Vormundschafts- und Betreuungsrecht: Mehr Rechtssicherheit für Mediziner und Betreute
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Vormundschafts- und Betreuungsrecht: Mehr Rechtssicherheit für Mediziner und Betreute

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Mit dem neuen Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts will der Gesetzgeber die Rechte betreuter Personen und von Menschen mit Behinderungen stärken. Für Ärzte bringt das Gesetz mehr bürokratischen Aufwand – aber auch einige Erleichterungen.

Die Änderungen des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts, das am 1. Januar 2023 in Kraft trat, haben Auswirkungen für Ärzte und Krankenhäuser, für (Pflege-)Kinder, Betreuungsbedürftige und Pflegeeltern.

Mehr Mitspracherecht für Betreute

Betreute Personen müssen künftig intensiver in Betreuungsverfahren eingebunden sein. Sie haben ein Recht auf Information und Mitsprache. Zudem können sie bei gerichtlichen Entscheidungen über die Bestellung eines Betreuers mitreden. „Entscheidungen über den Einsatz eines Betreuers dürfen nicht gegen den freien Willen eines Volljährigen erfolgen“, sagt Daniela Groove, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht bei Ecovis in München. Generell sieht der Gesetzgeber mehr Kontrollen und Sanktionsmöglichkeiten für Betreuer vor. Auch bei ihrer Auswahl sollen strengere Kriterien gelten. Sämtliche Vorschriften dazu sind in dem Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) zusammengefasst (https://www.buzer.de/BtOG.htm).

Das eherechtliche Notvertretungsrecht Eine zentrale Änderung betrifft die Vertretungsmöglichkeiten des anderen Ehegatten in gesundheitlichen Notsituationen. Zukünftig ist der Ehegatte kraft Gesetzes (Paragraph 1358 BGB) handlungsfähig und hat ein auf drei Monate begrenztes gesetzliches Vertretungsrecht.

Das Vertretungsrecht greift, wenn ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit seinen Angelegenheiten der Gesundheitssorge vorübergehend rechtlich nicht nachkommen kann. Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber vermeiden, dass ein Gericht in einer solchen für alle Beteiligten ohnehin äußerst belastenden Situation eine vorläufige Betreuung anordnen muss.

„Zwangsmaßnahmen kann aber auch bei der Ehegattenvollmacht nur das Gericht anordnen“, sagt Groove. Die Vollmacht kommt nicht zum Einsatz, wenn der Patient vorher festgelegt hat, dass

  • er keine Ehegattenvollmacht möchte,
  • die Partner getrennt leben oder
  • es eine anders lautende Vorsorgevoll macht, Patientenverfügung oder Betreuungsverfügung gibt.

Was die Ehegattenvollmacht umfasst

Das Vertretungsrecht umfasst die Entscheidung über Untersuchungen des Gesundheitszustands, über Heilbehandlungen, ärztliche Eingriffe oder die Entgegennahme einer ärztlichen Aufklärung. Zudem beinhaltet es zusätzlich einzelne mit diesen Punkten in engem Zusammenhang stehende vermögensrechtliche Angelegenheiten:

  • den Abschluss von Behandlungs- oder Krankenhausverträgen oder von Verträgen über eilige Maßnahmen der Rehabilitation und der Pflege sowie
  • die Geltendmachung von dem Ehegatten aus Anlass der Erkrankung zustehenden Ansprüchen gegenüber Dritten. Das wären beispielsweise im Falle eines Unfalls Ansprüche gegen den Unfallgegner und ihre Abtretung an die Leistungserbringer, etwa Krankenkassen.

Was die Neuerung für Ärzte und Kliniken bedeutet

Für Ärzte und Krankenhäuser bedeutet die Neuregelung sowohl eine Erleichterung als auch einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand. „Sie haben bei der Einlieferung eines verheirateten, nicht handlungsfähigen Patienten sofort einen Ansprechpartner“, sagt Ecovis-Rechtsanwältin Groove, „der Ehegatte ist entlastet, weil er künftig nicht sofort ein Betreuungsverfahren anstreben muss.

Allerdings sieht das Gesetz ab dem 1. Januar 2023 vor, dass der Arzt künftig das Vorliegen der Voraussetzungen der Notvertretung und den Zeitpunkt, zu dem sie spätestens eingetreten sind, dem vertretenden Ehegatten schriftlich bestätigen muss (Paragraph 1358 Absatz 4 Bürgerliches Gesetzbuch). Der Arzt muss dem vertretenden Ehegatten diese Bestätigung mit einer schriftlichen Erklärung vorlegen. In dieser müssen die Voraussetzungen des Ehegattenvertretungsrechts und eventuelle Ausschlussgründe enthalten sein. Er muss sich ferner von dem vertretenden Ehegatten schriftlich bestätigen lassen, dass das Vertretungsrecht bisher noch nicht ausgeübt wurde und kein Ausschlussgrund für das Ehegattenvertretungsrecht vorliegt.

Für den behandelnden Arzt ist es aber oft nicht erkennbar, ob nicht bereits ein anderer Arzt eine entsprechende Bescheinigung ausgefüllt hat. Er muss sich letztendlich auf die Angaben des Ehegatten verlassen. „Ärzte sind für die Dauer des Notvertretungsrechts von ihrer Schweigepflicht gegenüber dem vertretenden Ehegatten entbunden“, sagt Ecovis-Rechtsanwältin Groove. Bei der Entscheidungsfindung über Behandlungsmaßnahmen können sie aber nicht allein entscheiden. Ärzte müssen den Ehegatten mit einbeziehen – wie heute schon bei einer Vorsorgevollmacht oder einer Betreuerbestellung.

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