Sowohl beim Freiburger Traditionsklub als auch beim Stuttgarter Bundesligisten soll (jedenfalls vor einigen Jahrzehnten) flächenmäßig gedopt worden sein. Ermittlungen einer Freiburger Evaluierungskommission sei zu entnehmen, „dass Doping in der Bundesrepublik Deutschland keineswegs nur der individuellen Verantwortung einzelner Sportler überstellt war, sondern dass es über einzelne Sportverbände oder Sportvereine mitunter zentral organisiert und finanziert wurde“, so Kommissionsmitglied Dr. Singler. Medienberichten zufolge wurden Anzeichen dafür gefunden, dass bei den Fußballvereinen sowohl Anabolika als auch Clenbuterol zum Einsatz kamen. Besonders interessant erscheint der Umstand, dass der heutige Bundestrainer Joachim Löw im besagten Zeitraum sowohl beim VfB als auch in Freiburg als Spieler aktiv war. Allerdings sei laut Zwischenbericht „eine Zuordnung von Medikationen an einzelne, konkret zu benennende Spieler nach Auswertung der Akten der Staatsanwaltschaft Freiburg nicht möglich“.
Die Dopingenthüllungen berühren zwar nur die Vergangenheit, nicht die Gegenwart. Zudem dürften die nunmehr an die Öffentlichkeit vorgedrungenen Informationen den Fußballsport kaum diskreditieren. Indes sollte jenes Bild korrigiert werden, das lediglich die medienpräsenten „Doping-Sportarten“ Radsport und die Leichtathletik in einem unsauberen Licht darstellt. Doping ist ein Problem des Sports und nicht einzelner Sportarten.
Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Jon Drummond, ehemaliger 100-Meter-Läufer und zuletzt Trainer des Spitzensprinters Tyson Gay, wurde wegen wiederholter Anti-Doping-Verstöße für acht Jahre aus dem Sportverkehr gezogen. Er darf ab sofort keine Athleten mehr trainieren oder beraten. Ausgangspunkt der Entscheidung des US-Schiedsgerichts (AAA) gegen den einstigen 9.92-Sekunden-Sprinter waren die Kronzeugenaussagen seines Schützlings Gay. Dieser entging durch die belastenden Aussagen gegen seinen Coach seinerseits einer langen Sperre.
Ein dreiköpfiges Gremium befand, dass Drummond verbotene leistungssteigernde Substanzen besaß, mit diesen Handel getrieben und an jedenfalls einen seiner Athleten verabreicht hat. Konkreter Hintergrund sei Drummonds Rat, sich an einen Arzt namens Clayton Gibson zu wenden, so soll Gay ausgesagt haben. Dieser wiederum habe Cremes mit Aufschriften wie „DHEA“ und „HGH“ empfohlen. FAZ-Recherchen zufolge soll Gay gar stutzig geworden sein, der Arzt hätte allerdings versichert, die Aufschriften seien falsch. Schließlich soll Drummond die vermeintlich ursächlichen Dosen umetikettiert und seinem Schützling gewissermaßen zugeschoben haben. Es folgten: Positive Dopingprobe, eine einjährige Sperre für den kooperativen Sportler und wie nunmehr bekannt wurde eine achtjährige Sperre für dessen manipulativen Trainer, der Gay (und die USADA) im Übrigen bereits im Mai diesen Jahres wegen Verleumdung verklagte. Wer die Wahrheit spricht und wer lügt, sei an dieser Stelle mal dahingestellt. Jedenfalls scheint es so, als würde jeder dem anderen die Schuld zuschieben wollen, obwohl vermutlich alle in die Anwendung unerlaubter Praktiken eingeweiht waren. Eine Vermutung.
Im Ergebnis soll allerdings betonend festgehalten werden, dass Sportler trotz lediglich verbandsrechtlicher und keiner strafrechtlichen Verfolgung durchaus bereit sind, gegen ihre Kumpanen auszusagen. Der Aussagereiz im Rahmen sportrechtlicher Ermittlungen scheint entgegen mancher Stimmen für ein Anti-Doping-Gesetz ausreichend zu sein, selbst wenn „nur“ eine ausschließlich sportlich relevante Sperre angedroht ist.
Evi Sachenbacher-Stehle ist ab sofort wieder startberechtigt und kann, soweit gewollt, nunmehr wieder ins Wettkampfgeschehen eingreifen. Der Internationale Sportgerichtshof in Lausanne verkürzte die ursprünglich auf Maximalhöhe von zwei Jahren festgesetzte Dopingsperre auf sechs Monate. Das Gericht hielt ein „minimale[s] Fehlverhalten der Athletin“ fest. Eine ausführliche Begründung steht noch aus. „Ich finde das Urteil gut. Das IBU-Urteil war zu hart und zu viel Gleichmacherei mit anderen Dopingvergehen wie EPO-Dopern. Evi hatte einen positiven Befund und musste bestraft werden. Aber sie hat nicht bewusst gedopt, sondern war fahrlässig und sicher auch blauäugig“, äußerte sich Bundestrainer Gerald Hönig.
