Aktionsplan für ein einfaches, effektives und betrugserprobtes Umsatzsteuersystem, angepasst an den europäischen Binnenmarkt

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Um einen funktionierenden Binnenmarkt zu gewährleisten wurde innerhalb der EU ein kompliziertes System der Umsatzsteuererhebung und der Vorsteuererstattung etabliert. Geregelt wurde das Mehrwertsteuerrecht auf europäischer Ebene in der sog. Mehrwertsteuersystemrichtlinie, die ihre Überwachung durch die Kommission findet.
Die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft (sowohl im Rahmen des Reverse-Charge-Verfahrens, als auch bei der Erwerbsbesteuerung) bei Leistungen eines Unternehmers an einen anderen Unternehmer ist nur eine Besonderheit von Vielen im Umsatzsteuerrecht, nach der nicht – wie regelmäßig – der leistende Unternehmer, sondern der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer zu erklären und abzuführen hat.
Der leistende Unternehmer trägt dabei jedoch das Risiko, dass sämtliche Voraussetzungen für die Anwendung der Umkehr der Steuerschuldnerschaft tatsächlich erfüllt sein müssen, da er ansonsten für die nicht abgeführte Umsatzsteuer haftet. Umgekehrt kann der Leistungsempfänger für den Fall, dass er fälschlicherweise an den Leistenden die Umsatzsteuer abführt, keinen Vorsteuerabzug geltend machen.
Das Reverse Charge Verfahren als auch die Erwerbsbesteuerung wurden etabliert, um dem sich seit Jahrzehnten entwickelnden Umsatzsteuerbetrug in Europa entgegen zu wirken.
Meistens sind es sogenannte Karussellgeschäfte, bei denen die Produkte entweder immer wieder innerhalb der EU-Mitgliedstaaten verkauft und tatsächlich bewegt werden oder es handelt sich zwischenzeitlich sogar um virtuelle Waren, die im Online-Shop zur Generierung einer Rechnung verkauft werden.
Der jährliche Umsatzsteuerschaden der EU beläuft sich nach einer Hochrechnung der EU auf 45 bis 53 Milliarden Euro. Teilweise wird der Schaden sogar auf bis zu 100 Milliarden Euro jährlich geschätzt.
Seit 2011 ist die EU darum bemüht, verschiedene Maßnahmen auszuarbeiten und zu ergreifen, um den Umsatzsteuerbetrug einzudämmen.
Aktuell wurde ein Aktionsplan für ein einfaches, effektives und betrugserprobtes Umsatzsteuersystem, angepasst an den europäischen Binnenmarkt, durch die Europäische Kommission initiiert.
Dieser Aktionsplan diskutiert 4 Alternativen, um das komplizierte Umsatzsteuersystem durch einheitliche Regelungen sicherer und anwenderfreundlicher werden zu lassen:

  1. Besteuerung innereuropäischer Lieferungen am Bestimmungsort der Ware
  2. Besteuerung innereuropäischer Lieferungen am (Wohn)Sitz des Empfängers
  3. Reverse-Charge-Verfahren am (Wohn)Sitz des Empfängers
  4. Reverse-Charge-Verfahren am Bestimmungsort der Ware

 
Gleichzeitig wurde eine Debatte über eine grundsätzliche Vereinfachung des Umsatzsteuerrechts und eine bessere Zusammenarbeit zwischen der Steuerverwaltung und der Europäischen Kommission angeregt, um den Kampf gegen Umsatzsteuerbetrug durch einen intensiveren Informationsaustausch zu ermöglichen.
Derzeit werden durch die Europäische Kommission noch weitere Informationen und Meinungen zur Umsetzung dieser Maßnahmen eingeholt.
Inwieweit diese Maßnahmen wirklich zeitnah umgesetzt werden, ist derzeit noch nicht absehbar. Sicher ist jedoch, dass die EU dem Umsatzsteuerbetrug auf der Spur ist und alle umsetzbaren Maßnahmen ergreifen wird, um den Betrug einzudämmen.
(Quelle: Europäische Commission; Roadmap 01/2016 Action Plan for a simple, efficient and fraud-proof definitive system of Value Added Tax tailored to the single market)