Erneut – Sexueller Missbrauch: Handballtrainer vor Gericht

Ein 53-jähriger Handballtrainer aus Fellbach muss sich ab heute wegen sexuellen Missbrauchs in über 100 Fällen vor dem Landgericht Stuttgart verantworten. Es werden ihm Taten aus einem Zeitraum von 2006-2021 vorgeworfen.

Der Trainer soll in diesem Zeitraum Kinder und Jugendliche, zu denen er Kontakt als Trainer hatte, sexuell missbraucht haben.
Die Anklage umfasst mehr als 500 Anklagepunkte. Darunter befindet sich sowohl schwerer sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen und, da der Mann seine Handlungen teilweise sogar auf Video aufgenommen haben soll, Besitz von kinder- und jugendpornographischem Material.
Dieses Videomaterial sei bei einer Durchsuchung der Wohnräume des Angeklagten sichergestellt worden. Bei den Opfern handelt es sich wohl ausschließlich um Jungen.

Der Verein hatte sich in einer Stellungnahme im Dezember 2021 an die Betroffenen und die Öffentlichkeit gewandt.
Er drückte tiefstes Bedauern und sein Mitgefühl für die Opfer aus, bedankte sich gleichzeitig jedoch auch für den Mut der Opfer, sich zu öffnen und so an der Aufklärung der Fälle beizutragen.

Erst seit 2019 gibt es im Verein Vertrauenspersonen, die sowohl Aus- und Fortbildungen zum Erkennen von sexualisierter Gewalt abgeschlossen haben. Dennoch will der Verein in Zusammenarbeit mit dem Verband und der Stadt, die Präventionsarbeit weiter voranbringen, um solche schrecklichen Taten zu verhindern.

Solche Taten sind grauenvoll und zeigen immer wieder, dass dies leider auch im Sport keine Einzelfälle sind. Mit immer größerer öffentlicher Aufmerksamkeit und weiterer sorgfältiger Prävention wird es hoffentlich gelingen, solche Straftaten besser zu verhindern.

Severin Lask / Steffen Lask

Sexualisierte Gewalt im Turnsport: Verurteilter Trainer legt erneut Revision ein

Der aus Weimar stammende Turntrainer hat nach dem Urteil im März erneut Revision eingelegt. Das Landgericht Erfurt hatte ihn zu einer Haftstrafe verurteilt, die diesmal eine Dauer von drei Jahren und zwei Monaten umfasste.
Nach seiner ersten Verurteilung im Jahre 2018 hatte der Verurteilte erfolgreich Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt. Der BGH hob damals das Urteil wegen Verfahrensfehlern auf und verwies das Verfahren zurück an das Landgericht Erfurt.
Nun, vier Jahre nach dem ersten Urteil und bereits sechs Jahre nach der Anklageerhebung, sah es das Landgericht wieder als erwiesen an, dass der Trainer „seine“ damaligen Schützlinge sexuell missbraucht habe.
Schon im Jahre 2018 hatte der Trainer ein Teilgeständnis abgelegt.
Von den Sportlerinnen war zu vernehmen, dass sie trotz der erneuten Revision, nicht aufhören würden, zu kämpfen, um auch selbst mit den Taten abschließen zu können.

Auch der Turnverein, der HSV Weimar, geriet während des Verfahrens in starke Kritik.
Eine der neun Nebenklägerin machte Vorwürfe geltend, dass das manipulative Verhalten des Angeklagten, der auch offen „Dr. Love“ genannt worden sei, allgemein bekannt gewesen und im Verein dennoch nichts unternommen worden wäre.
Der HSV Weimar bedauerte jetzt in einer Stellungnahme, dass er es damals versäumt habe, nicht genügend unternommen zu haben und machte deutlich, dass sich seit dem, vieles verändert hätte.
Der Verein hat wohl eine Kinder-/Jugendschutzbeauftragte berufen. Außerdem würden mit Hilfe von externen Partnern und mit dem LSB Thüringen gemeinsam Präventionskonzepte erarbeitet, was der LSB bestätigte.
Jedoch verpasste, sowohl der Verein als auch der LSB, als Zeichen einer Wiedergutmachung, beim zweiten Prozess anwesend zu sein. Als Grund gab der Verein die kurzfristige Terminierung durch das Gericht an.