Sachenbacher-Stehle bestritt stets jedwede Absicht. Da ihr dennoch unerlaubte Substanzen im Organismus nachgewiesen wurden, konnte sie nach dem strict-liability-Grundsatz aus dem Verkehr gezogen werden. Ob sie sportlich wieder angreifen möchte, ist derzeit unklar. Bisher betonte die Biathletin immer wieder, dass es ihr bei der Berufung zum CAS primär um ihr Image ging. Dies deuteten ihre Aussagen jedenfalls an.
Das höchste Sportschiedsgericht behielt durch die Entscheidung in Sachen Sachenbacher-Stehle die bereits zuvor im Fall Powell/Simpson angewandte klare Linie. Absichtliche/vorsätzliche Doper sind von fahrlässig handelnden Athleten zu unterschieden. Klingt nachvollziehbar. Bleibt nur abzuwarten, inwiefern sich dadurch Missbrauchspotenzial entwickelt.
Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask
Rita Jeptoo, eine der führenden Marathonläuferinnen heutiger Zeit, ist Medienberichten zufolge positiv auf das Dopingmittel EPO getestet worden. „Wir haben einen Brief von der IAAF erhalten und Rita Jeptoo zu einem Treffen nach Nairobi zitiert. Sie hat bestritten, unerlaubte Mittel genommen zu haben“, so der Vizepräsident des kenianischen Verbandes. Man zeigt sich zu Recht zurückhaltend. Abzuwarten bleiben die Resultate der B-Probe.
Die dreifache Boston- und zweifache Chicago-Marathon-Siegerin steht bereits als Gesamtgewinnerin der laufenden World-Marathon-Majors-Rennserie fest. Die ursprünglich geplante Ehrung, die morgen stattfinden sollte, wird wohl ausfallen. „Wir gehören zu den Vorkämpfern gegen Doping. Kein Athlet, der gegen die Anti-Doping-Regeln verstoßen hat, kann den WMM-Titel gewinnen. Zudem wird kein Athlet, der für schuldig befunden worden ist, wieder zu den Rennen der WMM eingeladen“, erklärte der Veranstalter.
Wir sind gespannt, ob sich der Dopingverdacht bestätigen oder auflösen wird.
Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask
Immer mehr manifestiert sich in Freiburg ein organisiertes Dopingnetzwerk, dass wohl nicht nur dem Radsportteam Telekom zu Höchstleistungen verholfen hat. Dass systematisch gedopt wurde, ist Fakt. Doch wie weit ging dieses Treiben wirklich, westlichen Teil Deutschlands? Eine Aufarbeitung ist seit Jahren im Gange und scheint derzeit ins Stocken zu geraten. Letizia Paoli, die Leiterin der unabhängigen Kommission, die die Vergangenheit der Athletenschmiede im Breisgau an der Universität Freiburg erforschen soll, bringt schwere Vorwürfe ans Licht. Sie droht sogar mit Rücktritt. Die Universitätsklinik habe ihre Anstrengungen bewusst und massiv behindert.
Die Vorwürfe passen ins Bild. Das „Staatsdoping“ in der früheren DDR wurde ausnahmslos von allen Seiten – zu Recht- angeprangert. Aber seit der Wiedervereinigung hat man immer größten Wert darauf gelegt, die unstreitigen Dopingverstöße als Einzelfälle darzustellen. Eine Uniklinik, in der die führenden bundesdeutschen Sportmediziner Keul und Klümper tätig waren, vernetzt in Politik, Wirtschaft und Justiz, lässt erahnen, dass der westliche Teil Deutschlands am Wettrüsten mit unlauteren, verbotenen unterstützenden Mitteln im Sport beteiligt war und dem Doping in der ehemaligen DDR vermutlich in nichts nachstand.
Mit den beiden im Telekom-Skandal bekannt gewordenen Medizinern Schmid und Heinrich sollten zwei Bauernopfer durch die Uniklinik präsentiert werden. Wieder der Versuch, das System als Einzelfall darzustellen. Aber es sieht anders aus. Ganz offensichtlich!
Und es ist geradezu grotesk, dass die Staatsanwaltschaft Freiburg 5 Jahre gegen Schmid und Heinrich ermittelt hat und nichts erkennen konnte, was eine Anklageerhebung gerechtfertigt hätte.
Wir müssen abwarten, ob die Kommission zur Aufklärung des Dopingsumpfs ihre schlagkräftige Führung verliert, was sehr misslich und ein weiterer Beleg für erfolgreiches Vertuschen wäre.
Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask