Sportrechtsblog

Hans Niemann erhebt Millionen-Schadensersatzklage gegen Magnus Carlsen

Thema: Sportrecht, 03.11.2022

Der US-Schachspieler Hans Niemann verklagt in seiner am 20. Oktober 2022 vor einem US-Gericht in Missouri eingereichten Klage den fünffachen Schachweltmeister Magnus Carlsen, dessen Unternehmen Play Magnus, den Online-Schachanbieter Chess.com sowie die beiden US-Schachspieler Daniel Rensch und Hikaru Nakamura.

Hintergrund der erhobenen Klage sind die von Carlsen geäußerten Betrugsvorwürfe gegen Niemann. Im September 2022 hat Niemann erstmalig und überraschend Carlsen in einem Präsenzspiel beim Sinquefield-Cup-Schachturnier in St. Louis, Missouri (USA) geschlagen. Daraufhin zog sich Carlsen aus dem Turnier zurück und hinterließ auf seinem Twitter-Account lediglich eine kurze YouTube-Sequenz von Fußballtrainer José Mourinho, in der dieser sagte: „Ich ziehe es vor, nicht zu sprechen. Wenn ich spreche, habe ich große Probleme. Und ich möchte keine großen Probleme haben.“ Die weit verbreite Lesart dieser kryptischen Nachricht, die auch Großmeister Hikaru Nakamura teilt, war: Carlsen vermutet, dass sein Kontrahent ihn betrogen haben könnte. Zwei Wochen später brach Carlsen ein Spiel gegen Niemann bei einem Online-Schachturnier nach nur einem Zug ab. Am 26. September 2022 veröffentlichte Carlsen schließlich auf seinem Twitter-Account eine Stellungnahme, in der er Niemann öffentlich des Betruges bezichtigte. Begründet hat Carlsen dies mit den „ungewöhnlichen“ Fortschritten Niemanns. So wie Niemann ihn ausgespielt habe, würden dies nur eine „Handvoll Spieler“ schaffen, so Carlsen.

Niemann selbst hatte in der Vergangenheit zugegeben, einmal als 12- und einmal 16-Jähriger bei Online-Schachturnieren betrogen zu haben. Anfang Oktober 2022 berichtete das Wall Street Journal über einen Untersuchungsbericht des Portals Chess.com, wonach Niemann hingegen in mehr als hundert Onlinepartien betrogen haben soll. Dem Wall Street Journal zufolge, soll Niemann die Anschuldigungen in dem Bericht zugegeben haben. Chess.com hat Niemann schließlich von der Website und deren Veranstaltungen ausgeschlossen.

In seiner Klage behauptet Niemann nun, die Beklagten hätten ihm „verheerende Schäden“ zugefügt, die seinem Ruf und seiner Karriere schaden würden. Dem Schachgroßmeister Nakamura wirft er vor, dieser habe in Absprache mit Carlsen und der Plattform Chess.com die Betrugsvorwürfe gegen Niemann verstärkt, indem er in mehreren Videos „verleumderische Aussagen“ getätigt habe, die darauf hindeuten würde, Nakamura verfüge über Beweise für die von Carlsen geäußerten Anschuldigungen. In einem von Daniel Rensch – Chief Chess Officer der Plattform Chess.com – veröffentlichten Statement seien zudem weitere „falsche Anschuldigungen“ gegen Niemann erhoben worden, die darauf abzielten, ihn als Betrüger und Lügner zu diffamieren, so Niemann in seiner Klagebegründung. Hierin deutet Niemann zudem an, seine Sperre auf der Plattform Chess.com sei auf Druck Carlsens erfolgt, der kurz vor Beginn des Sinquefield Cups bekannt gab, Chess.com werde sein Unternehmen Play Magnus für ca. 83 Millionen Dollar übernehmen.

Konkret wirft Niemann den Beklagten Verleumdung und üble Nachrede sowie geheime Absprachen vor, die seinen Ruf sowie seine Existenz zerstören würden, weshalb er nun mindestens 100 Millionen Dollar (101,2 Millionen Euro) Schadensersatz verlangt. Während Carlsen und Nakamura bisher schweigen, hat die Wirtschaftskanzlei Latham & Watkins die Klage im Namen von Chess.com als unbegründet zurückgewiesen. Niemann habe Betrug in einigen Fällen zugegeben und sei selbst für seinen beschädigten Ruf verantwortlich.

Laura Schindler / Steffen Lask

Boateng vom Landgericht München I verurteilt

Thema: Fußball, Sportrecht, Strafrecht & Sport, 03.11.2022

Jérôme Boateng wurde durch das Landgericht München I wegen der zweifachen Körperverletzung gegenüber seiner ehemaligen Freundin zu einer Geldstrafe verurteilt.

Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass Boateng seine Ex-Freundin in einem gemeinsamen Karibikurlaub mehrfach geschlagen habe. Daher verhängte das Landgericht eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 10.000 Euro, also 1,2 Millionen Euro. Es reduzierte damit die ursprüngliche Geldstrafe des Amtsgerichts München, um 600.000 Euro.
Die Reduzierung der Geldstrafe hängt vor allem damit zusammen, dass Boateng seit Beginn des Prozesses alle seine Werbe- und Medienpartner verloren habe und nur noch über das Gehalt von Olympique Lyon verfüge, so seine Anwälte.

Nachdem Boateng und seine Anwälte nicht dem Vorschlag des Gerichts gefolgt waren, den Schuldspruch des Amtsgerichts anzuerkennen und das Landgericht nur über den Rechtsfolgenausspruch entscheiden zu lassen, sah das Landgericht den Fußball-Weltmeister von 2014 in der Berufungsinstanz nun erneut als schuldig an.

Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig, weil sowohl Boateng als auch die Staatsanwaltschaft Revision gegen die Entscheidung eingelegt haben. Das Bayerische Oberste Landgericht überprüft das Urteil nun auf mögliche Rechtsfehler.

Severin Lask / Steffen Lask

 

 

Boateng erneut vor Gericht – Berufungsverfahren

Thema: Fußball, Strafrecht & Sport, 26.10.2022

Jérôme Boateng lehnt den vom Landgericht München I unterbreiteten Vorschlag, die Berufung gegen das gegen ihn ergangene Urteil des Amtsgerichts München, auf den Rechtsfolgenausspruch zu beschränken, ab.

Der Fußballweltmeister von 2014 ist am 9. September 2021 wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 30.000 Euro vom Amtsgericht München verurteilt worden. Laut Anklage soll Boateng seine ehemalige Lebensgefährtin, die im Prozess als Nebenklägerin auftritt, im Juli 2018 bei einem Urlaub geschlagen, geboxt, ihr in den Kopf gebissen, sie auf den Boden geschleudert und dabei beleidigt haben. Das Amtsgericht München sah hingegen nur den Faustschlag ins Gesicht als erwiesen an.

Gegen das Urteil hat Boateng Berufung eingelegt, ebenso die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage. Die Berufungshauptverhandlung hat das Landgericht München I zunächst auf den 20. und 21. Oktober 2022 terminiert. Bereits zu Beginn der Hauptverhandlung zogen sich die Kammer, die Vertreterin der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage sowie die Verteidigung zu einem Rechtsgespräch zurück. Strafprozessual sind solche Rechtsgespräche außerhalb der Haupthandlung nicht unüblich, wenn sie die Möglichkeit einer Verständigung zum Gegenstand haben oder zumindest als Vorbereitung einer Verständigung verstanden werden.

Am Ende des Rechtsgesprächs unterbreitete der Vorsitzende den Verfahrensbeteiligten den Vorschlag, die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch zu beschränken. Dies hätte zur Folge, dass der Schuldspruch des angefochtenen Urteiles – die Verurteilung Boatengs wegen Körperverletzung – in Rechtskraft erwachse. Das Berufungsgericht wäre sowohl an die tatsächlichen Feststellungen als auch an die rechtliche Bewertung der Tat durch das erstinstanzliche Gericht gebunden. Das Landgericht hätte daher lediglich Feststellungen, zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Boatengs zu treffen sowie eigene Erwägungen, zur Strafzumessung anzustellen. In der Folge könnte das Berufungsgericht das Strafmaß zugunsten oder zulasten Boatengs abändern.

Sowohl die Nebenklage als auch die Staatsanwaltschaft würden dem Vorschlag des Vorsitzenden zustimmen, jedoch lehnte die Verteidigung diesen nach Rücksprache mit Boateng ab. Das Gericht trat daher in die Beweisaufnahme ein, u.a. durch Vernehmung der ehemaligen Lebensgefährtin Boatengs. Zu einer Urteilsverkündung ist es nach den zwei anberaumten Terminen nicht gekommen. Der Prozess soll am 2. November 2022 fortgesetzt werden.

Wir werden auf die Sache zurückkommen.

Laura Schindler / Steffen Lask

BGH: Sportbetrüger bleibt der Geschäftsführer-Posten verwehrt

Thema: Sportrecht, 16.08.2022

Der 2. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat in einem am 09.08.2022, veröffentlichten Beschluss entschieden, dass auch die §§ 265c bis 265e StGB in den „Amtsunfähigkeitskatalog“ des GmbHG fielen.

