Hertha BSC: Verstoß gegen die „50+1 Regel“ ?

Bei der Hertha hat sich das Chaos, welches Jürgen Klinsmann im Februar hinterlassen hatte, gelegt. Einen großen Anteil daran hat auch der neue Trainer Bruno Labaddia, der die Mannschaft während der „Corona-Pause“ anscheinend sehr gut auf den Rest der Saison eingestellt hat. Mit zehn Punkten aus vier Spielen hat die Hertha den Abstiegskampf hinter sich gelassen und orientiert sich vorsichtig in Richtung internationaler Plätze. Der Anspruch des Kaders, der im Sommer und vor allen Dingen im Winter-Transferfenster mit kostenintensiven Spielerverpflichtungen verbessert wurde, sollte von nun an stetig steigen.

Investitionen von Außen

Doch die Hertha konnte nicht ohne Grund in den letzten beiden Transferperioden so viel Geld ausgeben, wie noch nie zuvor in ihrer Vereinsgeschichte. Hauptverantwortlich dafür ist Lars Windhorst, der mit seiner Beteiligungsgesellschaft Tennor im Jahr 2019 49,9 % der Anteile an der Hertha BSC GmbH & Co. KGaA erworben hatte, zum Preis von 224 Millionen Euro. 

Nun stehen der Verein und Windhorst wohl erneut vor einer Einigung über den Verkauf von weiteren Anteilen für eine Summe in Höhe von 150 Millionen Euro. Den meisten Fußball-Fans wird die „50+1 Regel“ in Deutschland wahrscheinlich etwas sagen. Daher stellt sich hier die Frage, wie Hertha noch weitere Anteile verkaufen kann, ohne gegen diese Regel zu verstoßen.

Dabei muss beachtet werden, dass die „50+1 Regel“ besagt, dass es Kapitalanlegern nicht möglich ist, die Stimmenmehrheit bei Kapitalgesellschaften, in die die Fußballvereine ihre Profimannschaften ausgegliedert haben, zu übernehmen. Jedoch können Kapitalanleger die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) komplett übernehmen/kaufen. Es muss nur gewährleistet sein, dass mehr als 50 % der Komplementär-Gesellschaft im Eigentum des Vereins stehen. Der Verein somit dort die mehrheitliche Stimmengewalt inne hat.

Bei Hertha will Lars Windhorst über seine Firma Tennor nun seinen Anteil an der KGaA auf 60 % erhöhen, was wie gerade geschildert kein Verstoß gegen die „50+1 Regel“ darstellt. Die umstrittene Regel steht immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit. Zuletzt scheiterte Martin Kind von Hannover 96 mit einem Antrag auf Ausnahmegenehmigung bei der DFL. 

Wie die Entwicklungen im deutschen Fußball bezüglich der „50+1 Regel“ in den kommenden Jahren aussehen, bleibt abzuwarten. 

Severin Lask / Steffen Lask 

H96-Stammverein verkauft letzte Anteile

Fußball V

Der Stammverein von Hannover 96 (Hannoverscher SV von 1896 e.V.) hat die letzten verbliebenen Anteile an der ausgegliederten Kapitalgesellschaft (Hannover 96 GmbH & Co. KGaA) an die Investorengruppe um Martin Kind, Detlev Meyer und Dirk Roßmann verkauft. Die ausgegliederte Kapitalgesellschaft ist der Lizenznehmer bei der DFL. Damit hält die Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG (Martin Kind und weitere) nunmehr 100% der Gesellschaftsanteile der Lizenznehmerin inne. Die Stimmverteilung hingegen behält der Stammverein weiterhin ausnahmslos, was nur daran liegt, dass im deutschen Profifußball die ’50+1′-Regel gilt. Demnach muss die Stimmenmehrheit beim e.V. verbleiben. Ausnahmsweise darf dem Investor die Stimmenmehrheit zugesprochen werden, soweit dieser den Verein mehr als 20 Jahre ununterbrochen und erheblich gefördert hat. Diese Möglichkeit dürfte im Fall Hannover 96 in persona von Martin Kind 2018 eröffnet sein.

Die ’50+1′-Regel soll die Vereine vor Übernahmen durch Investoren schützen und gewissermaßen den Sport über die Wirtschaftlichkeit heben. Dass dieses Konstrukt allerdings nicht unumgänglich ist, ist sehr wohl bekannt. Einerseits reicht bereits die faktische Macht der Investoren aus, die Stimmen des Vereins zu beeinflussen. Andererseits existieren fragwürdige Konstellationen. Hier in Hannover ist Vorstandsvorsitzender Martin Kind. Hauptinvestor ist Martin Kind (27,04% an der Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG). Dass Martin Kind – und zwar schon vor 2018 – die tatsächliche Stimmgewalt ausübt, liegt nahe.

Wohl deshalb gab es am Montag während der Mitgliederversammlung, bei der der Verkauf der restlichen Anteile bekanntgegeben wurde, einige Proteste.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask