgungswerk eintraten und bis einschließlich 1950 geboren sind, mit Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf eine lebenslange Altersrente. Auf Antrag lässt sich die Rentenzahlung bis zu drei Jahre hinausschieben. Dann erhöht sich die Rente. Diesen Antrag hatte der Kläger gestellt.
Bei der Auszahlung der Rente legte das Finanzamt einen Besteuerungsanteil von 64 Prozent zugrunde. Dies entsprach einem Rentenbeginn zu dem Zeitpunkt, als die erste Auszahlung erfolgte. Der Rentner vertrat hingegen die Auffassung, dass aus steuerlicher Sicht der Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres als Rentenbeginn anzusehen sei. Dies hätte einen Besteuerungsanteil von 58 Prozent zur Folge gehabt.
Der Bundesfinanzhof schloss sich in seinem Urteil vom 31. August 2022 der Meinung der Finanzverwaltung an. Als Beginn der Rente gelte der Zeitpunkt der tatsächlich erstmaligen Rentenzahlung und nicht die Vollendung des 65. Lebensjahres (X R 29/20).
Der Rentner möchte diese Entscheidung nicht hinnehmen und legte Verfassungsbeschwerde ein (2 BvR 2212/22). Nun muss sich also das Bundesverfassungsgericht mit der Frage beschäftigen, was bei aufgeschobenen Renten als „Jahr des Rentenbeginns“ zählt.
Was das Urteil momentan bedeutet
Rentner und Rentnerinnen, die Rentenzahlungen aus einem Versorgungswerk erwarten, sollten sich genau überlegen, zu welchem Zeitpunkt sie die Rente in Anspruch nehmen wollen. „Es lohnt sich, mit einem Steuer- oder gar Rentenberater zu sprechen. Sonst besteht momentan die Gefahr, dass Rentner viel Geld durch unnötige Steuerzahlungen verlieren“, sagt Ecovis-Steuerberaterin Cirsten Schulz in Potsdam.

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus dem Online-Shop: Müssen Arbeitgeber Lohn fortzahlen?
17.05.2023„Hallo! Ich bin heute Dein Online-Arzt. Was brauchst Du heute? Wähle eine Option aus: AU-Schein oder Cannabisrezept.“ Bekommen Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber eine Online-Krankschreibung, können sie die Entgeltfortzahlung für die Beschäftigten anzweifeln. In welchen Fällen das möglich ist, erklärt Ecovis-Arbeitsrechtler Gunnar Roloff in Rostock.
Auf den Internetseiten dransay.com und au-schein.de wird unter anderem mit dem einfachen und schnellen Erhalt von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AUB) gegen Bezahlung geworben. Der Patient (oder Kunde) kann hierbei wählen, ob ein Arzt die AU-Bescheinigung in fünf Minuten ohne Arzt-Gespräch erteilen soll oder ob der Kunde einen Videochat wünscht. Bei „misstrauischem Arbeitgeber“ rät der Anbieter zu einer AUB mit Videochat. Dann sei die Akzeptanz bei Arbeitgebern zu 100 Prozent garantiert.
Ob nun misstrauischer Arbeitgeber oder nicht: Wenn der in Berlin wohnhafte Arbeitnehmer mit Erkältungssymptomen dem Arbeitgeber eine AUB einer in Hamburg ansässigen Gynäkologin übergibt, drängen sich Zweifel auf. In einem Fall, der vor dem Arbeitsgericht Berlin (42 Ca 16289/20) verhandelt wurde, „bestellte“ der Arbeitnehmer die AU-Bescheinigung über das Portal au-schein.de. Er erhielt sie gänzlich ohne Kontakt zum Arzt. „Nicht in jedem Fall muss der Chef Entgeltfortzahlung leisten, selbst wenn der Mitarbeiter eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt“, erläutert Ecovis-Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Gunnar Roloff in Rostock die Hintergründe.
Nicht bei jeder AU-Bescheinigung Entgeltfortzahlungsanspruch
Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis zu sechs Wochen, wenn sie infolge einer unverschuldeten Krankheit arbeitsunfähig sind. Als Nachweis der Arbeitsunfähigkeit sieht das Gesetz ausdrücklich die ärztliche Bescheinigung vor.
Einer solchen AUB kommt grundsätzlich ein hoher Beweiswert zu. Voraussetzung hierfür ist, dass die AUB ordnungsgemäß, das heißt unter Beachtung aller Vorschriften, ausgestellt wurde. Bei einer gänzlich ohne Arztkontakt – also weder persönlich noch über Telefon oder Videochat – bescheinigten Arbeitsunfähigkeit ist dies nicht der Fall. Die AUB ist somit nicht als Beweis für die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers geeignet: Dann kann der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung berechtigt verweigern.
Eine per Videochat erteilte AUB kann dagegen grundsätzlich eine ordnungsgemäße AUB sein. Sowohl das allgemeine Berufsrecht für Ärzte als auch die speziellen Regelungen für Vertragsärzte geben zwar den persönlichen Arztkontakt als Grundsatz vor, lassen aber mittlerweile unter bestimmten Voraussetzungen auch reine Fernbehandlungen zu. Sofern der Arzt oder die Ärztin die Behandlung per Videochat (oder Telefon) aus ärztlicher Sicht für vertretbar hält und die erforderliche ärztliche Sorgfalt gewahrt ist, ist eine ausschließliche Fernbehandlung im Einzelfall erlaubt. „Allein die Tatsache, dass der Arbeitnehmer über die Portale au-schein.de oder dransay.com an die AUB gelangt ist, führt demnach nicht zu einer Minderung des Beweiswerts der AUB“, erklärt Roloff.
Wann Arbeitgeber eine AU-Bescheinigung anzweifeln können
Um den Beweiswert einer AUB zu erschüttern, muss es ernsthafte und objektiv begründete Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers geben. Ist die AUB durch einen fernab vom Wohnort des Arbeitnehmers ansässigen oder gar ausländischen Arzt ausgestellt, kann das bei der Begründung helfen. Wenn der Arbeitnehmer hierzu noch nach einer Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber angekündigt hat, von der Arbeit fernzubleiben oder eine Eigenkündigung ausgesprochen hat, kann das die Verweigerung der Lohnfortzahlung rechtfertigen. „In diesem Fall ist sogar eine außerordentliche, fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber denkbar“, sagt Roloff.
Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit eines Beschäftigten bestehen beispielsweise auch dann, wenn
- Arbeitnehmer auffällig häufig oder auffällig häufig nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind,
- der Beginn der Arbeitsunfähigkeit sehr oft auf einen Arbeitstag am Anfang oder Ende einer Woche fällt oder wenn
- die AUB von einem Arzt festgestellt wurde, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Bescheinigungen auffällig geworden ist.
Die Beweiskraft der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist auch dann erschüttert, wenn ein Arbeitnehmer langzeit erkrankt ist und sich die AUB verschiedener Ärzte mit unterschiedlichen Diagnosen im Sechs-Wochen-Rhythmus nahtlos aneinanderreihen. „Auf diese Weise versuchen Arbeitnehmer, den Entgeltfortzahlungsanspruch jeweils neu zu begründen und über die sechs Wochen hinaus auszudehnen“, berichtet Roloff aus seiner praktischen Erfahrung. Einen Beweis für die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber nicht erbringen.
Zweifelt der Arbeitgeber an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, will aber nicht (gleich) das Risiko einer gerichtlichen Auseinandersetzung durch die Verweigerung der Entgeltfortzahlung eingehen, kann er von der Krankenkasse verlangen, dass sie den Medizinischen Dienst (MD) einschaltet. Dieser überprüft dann die Arbeitsunfähigkeit. Diese Möglichkeit besteht zumindest bei gesetzlich versicherten Arbeitnehmern. „Die Erfahrung zeigt jedoch, dass dieses Verfahren selten zu dem vom Arbeitgeber gewünschten Ergebnis führt“, weiß Ecovis-Rechtsanwalt Roloff.

Hinweisgeberschutzgesetz: Ab Mitte Juni 2023 für größere Unternehmen verpflichtend
16.05.2023Ab voraussichtlich Mitte Juni 2023 müssen alle Unternehmen ab 250 Beschäftigte interne Meldesysteme einrichten. Für kleinere und mittlere Unternehmen gelten die neuen Regeln des Hinweisgeberschutzgesetzes ab 17. Dezember 2023. Das hat der Bundesrat am 12. Mai 2023 beschlossen und damit die EU-Whistleblower-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt. Die Ecovis-Experten kennen die Änderungen und Details.
Anonymer Meldekanal für kleine und mittlere Unternehmen entfällt
Nachdem der Gesetzesvorschlag des Bundestags zunächst am Widerstand des Bundesrats gescheitert war, wurde nunmehr im Vermittlungsausschuss ein Kompromiss gefunden, der die bürokratische Belastung für kleinere und mittelständische Betriebe reduziert. Mit der Umsetzung des Gesetzes entsteht für sie keine Verpflichtung, einen anonymen Meldekanal einzurichten. Auch die EU-Whistleblower-Richtlinie sah keine verpflichtenden Vorgaben für den Umgang mit anonymen Hinweisen vor. Weder interne noch externe Meldestellen sind daher zukünftig verpflichtet, technische Mittel oder Verfahren für anonyme Meldungen vorzuhalten. Für kleine und mittelständische Betriebe, für die die Anwendung des Gesetzes bei einer Betriebsgröße von mindestens 50 Beschäftigten gilt, wäre die Einrichtung solcher anonymen Meldekanäle aufwendig und mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden.
Die Anforderung an die Vertraulichkeit und Dokumentation der eingehenden Hinweise gilt jedoch unverändert fort. Es bestehen daher auch weiterhin besondere Anforderungen an einzurichtende interne Meldestellen. Diesen räumt der neue Gesetzentwurf ausdrücklich den Vorrang ein. Die Ausübung dieser Tätigkeit, also Hinweise zu bearbeiten, muss unabhängig erfolgen. Dabei ist sicherzustellen, dass auch die im Betrieb tätigen Personen und die mit der internen Meldestelle verbundenen Aufgaben und Pflichten nicht zu einem Interessenkonflikt mit der übrigen Tätigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Betrieb führen. „Viele Unternehmen beschließen daher, die Aufgabe der internen Meldestelle an externe Dienstleister auszulagern. Damit können sie die Gefahr der Interessenkollision weitestgehend beseitigen“, sagt Alexander Littich, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht bei Ecovis in Landshut.
Auch diese Pflichten lassen sich durch eine ausgelagerte interne Meldestelle sicherstellen:
- Ordnungsgemäßes Abarbeiten eingehender Hinweise
- Prüfen der Qualität der Hinweise
- Beachten der Vertraulichkeit und Dokumentation
- Einhalten etwaiger Löschungsfristen
Bußgelder für Verstöße sind reduziert
Das im Fall von Verstößen gegen die Bestimmungen des Hinweisgeberschutzgesetzes mögliche Bußgeld hat der Gesetzgeber von der Höchstsumme von bislang 100.000 Euro auf 50.000 Euro reduziert. Ein solches Bußgeld kann verhängt werden, wenn das Unternehmen die Abgabe von Meldungen und die hierzu notwendige Kommunikation verhindert oder Repressalien ergreift, um die Abgabe derartiger Hinweise gänzlich zu verhindern. Auch wer das Vertraulichkeitsgebot missachtet, riskiert ein Bußgeld.
Wer entgegen der gesetzlichen Pflicht kein internes Meldesystem einrichtet, riskiert neben einem Bußgeld zudem, dass sich der Hinweisgeber an die von der Bundesregierung einzurichtende externe Meldestelle wendet. Das Gesetz sieht vor, dass eine solche externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz eingerichtet wird. Sie geht dann sämtlichen Hinweisen nach, die Beschäftigte an sie richten.
„Wir empfehlen daher Unternehmen mit einer Betriebsgröße ab 250 Mitarbeitenden unverzüglich und mittleren Betrieben ab 50 Mitarbeitenden spätestens rechtzeitig vor dem 17. Dezember 2023 darüber nachzudenken, ob sie eine interne Meldestelle einrichten oder die Tätigkeit extern vergeben wollen. „Auch kleinere Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter sollten sich überlegen, ob ihre Firmenstruktur geeignet ist, ein internes Meldesystem einzurichten oder ob sie diese Aufgabe extern vergeben. So können sie vermeiden, dass Beschäftigte Hinweise nur an die beim Bundesamt für Justiz zu schaffende Meldestelle abgeben können“, rät Janika Sievert, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht bei Ecovis in Würzburg. Und weiter: „Sofern Unternehmen einen externen Diensteanbieter als ihre interne Meldestelle beauftragen, sollten sie in Erwägung ziehen, auch die Behandlung anonymer Hinweise zuzulassen – trotz fehlender gesetzlicher Verpflichtung für ein anonymes Meldesystem. So lassen sich Fehler im Unternehmen aufdecken und Schäden für das Unternehmen vermeiden.“
Mehr zum Hinweisgeberschutzgesetz und den Hinweisgeber-Portalen von Ecovis erfahren Sie hier:
https://www.ecovis.com/wirtschaftsstrafrecht/hinweisgeberstelle/