Ein Geschäftsmann hatte bei der vorgeschriebenen Versicherung vor dem Registergericht, die maßgeblichen Straftatbestände einzeln aufgelistet. Jedoch ließ er dabei die Straftaten aus, die Betrügereien im Sport betrafen.
Er ließ den § 265c StGB (Sportwettbetrug), § 265d StGB (Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben) und den § 265e StGB (Besonders schwere Fälle des Sportwettbetruges und der Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben) aus.
Aufgrund dieser fehlerhaften Angabe verweigerte das Handelsregister ihm die Eintragung. Gegen diese Entscheidung legte er erfolglose Beschwerde beim Amtsgericht in Duisburg und daraufhin erfolglos Rechtsmittel beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein.

Er argumentierte, dass gem. § 6 II 2 Nr. 3b GmbHG zwar Personen von der Geschäftsführung ausgeschlossen seien, die „nach den §§ 263 bis 264a oder den §§ 265b bis 266a StGB zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr“ verurteilt wurden. Es sich bei dieser Verweisung um eine „statische Verweisung“ handle und daher die erst 2017 mit dem 51. Strafänderungsgesetz eingeführten §§ 265c bis 265e StGB nicht unter diese Verweisung fielen. Für eine solche „statische Verweisung“ sei der maßgebliche Zeitpunkt das Inkrafttreten des GmbHG 2008.

Der BGH folgte dieser Argumentation nicht.
Der 2. Zivilsenat machte klar, dass es sich bei der Verweisung im GmbHG, um eine „dynamische Verweisung“ handle.
Er räumt zwar ein, dass die maßgeblichen Strafvorschriften bei Verabschiedung des MoMiG („Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen“) offensichtlich noch nicht existierten. Jedoch komme es hier nicht auf die „subjektiven Vorstellungen der im Gesetzgebungsverfahren tätigen Personen“ an, sondern es ergäbe sich hier aus der amtlichen Überschrift des § 265c StGB sowie aus der systematischen Stellung, dass mit den 2017 eingeführten Strafnormen ebenso Betrugsunrecht bestraft werden sollte.
Der Gesetzgeber von 2008 wollte wiederum jegliche Betrugsstraftaten in den „Amtsunfähigkeitskatalog“ mit aufnehmen.
Anhand dieser nachvollziehbaren Argumentation schließt der BGH, dass auch die erst 2017 eingeführten Strafvorschriften von der Verweisung aus dem GmbHG erfasst werden.

Der BGH schloss einen Verstoß gegen die Berufsfreiheit gem. Art. 12 I 1 GG aus, da das Missbrauchspotential des Geschäftsführeramtes einen solchen Eingriff rechtfertige.

Severin Lask / Steffen Lask

Freistellung von Sportdirektor Mutzel durch den HSV unwirksam

Thema: Fußball, Sportrecht, 27.07.2022

Die Freistellung und die Beurlaubung von Sportdirektor Michael Mutzel durch den Hamburger Sportverein ist unwirksam. 
Dies hat die Kammer des Hamburger Arbeitsgerichts am Dienstag, den 26.07.2022, entschieden. Der Sportdirektor war mit seiner einstweiligen Verfügung gegen seine Freistellung und Beurlaubung vom Posten des Sportdirektors erfolgreich.

Ferner äußerte das Hamburger Arbeitsgericht Zweifel, an der Wirksamkeit der im Arbeitsvertrag vereinbarte einseitige Freistellungsklausel. Ebenso sah das Gericht „keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein nachhaltig gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien„. Ein solches nachhaltig gestörtes Vertrauensverhältnis ergebe sich nicht schon durch „interne Abstimmungsschwierigkeiten und die Verweigerung der Teilung des outlook-Kalenders„. 
Die besondere Eilbedürftigkeit lag nach Ansicht des Gerichts vor, um weiteren Reputationsschaden vom Verfügungskläger (Sportdirektor Mutzel) abzuwenden.

Der gerichtlichen Streitigkeit war eine harsche öffentliche Kritik durch den Sportvorstand Jonas Boldt vorausgegangen. Dieser wies Mutzel mangelnde Führungsqualitäten im Umfeld der Mannschaft zu und setzte durch, dass Mutzel weder Kontakt zur Mannschaft hatte, noch mit ins Trainingslager fahren durfte.

Nach der Entscheidung des Hamburger Arbeitsgerichts muss der HSV Mutzel vorerst in seiner Position als Sportdirektor weiterbeschäftigen.
Jedoch ist gegen die Entscheidung Berufung zum Landesarbeitsgericht in Hamburg möglich.

Severin Lask / Steffen Lask