Newsletter ECOVIS Aktuell / Sommer 2022
Liebe Leserin, lieber Leser
Zur Jahresmitte haben wir wiederum einen kurzen Überblick über aktuelle Themen aus unserem Tätigkeitsgebiet zusammengestellt, die auch für Sie von Interesse sein könnten. Einzelheiten vertiefen wir gerne mit Ihnen im persönlichen Gespräch. Nehmen Sie Kontakt mit uns auf – wir sind sehr gerne für Sie da und beraten Sie persönlich und kompetent.
Ihr ECOVIS-Team
Inhalt
Am 1. Januar 2023 tritt das revidierte Erbrecht (Art. 457 ff. ZGB) in Kraft. Eine detaillierte Darstellung sämtlicher Neuerungen im Erbrecht per 2023 finden Sie unter dem Weblink www.weber-schaub.ch/publikationen.
Eine der wichtigsten Neuerungen betrifft das Pflichtteilsrecht. Die Pflichtteile werden reduziert, dadurch vergrössert sich die Verfügungsfreiheit der Erblasser. Der Pflichtteil der Nachkommen beträgt neu ½ des gesetzlichen Erbanspruchs (bisher ¾). Das Pflichtteils-recht der Eltern entfällt vollständig.
Als Folge der Reduktion der Pflichtteile der Nachkommen können dem überlebenden Ehepartner neben den Nachkommen bis ¾ des Nachlasses zugewiesen werden, oder aber ½ des Nachlasses zu Eigentum und die andere Hälfte (die zu Eigentum an die Nachkommen geht) zur lebenslangen Nutzniessung (Art. 473 ZGB). Gibt es keine Nachkommen, kann der gesamte Nachlass dem überlebenden Ehegatten zugewiesen werden.
Hervorzuheben ist, dass die Pflichtteile ändern, nicht aber der gesetzliche Erbanspruch. Folglich haben Eltern von kinderlosen Erblassern weiterhin einen gesetzlichen Erbanspruch. Ohne anderslautende Verfügung erhält der überlebende Ehegatte bei kinderlosen Ehepaaren weiterhin ¾ und der elterliche Stamm ¼ des Nachlasses.
Beim Tod des Erblassers im hängigen Scheidungs-/Auflösungsverfahren hat der überlebende Ehegatte/eingetra-gene Partner neu keinen Pflichtteilsanspruch mehr, wenn das Scheidungsverfahren auf gemeinsames Begehren eingeleitet wurde oder die Ehegatten mindestens zwei Jahre getrennt gelebt haben. Da der gesetzliche Erban-spruch während der Dauer des Verfahrens bestehen bleibt, ist eine letztwillige Verfügung zwingend erforderlich, falls dem überlebenden Ehegatten/eingetragenen Partner der gesetzliche Erbanspruch entzogen werden soll.
Es empfiehlt sich, bestehende Verfügungen von Todes wegen (Testamente, Erbverträge), allenfalls auch Eheverträge, auf ihre Aktualität und Klarheit hin zu überprüfen oder, falls gewünscht, neue Anordnungen zu treffen, um den nun grösseren Gestaltungsspielraum für die Nachlassplanung optimal zu nutzen.
Dominique Ott
Dr. iur., Rechtsanwältin
Aufgrund der neuen Bestimmungen zu den Pflichtteilen kann ab 2023 über einen grösseren Anteil der Erbschaft frei verfügt werden (frei verfügbare Quote). Dadurch könnten beispiels-weise Konkubinatspartner umfangreicher bedacht werden als heute. Bei solchen Begünsti-gungen sind die Erbschaftssteuerfolgen zu beachten. Die Steuerpflicht knüpft für Erben und Bedachte dort an, wo der Erblasser zuletzt Wohnsitz hatte. Sofern Grundstücke vererbt werden, besteht eine Steuerpflicht am Ort der gelegenen Sache.
Einzelne Kantone (SZ, OW) kennen keine Erbschaftssteuer. Die anderen Kantone be-handeln Konkubinatspartner erbschaftssteuerlich unterschiedlich. Mehrere Kantone (bspw. GR, LU, ZG) stellen die Konkubinatspartner den Ehegatten oder eingetragenen Partnern gleich, mit dem Resultat, dass diese von der Erbschaftssteuer ebenfalls befreit sind. In der überwiegenden Mehrheit der Kantone fallen für Konkubinatspartner jedoch Erbschaftssteuern an, wobei vor allem an die Dauer der Partnerschaft unter-schiedliche Anforderungen gestellt werden. Zudem werden mehr oder weniger grosszügige Abzüge bei der Bemessungsgrundlage und/oder niedrige Steuertarife gewährt.
Der Kanton Zürich lässt bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage einen pauschalen Abzug von CHF 50‘000 für Konkubinatspartner zu, sofern dieser mindestens fünf Jahre mit dem Erblasser im gleichen Haushalt gelebt hatte. Anschliessend wird die verbleibende steuerbare Leistung mit einem progressiven Tarif besteuert, wobei Konkubinatspartner in der obersten (teuersten) Klasse eingeteilt sind, was zu einem Steuertarif von maximal 36% führt. Der Kanton Zürich ist in dieser Hinsicht damit vergleichsweise unattraktiv.
Matthias Heusser
Betriebsökonom FH, Dipl. Steuerexperte
Marcel P. De Boni
Betriebsökonom HWV, Dipl. Wirtschaftsprüfer
Die EU nimmt die grossen Online-Plattformen im Versandhandel in die Umsatzsteuer-Pflicht. Ab dem 1. Juli 2022 gelten in der EU nicht mehr die einzelnen, angeschlossenen Online-Händler als Verkäufer resp. Lieferanten, sondern die Plattformen selbst. Die grossen Platt-formen innerhalb und ausserhalb der EU müssen nun demzufolge die Umsatzsteuer (UST) in der EU selbst abführen.
Zur Bekämpfung von Betrug bei der Umsatzsteuer in der EU hat das europäische Parlament für die Beibehaltung der Umkehr der Steuerschuldnerschaft «Reverse Charge» gestimmt. Die Mitgliedstaaten haben somit weiterhin die Möglichkeit, die Bezahlung der UST bei lokalen Transkationen in bestimmten Hochrisikosektoren auf die es kriminelle Banden abge-sehen haben, zu vermeiden. Es geht dabei um besonders betrugsanfällige Waren wie Mobiltelefone, Computer-chips, Mikroprozessoren und Dienstleistungen wie Energiezertifikate und Cloud Computing.
In vielen EU-Mitgliedstaaten setzen die Steuerbehörden Continuous Transaction Control (die kontinuierliche Transaktionskontrolle) als Instrument zur Vermeidung von Umsatzsteuerbetrug bereits ein oder planen dies. Mit dem Rechnungsaustausch (Exchange System) und der Überprüfung der Rechnungsdaten (Clearance System) verfolgen sie alle das gleiche Ziel, aber mit unterschiedlichen Methoden. Hier einige Beispiele:
- Italien: Der Unternehmer erstellt seine Rechnungen in einem elektronischen Format (XML) und übermittelt diese über eine Schnittstelle (Sistema di Intercambio) elektronisch an die Steuerbehörde (Agenzia delle Entrate).
- Frankreich: Ab 2024 ist die elektronische Rechnungsstellung (e-Invoicing) für Grossunternehmen, ab 2026 dann für alle Unternehmer verpflichtend.
- Spanien: Rechnungssteller und Rechnungsempfänger tauschen keine Rechnungen aus, sondern übermitteln lediglich die Rechnungsdaten an die Steuerbehörde.
- Portugal: Die Unternehmer müssen ihre Rechnungen mit einer zertifizierten Software erstellen und der Steuer-behörde für jeden Monat einen mit dieser Software erstellten Bericht einreichen (bis zum fünften Tag des Folgemonats).
Marianne Esther Meier
Dipl. Steuerexpertin, Executive Master MWST, Dipl. Expertin Rechnungslegung und Controlling
Linda Neeracher
ic. oec. publ. UZH, Dipl. Wirtschaftsprüferin
Lorenz Baumann
Dr. iur., Rechtsanwalt, Fachanwalt SAV Erbrecht
In der beruflichen Vorsorge (BVG) sind Personen, deren Arbeitgeber gegenüber der AHV nicht beitragspflichtig ist, nicht obligatorisch versichert. Für Personen mit Arbeitgebern in Nicht-Vertragsstaaten gestaltet es sich deshalb häufig besonders schwierig eine gute Lösung für die berufliche Vorsorge zu finden, auch wenn sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber eine solche anstreben.
Martin Horak
Buchhalter mit eidg. FA