Es bleibt zu hoffen, dass durch die juristische Aufarbeitung solcher Sachverhalte Sportverbänden und Vereine Lehren ziehen und alle möglichen Präventionsmaßnahmen wirklich ergriffen werden, um solche Straftaten der sexualisierten Gewalt zu verhindern. Worthülsen und Mitleidsbekundungen nützen den Betroffenen nichts.

 

Severin Lask / Steffen Lask

Stefan Lurz – sexualisierte Gewalt im (Schwimm-)Sport hat einen Namen

Stefan Lurz war einer der erfolgreichsten Bundestrainer im Freiwasserschwimmen in Deutschland. Von 2006 bis 2021 war Lurz Chefbundestrainer des Olympiastützpunktes Schwimmen in Würzburg. Lurz muss sich seit vielen Jahren immer wieder gegen Vorwürfe sexueller Nötigung verteidigen. Anfang des Jahres berichtete der Spiegel erneut über diese Art von Vorwürfen. Im Zuge der Veröffentlichungen trat Lurz von seinem Amt als Bundestrainer zurück und die Staatsanwaltschaft Würzburg nahm Ermittlungen auf. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft haben sechs Schwimmerinnen und die Präventionsbeauftragte für sexualisierte Gewalt im deutschen Schwimmverband ausgesagt. Es haben mehrere der vernommenen Schwimmerinnen Vorwürfe gegen Lurz erhoben bzw. die zuvor gegenüber dem Ein erster Vorwurf soll sich 2010 ereignet haben. Eine damals 15-jährige Athletin hatte Lurz sexuelle Nötigung und Vergewaltigung vorgeworfen. Die Schwimmerin zog später die Anschuldigungen im Laufe der Ermittlungen teilweise zurück und nach einem Täter-Opfer-Ausgleich wurde das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt. Aktuell beantragte die Staatsanwaltschaft wegen der Vorwürfe aus 2011/2012 einen Strafbefehl mit einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten. Die Ermittlungsbehörden werfen Lurz sexuellen Missbrauch einer Schutzbefohlenen vor. Das zuständige Gericht prüft momentan den Antrag. Nach Medienberichten gab Stefan Lurz gegenüber der Staatsanwaltschaft Würzburg an, er könne sich an die von der Zeugin geschilderten Vorfälle nicht erinnern. Er könne diese auch nicht ausschließen. Deshalb würde er nun gestehen – „um dem Verfahren ein Ende zu bereiten“ –wie Lurz auf swimsportnews.de zitiert wird. In zwei weiteren Fällen aus den Jahren 2017 und 2020 wurde das Verfahren aus „Mangel an Beweisen“ – wie es heißt – eingestellt. Lurz bestreitet die Vorfälle. Es steht seine Aussage gegen die Aussagen der Zeuginnen. Ein weiterer strafbarer Vorwurf wegen einer Nötigung ist jedenfalls verjährt. Die Athletin hatte sich erst im Zuge der Ermittlungen gegen Lurz bei den Behörden gemeldet. Das eingestellte Strafverfahren, dem Vorwürfe aus 2017 und 2020 zugrundlagen, können jederzeit wiederaufgenommen werden, wenn neue, konkrete, tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die es wahrscheinlich machen, dass Lurz strafbare Handlungen begangene hat, bspw., wenn mögliche Zeuginnen sich bereit zeigen, gegen den im Schwimmsport vormals mächtigen Trainer – wie Lurz es war – auszusagen. Es bleibt also abzuwarten, ob ggf. neue Beweismittel herbeigeschafft werden können. Den möglichen Opfern, wäre es zu wünschen. Des Weiteren wird man abwarten müssen, ob der von der Staatsanwaltschaft beantragte Strafbefehl, wonach eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, durch das Gericht erlassen wird.

Jessica Konschak/ Steffen Lask