Verkauf von Cannabissamen – Im Gespräch mit David Gach

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München – David Gach ist der Gründer des Start-ups Health & Recreation aus Maastricht. Das Unternehmen beschäftigt sich mit dem Verkauf von Cannabissamen für therapeutische Zwecke sowie Anbau- und Veredelungszubehör.

Herr Gach, die Verwendung von Cannabis zu therapeutischen Zwecken ist ein Dauerbrenner. Ist aus Ihrer Sicht in die jahrelange Diskussion Bewegung gekommen?
In Deutschland wird zwar heute mehr denn je diskutiert, von zufriedenstellenden Ergebnissen kann aber nicht die Rede sein. Es scheitert aus unserer Sicht in erster Linie am Sachverstand der Entscheidungsträger, beispielsweise der Drogenbeauftragten der Bundesregierung Marlene Mortler, CSU, die schon Probleme mit der Nomenklatur dieses Themas hat. Wir haben in Deutschland mit Dr. Franjo Grotenhermen einen der weltweit renommiertesten Fachleute im Land, da stellt sich schon die Frage, warum man sich nicht seiner Expertise bedient. Eine sachgerechte Diskussion findet insofern aktuell nicht statt: Man klammert sich hierzulande lieber an Dogmen, die außerhalb Deutschlands schon lange als Irrtum widerlegt und überwunden wurden.
Für wen bieten Sie Leistungen auf dem Gebiet des therapeutischen Cannabis an und wie sehen diese aus?
Aktuell bieten wir Cannabissamen sowie Anbau- und Veredelungszubehör an – alles, was der Patient oder Produzent benötigt, um nachhaltig qualitativ hochwertiges Cannabis preiswert anzubauen. Neben dem Vertrieb sind wir auch beratend tätig. Aktuell lassen wir eine App entwickeln, um auch den Patienten zu Hause besser unterstützen zu können. Dies ist insbesondere zur Erreichung standardisierter Ergebnisse wichtig. Anfang 2017 werden wir auch Cannabidiol als pharmazeutischen Reinstoff anbieten.
Sie führen ein Start-up. Wie reagieren Investoren auf das Thema, und kann noch investiert werden? Welche Branchen könnten vielversprechend sein?
Das Interesse ist bei den meisten Investoren sehr hoch. Wenn man sich die Entwicklung des amerikanischen Marktes der vergangenen Jahre näher ansieht, versteht man auch wieso: Einer aktuellen Studie zufolge entgingen der Pharmaindustrie im Jahr 2013 allein durch die Verschreibung von Cannabis an Medizinpatienten über 65 Jahre in 17 Bundesstaaten 165,2 Millionen Dollar. In der aktuellen Situation gibt es viel mehr Geld als gute Investitionsmöglichkeiten. Insbesondere für die Gesundheits-, Agrar- und Kosmetikbranche können sich sehr vielversprechende neue Geschäftsfelder ergeben.
Sollten sich Ärzte aus Ihrer Sicht über therapeutisches Cannabis in naher Zukunft intensiver Gedanken machen? Gibt es schon heute umsetzbare Lösungen?
Ja, absolut. Ärzte sollten sich jetzt schon vermehrt mit therapeutischem Cannabis auseinandersetzen. Die medizinische Kenntnislage zu den verschiedenen möglichen Anwendungsgebieten von Cannabis ist im Moment allerdings noch sehr uneinheitlich. Im Bereich Erbrechen und Übelkeit bei Chemotherapie, Appetitlosigkeit und Abmagerung bei HIV/Aids, bei chronischen, vor allem neuropathischen Schmerzen sowie Spastik bei multipler Sklerose und Querschnittserkrankungen ist der Kenntnisstand gut, für andere Bereiche hingegen, beispielsweise Epilepsie, Juckreiz und Depressionen, ist er eher schlecht. Man sollte hierbei allerdings bedenken, dass der wissenschaftliche Erkenntnisstand für eine bestimmte Indikation nicht unbedingt das tatsächliche therapeutische Potenzial bei dieser Erkrankung widerspiegelt. Informationsangebote für Mediziner, die die bereits heute einsetzbaren Therapiemöglichkeiten erklären, sind mir nicht bekannt. Interessierten empfehle ich daher die Website www.cannabis-med.org, die von Dr. Franjo Grotenhermen betrieben wird.
Werden in Deutschland zurzeit klinische Studien hierzu durchgeführt?
Derzeit laufen meines Wissens nur zwei Studien in Deutschland, die sich ausschließlich mit dem Phytocannabinoid Cannabidiol im Kontext mit Schizophrenie befassen.
Auch therapeutisches Cannabis muss bezahlt werden. Wie reagieren die Kostenträger derzeit?
Die Krankenkassen müssen medizinisches Cannabis ihren Patienten bislang weder anteilsmäßig noch voll bezahlen, und das, obwohl Cannabis und Cannabispräparate seit 2011 in Deutschland zugelassene Medikamente sind. Durch das von Gesundheitsminister Hermann Gröhe auf den Weg gebrachte Gesetz sollen die Krankenkassen ab 2017 die Kosten für Cannabisblüten und Präparate für Schwerkranke übernehmen. Dies ist ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung. Wie das aber in der Praxis aussehen wird, müssen wir abwarten. Bei der aktuellen Marktlage können pro Patient monatliche Maximal-Kosten von ca. 3.000 Euro anfallen. Mit anderen rechtlichen Rahmenbedingungen ginge es deutlich günstiger.
Wo sehen Sie das therapeutische Cannabis in zehn Jahren?
Das Thema ist nach wie vor gesellschaftlich noch nicht vollkommen akzeptiert. Wir stecken 2016 immer noch in den Kinderschuhen. Die gesellschaftliche Akzeptanz lässt besonders im ländlichen Bereich in der Tat noch zu wünschen übrig; das liegt unserer Meinung nach an der Komplexität des Themas, an fehlender Aufklärung sowie an der mangelnden differenzierten und sachlichen Diskussion. Es gibt kaum Informationen, die für den Laien einfach verfügbar und verständlich sind. Die Bereitschaft der Menschen, Cannabis alternativ oder ergänzend zur Behandlung einzusetzen, nimmt jedoch stark zu. Cannabis kann einen riesigen Beitrag zur Behandlung und Heilung beitragen. Zeiten ändern sich, Wahrnehmungen ändern sich. Potenziale werden wiederentdeckt. Cannabis wird in seinem Potenzial heute völlig unterschätzt. Ich bin sicher, dass es in zehn Jahren bereits zu den bewährten Hausmitteln gehören wird.
 
 

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